für den Deutschen Buchhandel und für die mit ihm verwandten Geschäftszweige. Herausgegebcn von den Deputirten des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. Amtliches Blatt des Börsenvereins. ^ ^0. Dienstags, den 4. August 1840. Der Andrang zum Buchhandel. Eines der Grundübel, an welchem der deutsche Buch handel leidet, die eigentliche Ursache seines Siechthums — wenn man ein solches anzunehmen nicht abgeneigt ist — ist wohl unstreitig die Ucbecfüllung an Etablissements. Bli cken wir in das Buchhändler-Vcrzeichniß oder auf die Karte von Deutschland, so muffen wir nicht allein zu der Ueberzeu- gung gelangen, daß unser liebes Vaterland hinlänglich mit Buchhandlungen versehen ist, sondern auch gestehen, daß die enorme Vermehrung derselben in den letzten 10 Jahren nicht durch ein in so hohem Grade gesteigertes literarisches Bedürf- niß gerechtfertigt erscheint. Der Absatz hat sich durchaus nicht in dem Verhältniß erhöht, als sich die Sortimentshand lungen vermehrt haben; er hat sich nur zersplittert, die Gefahr, Verluste zu erleiden, ist aber für den Verlagsbuchhändler ge stiegen. Dieses scheint auch bereits mehrfach erkannt zu wer den, denn viele Verleger haben den Grundsatz ausgestellt, neuen Handlungen ohne eine verhältnismäßige Anzahlung kein Eonto zu eröffnen, ein Grundsatz, der nicht nur vollkommen zu billigen ist, sondern von dem zu wünschen wäre, daß er all gemeiner angenommen würde. Wenn man aber diesen Umstand reiflich erwägt, wenn man bedenkt, wie von Jahr zu Jahr cs schwieriger werden wird, die Selbstständigkeit zu erringen, wonach ein Jeder strebt und streben soll, dann müssen Besorgnisse in uns rege werden, der vielen jungen Leute wegen, die sich fortwährend zu unscrm Geschäfte herandrängen, und es dürfte wohl an der Zeit sein, nicht allein die Aufmerksamkeit auf diesen Punkt hinzulenken, sondern auch ein warnendes Wort namentlich auch an diejeni gen Eollegen zu richten, die es sich gar so sehr angelegen sein lassen, junge Buchhändler heranzubilden. Die äußere Stellung des Buchhändlers in der bürgerlichen Gesellschaft ist in der Regel eine sehr ehrenhafte; sie erscheint auch demjenigen, der uneingeweiht mit dem Wesen und der Einrichtung des deutschen Buchhandels ist, wenn auch nicht 7r Jahrgang. immer glänzend, doch gesichert und in dieser Meinung wird er durch den Umstand bestärkt, daß so selten ein Buchhändler auf ecclatante Art zu Grunde geht. Zu dieser dem äußern Anschein nach wahren, ihrem innern Wesen aber nach grund falschen Ansicht kommt noch der Glaube hinzu, der Buch händler brauche nicht viel zu lernen, die Kenntnisse, die er der einst zu seinem Fortkommen nölhig habe, würden sich schon an ihm abreibcn. Diese unglückselige Ansicht hat eine über alle Maßen verderbliche Folge; sie ist es, die solche Väter, welche ihre Söhne unfähig zum Studium einer Bcodwiffenschast, und zu gut für ein Handwerk halten, zu dem Entschlüsse bringt, solche Subjecte unter die vollen Reihen der Buchhändler zu schaarcn- Daher kommt denn auch, daß es in unfern Tagen eine so bedeutende Anzahl unserm Geschäfte anqehörcnder jun ger Männer gicbt, die gänzlich unfähig und sehr oft zu ganz gewöhnlichen mechanischen Arbeiten unbrauchbar sind. Das sind beklagenswcrthe Leute und um so beklagenswertber, als sie Vorwürfe hinnchmen müssen, die nicht sie, sondern ihre Väter und Lehrherren verdienen, welche so kurzsichtig oder ge wissenlos waren, sie einem Stande zuzuführen, zu welchem ihnen der Beruf mangelt. Es giebl manchen braven und wackern Handwerksmann, der sich plagt und müht, um es möglich zu machen, damit sein Sohn einige Jahre eine Real schule oder ein Gymnasium besuchen kann; gar bald erblickt der Vater in seinem Sohne einen halben Gelebrlen und da er vielleicht einmal den albernen und überaus abgeschmackten Ausspruch gehört, der Buchhändler sei ein halber Gelehrter und ein halber Kaufmann, so findet er, daß der Junge, um ein ganzer Buchhändler zu sein, sich nur noch eine Halbheit eigen zu machen hat. Dem Verfasser dieses Aufsatzes kann cs nicht in den Sinn kommen, den Grundsatz ausstellen zu wollen, der Sohn eines Handwerkers solle stets in der Sphäre seines Vaters bleiben; er weiß sehr wohl, daß ganz wackere und ehrenwertbe Eollegen von Eltern abstammen, die dem Handwerksstande angehör- 127