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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.09.1840
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- 1840-09-15
- Erscheinungsdatum
- 15.09.1840
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- Deutsch
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2073 82 2074 Andern in einer Cabinetsordre des verstorbenen Königs von Preußen (vom Oktober 1803) ausgesprochen ist: daß näm lich „der Unterdrückung der Preßfreiheit ein allgemeiner Nach theil immer auf dem Fuße nachfolgt." Soll ich von diesem „allgemeinen Nachtheil" auch nur einen und den andern Zug noch andeutcn? Es ist ein großes, sittliches Uebel, daß die Censur dem menschlichen Rechtsgefühle den freien, natürlichen Ausdruck verkümmert. Es ist ein großes, sitt liches Uebel, daß dadurch das Gefühl für Recht und Un recht am Ende verwirrt wird, wenn dem Rechte sein ver dienter Ruhm, dem Unrechte sein verdienter Tadel in öffent lichen Schriften nicht zu Theil wird. Es ist ein großes, sittliches Uebel, das man den Schriftstellern verbietet, zu sagen, was sic denken, indem man sie dadurch in Versu chung führt, zu sagen, was sie nicht denken, indem man sie selbst und das Volk der offnen, männlichen Sprache der Wahrheit entwöhnt, an deren Stelle nun verstohlene Winke, und Winkelzüge, und weit ausholendc Ueberlistung treten — lauter Dinge, die an und für sich unwürdig, und dem deutschen Charakter insbesondere nur durch ein System, wie der Eensurzwang, aufzuimpfen sind. Nichts natürlicher, als daß die Frage mir entgcgentritt, ob denn die Abschaffung der Censur — ob denn die Preßfreiheit allein schon hinrei- chcn würde, die Völker weise, und frei, und glücklich zu ma chen? Nein, und wieder nein, und zehnmal nein! Die Preßfreiheit allein thut's nicht, kann es nicht thun. Jst's denn etwa die Presse, in welcher der Geist der Weisheit, und der Freiheit, und der Zufriedenheit ohne unser Authun entspringt, von welcher er mit Nothwendigkeit ausströmt? Ich meine, wir müssen ihr diesen Geist erst mitthcilcn. In unserer Brust, im Volke selbst, muß dieser Geist, muß diese Gesinnung wohnen. Nur ein Volk, das die Freiheit ver dient, wird durch die Presse frei. Aber wenn die freie Presse nicht unbedingt allen Vortheil bringt, den man sich von ihr versprechen mag, so bringt desto gewisser und unbedingt die Censur den Nachthcil, den ich in der Erfahrung und der Geschichte nachgewiesen habe. Und, wenn einmal von der Ucbung im Gebrauche der Preßfreiheit die Rede sein soll — wenn man durchaus glaubt, die Deutschen als Kinder behandeln zu können — so steht doch fest: die schlech teste Schule für den Gebrauch der Preßfreiheit ist — die Censur. Da mir einmal der Auftrag geworden ist, an diesem Tage und an dieser Stätte zu reden, so würde ich mich selbst verachten müssen, hätte ich unterlassen können, die Ueberzeugung auszusprcchen, die am heutigen Tag überall im Vaterland empfunden werden wird, am bittersten em pfunden da, wo sie nicht, wie in diesem Kreise, frei ausge sprochen werden kann: die Ueberzeugung von dem bekla- genswerthen, dem ganz unwürdigen Zustande der deutschen Presse. Aber, meine Herren, wir feiern ein Fest. Es wird wol Zeit für unsere Freunde, durch ihre Jubellöne uns ins Gedächtniß zu rufen, daß wir ein Fest feiern. Soll ich denn schließen, in dieser Stimmung, mit dem Mißklang, ohne die Hoffnung auszusprechen, die uns erhebt? Nein. Die Censur soll uns