für den Deutschen Buchhandel und für die mit ihm verwandten Geschäftszweige. Herausgegeben von den Deputirten des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. Amtliches Blatt des Börsenvereins. 8. Dienstags, den 28. Januar 1840. Uebor Reformen im Buchhandel. Daß im Deutschen Buchhandel Reformen nicht schnell und plötzlich cingefühct werden können, liegt zu sehr in der Natur des Geschäftes, wie cs sich im Laufe der Zeit historisch heraus- und h.i . gebildet hat. Herrn O. Wigand's gutge meinter Vorschlag wird daher nicht ausgcführt werden und nicht ausgefuhrt werden können und ein so plötz lich cingcführter Versuch würde ohne Zweifel zum Nach theil des ganzen Buchhandels ausfallcn, daher auch, würde er wirklich gemacht, bald wieder aufgegcben werden. Die Ursache liegt hauptsächlich darin, daß die Bücherproduction über ganz Deutschland verbreitet ist, eine Eigenthümlichkcit, die unter allen civilisirten Ländern nur Deutschland aufzu- wciscn hat, und wodurch wohl vorzüglich das System des Versenkens zur Einsicht an das Publikum entstanden ist, das eng mit dem System des Versenkens pro novitsts zusam- mcnhängt. Anerkannt ist und bleibt aber, daß bei der jetzigen Ueberfabrlcation und Production, die in der Zeit liegt, eine retrograde Bewegung nöthig, und daß cs im Interesse des ganzen Buchhandels wünschenswcrth ist, wenn der Sorti mentsbuchhandel nach und nach mehr aufscstcRcchnung und we niger ü Oouckition bezieht, denn das Rechte liegt überall in der Mitte. Diese Bewegung aber, welche schon seit längerer Zeit, jedoch nur in schwachen Anfängen wirklich begonnen hat, kann und muß nach allen Handelsgrundsätzen hauptsäch lich nur vom Sortimentsbuchhändlec ausgehen, der diese Methode seinem Vortheil angemessener finden muß und bei genauer Calculation auch finden wird. Der Verleger als Fabrikant der ganz cigenthümlichen, mit keiner andern ver gleichbaren Waare „Bücher", von denen jedes einzelne wieder ein anderer Artikel ist, der eine andere Speculation in sich trägt, darf nicht sagen: ich will Dir meine Waare nicht in Commission geben, sondern der Sortimentsbuchhändlec, im Gegensatz zum Fabrikanten der Detailleur muß sagen: ich will sic nicht in Commission nehmen. Der Detailleur muß daher die 7r Jahrgang. Waare, mit der er handelt, mehr untersuchen und kennen lernen, als es bis jetzt geschehen ist, er muß mit einem Worte mehr Kaufmann werden. In dieser Richtung hauptsäch lich liegt der dem Sortimentsbuchhandel dringend nothwen- dige Fortschritt. Werdet Kaufleute, spcculirt auch als Detailleure, indem Ihr nicht mehr wie eine Mühle nur den Wust treibt, der Euch zugeführt wird, sondern Euch Eure Handelsartikel klug und vorsichtig hecaussucht. So wie der Buchhändler mehr Kaufmann wird, wird sich das Wohl der Einzelnen und dadurch natürlich das Wohl des ganzen Buch handels heben. Wollten doch Alle dies einsehen, cs ginge bald besser! Durch dies angewandte Streben würde auch bald mehr strenge Ordnung in das Geschäft kommen, die Abrech nungen würden sich vereinfachen und erleichtern, die schlechten Zahler würden seltener werden. Ein Hauptübel bei uns ist die trage Gewohnheitsidee, aus unseren Einrichtungen entspringend, daß Einer das Geschäft treiben will wie der Andre. Der kleinste Mann, der sich in einem Nest von 4000 Seelen etablirt, will'cs treiben wie der große Sortimentsbuchhändlec der großen Stadt und mit allen Novitäten handeln, während er doch kein Publikum dafür hat. Er ist aber so festgcrannt in die Idee, daß er gar nicht einsicht, wie ungeschickt ec spcculirt und calculirt. Wollte er ein kleiner Kaufmann sein mit Büchern, er würde anders und besser speculircn, erwürbe sein Geschäft umsichtiger be treiben, von seinem Publikum mehr Geld beziehen, besser bezahlen können und mehr ^redit haben nicht allein beim Ver leger, sondern auch im Allgemeinen, denn das auch ist ein aus unserem Geschäftsbetrieb entspringendes Hauptübel, daß der Buchhändler, auch wenn ec gut steht, beinahe gar keinen Credit hat in der Handelswcl». Man sieht eben nur den ungewandten Maculaturkrämcr in ihm in der Finanzwclt und der geringste Käskrämcc hat mehr Credit. Der Buchhändler nimmt dies aber in der Regel viel zu wenig auf das xoiut ä'liouneur, eben weil er kein Kaufmann ist. Darum auch 13