für den Deutschen Buchhandel und für die mit ihm verwandten Geschäftszweige. Herausgegeben von den Dcputirten des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. Amtliches Blatt des Börfenvereins. ^§74. Freitags, den 15. September 183?. Ein Wort über die Ansicht, das größte Verderben des Deutschen Buchhandels liege im Novaversenden. In mehreren Zeitschriften ist vor Kurzem diese Ansicht ausgesprochen worden; Laube hat sie im Mitternachtsblatt, Gutzkow im Telegraphen, ein Dritter im Eremiten ausge stellt, unbekümmert darum, wie es scheint, daß die Sache für das große Publicum höchst gleichgültig sein muß. Glaubten diese Herren wirklich, den Buchhandel reformiren zu können und zu müssen, so begreife ich nicht, warum sie ihre Aufsätze nicht an das Börsenblatt gesandt haben, das sie gewiß eben so gern aus der ersten, als aus der zwei ten Hand an- und ausgenommen haben würde. Hier war der rechte Platz dafür. Wie indeß meist alles Uebel auch etwas Gutes mit sich führt, so wird vielleicht die Veröf fentlichung der jetzigen, im Allgemeinen höchst ungünsti gen Verhältnisse unseres Geschäfts, welche auf solche Weise nebenbei erfolgt ist, ihr Gutes bewirken, und ich mag ihr deshalb nicht ganz Feind sein. Vielleicht läßt sich Mancher dadurch abhalten, einen Pfad zu betreten, den er in seiner Unkenntniß bisher für den Weg zum Himmel reiche leicht erworbenen Reichthums angesehen hat, und hierzu wünsche ich ihm von Herzen Glück. Dabei sei übri gens bemerkt, daß alles Gute, was die Herren sich von ihren Aufsätzen versprechen konnten, sofern es wirklich Gu tes war, auch ohne den unwürdigen Ton, welcher in den selben herrscht, auch ohne „Abgeschmacktheit" „plündern" u. s. w. erreichbar gewesen sein möchte. Doch das ist ihre Sache und ich will darüber im Verfolge meines Aufsatzes kein Wort verlieren, sondern mich rein an ihre Ansichten halten. Letztere schienen mir freilich Anfangs aus demselben Grunde, den schon die Rcdaction des Börsenblattes in 4r Jahrgang- Nr. 71 angegeben hat, keiner näheren Beleuchtung werth; da man indeß eine solche zu wünschen scheint, so möge sie hier folgen. Fassen wir zuerst denVortheildesBuchhandels, den vor Allem zu berücksichtigen sich die Herren das Anse hen geben möchten, ins Auge, so scheint es mir gewiß, daß völlige Unkenntniß des Geschäfts dazu gehört (aus der natürlich Herrn Laube u. s. w. kein Vorwurf gemacht wer den kann), um zu behaupten, ihm stehe das Novaversen den entgegen. Wer hat nicht schon unter den Buchhänd lern bei Geschäften mit ausländischer Literatur die Erfah rung gemacht, daß dieser und jener Bücherfreund ansing, sich fremde Werke kommen zu lasten, schnell genug aber wieder davon abließ? Wem ist cs nicht vorgekommen, daß ihm solche Käufer gesagt haben: „Da bin ich recht ange führt; man kann auf die Recensionen Nichts geben, kön nen Sie mir nicht das und das Werk erst zur Ansicht ver schaffen?" daß, wenn er dies verneinen mußte, sie gar Nichts mehr kauften? Gewiß ist aber, daß diese Herren gern fortgekauft hätten, wäre ein Mittel vorhanden gewe sen, sich vor Täuschung zu sichern. Wer sich nur einigermaaßen um Literatur bekümmert, weiß, daß man auf Anzeigen der Buchhändler nicht immer fest bauen kann, da diese natürlich, wie jeder Kaufmann, ihre Waare loben, und das auch nicht ohne Recht, da wohl jeder seinen neuen Verlagsartikel Anfangs für gut hält, wie schon aus dem Umstande hervorgeht, daß er ihn übernommen hat. Er weiß ferner, daß in Recensionen nicht allein häufig völlige Einseitigkeit herrscht, sondern auch nur allzuoft Eigennutz, Feind- und Freundschaft ein höchst unwürdiges Spiel treiben, ja daß sogar viele ohne eigent liche Kenntniß des Gegenstandes und ohne genaue Durch- 12U