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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.05.1840
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1840-05-29
- Erscheinungsdatum
- 29.05.1840
- Sprache
- Deutsch
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1207 51 1208 naerelur, des Druckes nicht Werth. „Hierher (sagt das! Gesetz) gehören die elenden, wcrthloscn Bücher, deren Ge genstand ohne Interesse ist, welche mit der gesunden Ver-I nunft in Widerspruch stehen; sowie alle die andern erbärmli chen Schriften, welche den guten Geschmack, die Regeln des Styls und die Reinheit der Sprache verletzen." Jährlich wird in Wien ein Verzeichniß der erlaubten ^ Zeitungen entworfen, auch wird die Wiener Zeitung als Vorbild und Leitstern für die einheimischen hingestellt. Diese sollen (sagt das Gesetz) anziehend, wahrhaft und klug sein. — Unter strenger Eensur stehen die Theater, weil noch ein Unterschied sei zwischen Drucken und Darstcllcn. Zu blutige und unmenschliche Stücke werden zurückgewiesen, und Anständigkeit der Geberden, Tänze und Kleidungen an empfohlen. Auch soll kein nichtswürdiger König als Haupt rolle auftrcten, wenn nicht in demselben Stücke ein guter und gerechter König dastcht, um den Übeln Eindrücken des ersten entgcgcnzuwirken. Von jedem Buche werden fünf Exemplare abgelicfert. Niemand darf ohne Erlaubniß etwas im Auslande drucken lassen. Dies Verbot erstreckt sich auch auf längere oder kür zere Artikel und' Briefe in Zeitungen, Journalen u. dgl. Werke über Kirchcnrecht und Kirchengcschichte gehen nicht an die Bischöfe*), wohl aber werden ihnen andere theologische und religiöse Bücher zum Gutachten vorgelegt. Sind sie und die Censurbchördcn uneinig, so findet Berufung an die hö here Stelle Statt- Ohne hier die allgemeinen Klagen über Preßfreiheit und Preßzwang zu wiederholen, ohne den Beweis zu versuchen, daß sowohl mit dem zuvorkommenden, als dem nachher stra fenden Systeme, Tyrannei verbunden sein kann, will ich mich auf ein Paar Bemerkungen einschränkcn, welche sich über vorstehende Gesetze, selbst von dem Standpunkt der Eensur, machen lassen. Ich läugne nicht die Wahrheit vie- ^ ler Lehrsätze, sondern erinnere nur an die Schwierigkeit der Praxis. So kann man sich z. B. kaum stark genug wider die schlechten, ja verruchten Romane erklären, welche den Kopf immer unfähiger zum ernsten Lesen, das Gcmüth immer gleichgültiger gegen Wahrheit und Schönheit machen, und über welche hinaus die meisten Leser sich gar nicht erhe ben wollen, ja (abgcschwacht und verwöhnt) sich nicht mehr erheben können. Wo aber Anfang oder Ende des Erschwe- rens und Verbictens sein solle, ist kaum zu sagen, und be denklich, die Werke der Phantasie einem Maßstabe der Beur- theilung zu unterwerfen, welcher die Wahrheit allein bei dem Nichtpoetischcn zu suchen und zu finden scheint. Dasselbe kann man von der Formel sagen: t)pu,ri nou rneretur. Denn streng genommen verdient vielleicht nur ein Zehntel des Gedruckten wirklich gedruckt zu werden. Wer aber hat das Recht, die Kraft und die voraussehende Weisheit, jenes Todesurtheil über die andern neun Zehntel auszusprechcn, und die Welt zur Ancckenntniß seiner Gerech tigkeit zu vermögen? Die Zeit bringt in ihrem Abläufe das Schlechte, und leider auch viel Gutes ums Leben; und (wäre es möglich) so sollte der Staat auch Anstalten treffen, dessen Dasein zu schützen, wie er danach trachtet das Schlechte vor der Zeit wegzuschaffen. Soll nun gar das, was man in gewissen Zeiten Geschmack genannt hat, dem Censor für Leben und Sterben gelten; so würde der Gewissenhafteste oft die größten Verwüstungen anrichtcn müssen: denn Goethe z. B-, Tieck, Johannes Müller, Jean Paul, Kant, Hamann und viele Andere, sind ja in jenen Beziehungen laut und allgemein genug angeklagt worden. Erschöpfend bezeichnet jenes Gesetz das Wesen einer guten Zeitung, wenn cs sagt: sie solle sein anziehend, wahrhaft und klug. Die schwierige Frage aber ist: welchen Weg man cin- schlagen, welche Mittel man erlauben müsse, um jenes, aller dings sehr schwierige Ziel, zu erreichen. Die unbeschränkten Zeitungen einzelner Parteien in Frankreich und England blei ben für Jeden, der die Dinge unbefangen betrachten und erken nen will, weit davon entfernt; wogegen die Augsburger allge meine Zeitung umfassendere Grundsätze befolgt und schon des halb weit mehr leistet. Sehr richtig macht das Gesetz ferner auf den Unterschied zwischen Drucken und Darstellen aufmerksam, und verwirft die bcstialen Stücke, welche im Theater (selbst bei angeblich zarten Frauen und Mädchen) nur zu viel Beifall finden. Diese Schule dcs Unschönen, Unwürdigen, Ungerechten muß den Sinn für das Schöne, Würdige, Gerechte abstumpfcn, ja vernichten. Mit Recht verbietet ferner das Gesetz Schau spiele, welche recht eigentlich darauf ausgehcn, heilsame Ehr furcht und bürgerliche Ordnung zu untergraben. Nur dürfte das vorgeschlagene Gegenmittel: die Aufstellung eines guten Königs neben einem schlechten, selten anwendbar sein, oder mit Sicherheit zum Ziele führen. Auch liegt die Gefahr, die Unsitt lichkeit , in der Regel nicht sowohl in der Darstellung gewisser Thatsachcn und Verbrechen; sondern in der Art und Weise der Auffassung und Behandlung. Man vergleiche z. B. Macbeth und Hamlet, mit le roio «'ainune, den Hugenot ten und ähnlichen Werken. Daß der Gesetzgeber es (von seinem Standpunkte aus) be denklich fand, den einheimischen Schriftstellern zu erlauben, Fre ches ohne Eensur im Auslande drucken zu lassen, finde ich na türlich genug; kann mich aber nicht überzeugen, daß es ange messen und gerecht sei, alles Drucken im Auslande zu verbie ten. Abgesehen davon, daß persönliche Verhältnisse, Han delsverkehr, Nachfrage, Liebhaberei u. s. w. hier wesentlich mit cinwirken, und jene Vorschrift dies Alles unberücksichtigt läßt, ändert der Druckort auch das Wesen der Sache. Man ches z. B., was vielleicht unschicklich wäre in Wien zu drucken, erhält einen andern Eharakter, wenn cs in Berlin erscheint; was in Mailand die Eensur passirt, gicbt umgekehrt vielleicht noch Anstoß in Rom; was in Madrid und im Lager dcs Don Earlos gestrichen wird, ist unverfängliche, geschichtliche Wahrheit in London und Paris. Gerade darin dürfte zu gleich eine Bürgschaft der Ordnung und der Freiheit liegen: daß Dinge, die man an einem Orte bedenklich findet, am and crn als zulässig erscheinen und wirklich zulässig sind. Mit großem Rechte ist die Eensur theologischer Bücher nicht unbedingt in die Hände der katholischen Theologen ge legt; weil diese von Amtswegen oft nur eine Seite, nämlich die ihres Bekenntnisses billigen, alles Abweichende aber strei chen würden. *) Verfügung vom 28. November 18l8.
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