unsere besten Hoffnungen nicht rauben. Sie kann cs nicht, wenn wir nicht wollen. Unsere Gesin nung ist uns die erste, das Unvermögen der Censur sei uns die zweite Bürgschaft eines bessern Zustandes! Die Censur vermag nicht einmal das Schlechte abzuwehren, vielwcnigcr vermag sie der Wahrheit und dem Rechte dauernden Kampf zu bieten. Die Censur kann wohl für den Augenblick ver hindern , daß die ganze Wahrheit an den Tag komme; sie kann nicht erzwingen, daß die Unwahrheit gesagt werde. Ist unsere Gesinnung ehrenhaft, die Censur kann sie uns nicht nehmen. Kammerdienersinn, Hundcdemulh, wer die zu Markte bringt, der thut es für eigne Rechnung; nicht mit der Censur soll er sich entschuldigen. Sie vermag er staunlich wenig, diese Censur, wenn wir nicht wollen. Die Freiheit, die wir verdienen, wird sie uns auf die Dauer nicht vorenthalten. Es ist nicht, meine Herren, es ist nicht in der Natur der Dinge, daß irgend eine Erfindung mensch lichen Scharfsinns, irgend ein Gelüste rechtloser Willkühr, die Wahrheit und das Recht Niederhalten könnte. Zu un gleich ist der Kampf. Waffen des Geistes, durch den Muth gestählt, den das Bewußtsein des Rechts verleiht, sind un überwindlich. Wie, als Gott die Presse erfunden wer den ließ, da hätte ec cs anders gewollt, als daß die Völker zur Wahrheit sich durchringen sollten und zur Freiheit? Nur an uns ist cs, nicht zu verzagen, unser Recht nicht preisgeben zu wollen. Und wenn's auch noch viel schlim mer würde, als cs ist, auch das soll uns den Muth nicht rauben. Vielleicht nur durch das Schlimmere, dann aber auch um so gewisser, führt der Weg zum Bessern. Haben wir doch den härtesten Druck, der auf dem Vatcrlande lastete, den Druck Napoleon'scher Herrschaft, gebrochen gesehen. . Sprechen wir denn freudig unsere Wünsche, unsere Hoffnungen aus für die Zukunft der deutschen Presse. Die Hoffnung vor allen, daß es nie an Männern fehlen werde, die durch Beispiel, durch Wort und Schrift, und durch dies mächtige Werkzeug der Presse, im deutschen Volke den Geist beleben und kräftigen, ohne den echte Freiheit nicht gegründet wird, noch bestehen kann: den Geist der Gottesfurcht und Zucht. Wo Gottesfurcht nicht waltet, da ist Menschensurcht — Menschenfurcht, durch welche die größere Summe des politischen Handelns und Nichthandclns unserer Tage sich erklärt; da schweigt das Gewissen, da spricht nur die Selbstsucht, und die ängstliche Besorgniß und die lauernde Berechnung der äußern Folgen; da ist nicht pflichttreuer, aufopfernder Muth, nicht Todesverachtung. Und wo die Zucht nicht waltet, da wohnt die Genußsucht, die im Hcrrendienste (vor dem uns der Himmel bewahren wolle) viel eher Befriedigung sucht und findet als im Dienste der Wahrheit und des Rechts. Wo jene Gesinnung lebt, da wird auch die Freiheit nicht ferne sein. Da wird Gei- stcsfreiheit nicht aushören, die schönsten Blüthen zu fördern. Aufgeistigen Gebieten gibt es immer neue Welten zu erobern; und auch die Wissenschaft wird nicht vergessen, daß sie die Ausbeute nicht wenigen Auserwähltcn schuldig ist, sondern dem deutschen Volke. Laßt nur dies deutsche Volk sich selbst nicht untreu werden, und dieser Tag (nicht als Wunsch sei cs ausgesprochen, nicht als Hoffnung, nein, als freudige Zuversicht) —- dieser Tag, wenn er im kommenden Jahr hunderte wiederkchrt, er wird aufgehen über die freien Presse des einen, großen deutschen Vaterlandes!
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