für den Deutschen Buchhandel und für die mit ihm verwandten Geschäftszweige. Hera»«gegeben von den DepuLirten des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. Amtliches Blatt des Börsenvereins. ^-93. Freitags, den 23. Oktober 1849. Beiträge zur Lehre vom Büchernachdruck von Or. Albert Acrgcr. (Fortsetzung.) So viel scheint durch die von Gross beigebrachten Zeugnisse erwiesen, daß die Ansicht: „es gehe durch den Verlagscontract das volle Eigcnthum des Werkes auf den Verleger über", we nigstens unter den Buchhändlern ") sehr verbreitet war. Al lein wir brauchen nur die Resultate dieser Ansicht ins Auge zu fassen, um zu der Uebcrzeugung zu gelangen, daß sie falsch sei. Ist der Verleger wirklich Eigenthümcr geworden, so müs sen ihm auch die Rechte des Eigenthümecs zustchcn; er muß das Recht haben, das Werk abzuändcrn, er muß das Recht haben, cs zu vernichten. Wer aber wird wohl glauben, daß der Schriftsteller diese Rechte auf den Verleger habe übertragen wollen? Ich gebe gern zu, daß viele Schriftsteller einzig und allein durch pecuniäce Vorthcile zur Ausarbeitung eines Wer kes und zu dessen Herausgabe bewogen werden; allein ich bin auch fest überzeugt, daß die Mehrzahl sich durch andre Moti ven leiten läßt; sei es Liebe zur Sache, sei es Eitelkeit. Und was würden diese Alle sagen, wenn ihr Werk entweder gar nicht, oder, was vielleicht noch schlimmer ist, entstellt, verstüm melt erschiene! Was sollte aus der Wissenschaft werden, wenn die genannten Rechte dem Verleger wirklich zuständen! Hätte cs dann der Verleger nicht in seiner Gewalt, das auskeimcndc Genie zu unterdrücken, indem er dessen Werk entweder gar nicht, oder mit fehlerhaften Zusätzen erscheinen ließe? Man wende mir nicht ein, cs sei das Alles so gegen den Vorthcil des Verlegers, daß er nie seine Rechte auf diese Art mißbrauchen werde. Es genügt, dargethan zu haben, daß er es könnte, wenn er Eigenthümcr wäre. 14) Daß weder die Philosophen, noch die Juristen in ihrer Mehrheit diese Ansicht lhciltcn, werde ich unten zeigen. 7r Jahrgang. Und warum sollte es außer dem Bereich der Möglichkeit liegen, daß ein Verleger von den genannten Rechten Gebrauch mache? Das Interesse des Einzelnen ist so mannichfaltig, daß Niemand zu bcurtheilen vermag, was im Interesse des Andern liegt. Nehmen wir nur z. B. den leicht zu denkenden Fall, daß der Verleger die (Überzeugung habe, seine Zusätze zu einem Werke, oder seine Abänderungen desselben, würden dem ÄLerke vortheilhaft sein 'b). Ich glaube aber auch nicht einmal, daß die Ansicht „der Verleger sei Eigenthümcr des Werkes" unter den Buchhänd lern wirklich so allgemein verbreitet gewesen ist, als sich aus ei ner oberflächlichen Uebersicht der dem Gräff'schen Werke bcige- fügten Gutachten zu ergeben scheint. Prüfen wir diese Gut achten genauer, so finden wir in vielen derselben eine Vermi schung der Begriffe: Verlagsrecht und Eigcnthum am Werke. Nur ein immerwährendes Verlagsrecht, nicht das Eigcnthum des Werkes, scheinen Viele in Anspruch zu nehmen, und das selbe ist auch der Fall mit Gräff selbst. Es würde mich zu weit führen, wollte ich diese meine Ansicht aus den verschiede nen Gutachten selbst rechtfertigen; ich will mich darauf be schränken, eine Stelle aus Gräff anzuführen, aus der sich un umstößlich crgicbt, daß er für den Verleger nicht das Eigen- thum, sondern nur ein immerwährendes Verlagsrecht in An spruch nimmt. Seite 48 führt Gräff eine Stelle des Eella an, in der es heißt: „Ich (der Schriftsteller) bin der Eigenthü- mer, mein Verleger ist der Beständner, dem ich die volle Nutz nießung durch eine immerwährende Verpachtung überlassen 15) Daß von den genannten Rechten wirklich Gebrauch ge macht worden ist, beweist das in dem Gräff'schen Werke S. 94 u- 95 angeführte Acugniß des Buchhändlers Fricderich Schneider, wo es unter andern heißt: „Ich selbst habe von einem ungcdun- gcncn Autor ein Manuskript ohne Bedingung erkauft; und da ich nachher fand, daß es Anzüglichkeiten gegen eine Person, die ich schätze, enthielt, so verbrannte ich's, als mein Eigcnthum, im Ofen, und cs kann also niemals gedruckt werden." 175