für den Deutschen Buchhandel und für die mit ihm verwandten Geschäftszweige. H e r a u S g e g e b en von den Deputaten des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. Amtliches Blatt des Börsenvcrcinö. ^'87. Freitags, den 1. October 1841. Nachdruck. Ueber das Prinzip des Nacbdrucksgcsctzes vom II. Juni 1837 und dessen Uebereinstimmung mit den Prinzipien des Französischen Gesetzes über Nach druck *). Die Zeitungen haben bereits von einem Nachdruckspro zesse berichtet, den VictorHugo vor einiger Zeit vor dem cor- rectionellen Tribunal (6. Kammer) zu Paris gegen den Schriftsteller Monnier und Consorten daselbst geführt und gewonnen hat. Sie haben zum Theil in einer Weise dar über berichtet, als ob die ergangene Entscheidung mit den gewöhnlich angenommenen Rechten der Schriftsteller unter einander sich nicht wohl vereinigen ließe. Uns scheint dagegen der Richterspruch durchaus ge rechtfertigt ; es würde auch, unseres Dafürhaltens, nach un serer Preußischen Gesetzgebung wohl nicht anders entschieden sein. Wir thcilen hier nach kurzer Einleitung die Pariser Entscheidung mit. Victor Hugo hat bekanntlich ein Trauerspiel unter dem Titel: Lucretia Borgia geschrieben. Späterhin compo- nirte der italienische Maestro Donizetti eine Oper unter demselben Titel. Das italienische Libretto zu demselben war eine sklavische Nachahmung des Hugo'schcn Trauer spiels. Dieses Libretto wurde nun wieder von Monnier in's Französische übertragen, theilwcise selbstständig bearbei tet, doch immer so, daß die Ähnlichkeit mit dem Hugo'schen Trauerspiel bestehen blieb. Als so die Oper mit Französi schem Texte aus mehreren Theatern aufgeführt wurde, trat Victor Hugo gegen Bearbeiter und Verleger bei dem correc- tionellcn Tribunale zu Paris anklagend auf. *) Abgcdruckt aus Nr. 13 der vortrefflich redigirten Cri- inin a listi sch en Zeitung für die preußischen Staa ten von Bonscri und Temmc. Der Verfasser dieses Aufsatzes, Criminal-Director I. D. H. Lemme, ist bekanntlich in der Literatur des Rechts eine Autorität und seine Ansicht kann für die Gerichts-Praxis in Preußen entscheidend werden. Sr Jahrgang. Die Entscheidung dieses Gerichts vom 4. August lautet: „In Erwägung des Grundsatzes, daß eine theilweise Nachbildung vom Gesetze eben sowohl bestraft ist, als eine das ganze nachgcbildete Werk umfassende, wenn sic nur be trächtlich (notable) und (dem Original) nachtheilig ist. In Erwägung, daß dramatische Arbeiten hauptsächlich zur Aufführung auf dem Theater bestimmt sind, weshalb der Plan des Stücks, die Anordnung des Sujets, die Auf fassung und Entwickelung der Charaktere, die Zusammenfü- gung der Scenen, die Ausführung des Ganzen, Handlung und Effecte, eine hauptsächliche, von dem Style, der Form der Sprache und der Art der Ausarbeitung (cku geurs <Ie >a cam^osition) unabhängige Bedeutung haben; Daß der Styl, der so sehr den Werth einer jeden lite rarischen Arbeit erhöhet, in den dramatischen Werken, unter dem Gesichtspunkte der Ausführung derselben, nur von unter geordnetem Wecthe ist; Daß dasselbe der Fall ist in Ansehung der Form der Sprache, möge diese Prosa oder Poesie sein, zumal wenn dem Verfasser bei seinem Verscmachen nur daran gelegen war, ein bestimmtes Vccsmaaß und Reime zu erhalten; Daß in Betreff der dramatischen Gattung des Stücks, die Unterschiede zwischen einer Oper und einem gewöhnlichen Drama nicht von der Act sind, daß sic den Einfluß verhin dern könnten, den nothwcndig das Schicksal des einen Stücks auf das Schicksal des andern beim Publikum haben muß; Daß daraus folgt, daß ein Theaterstück, welches in Ver sen geschrieben und zur Gesangsaufführung bestimmt ist, sehr wohl die Nachbildung eines in Prosa geschriebenen Dramas sein kann; In Erwägung, daß wenn auch das Sujet solcher Stücke Gemeingut ist, dies doch nur unter der Bedingung gelten kann, daß jeder neue Autor dasselbe nach einem eigenen Gedanken und mit eigenen selbstständigen Mitteln bearbeite, da sonst der literarische Ruhm und der materielle Vortheil 157