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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 10.06.1842
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1842-06-10
- Erscheinungsdatum
- 10.06.1842
- Sprache
- Deutsch
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1325 54 1326 v'trnnFöre hier angelegt hat und, durch den guten Fortgang seiner Verbindung nach Deutschland wohl ermuthigt, auf ähnlichem Wege auch in Frankreich vorwärts schreiten möchte. Der Grund, warum ein Sortimentsgeschäft nach Art der Deutschen hier ebenso wenig bestehen kann, als der bei uns gewöhnliche Debit der Novitäten und die Jahresabrechnung auf den Franzosen gewaltig in die Augen stechenden großen Buchhändlcrmcssen ist ein sehr einfacher. Unter den zahl losen Handlungen in Paris und noch mehr unter den eben nicht zahlreichen der Provinzialhauptstädte sind vielleicht nicht ein Duzend namhaft zu machen, welche über den zu einem freiern Geschäslsvcctrieb nöthigen Credit verfügen können. Die Ursache hiervon wiederum liegt für die Pro vinzen zum größten Theil in der belobten und beliebten Cen- tralisation, für die Hauptstadt eben so wohl in dem Perso nale des Buchhandels, als in der bisherigen Geschäftsbe treibung des Verlags und des Sortiments. Es ist wirklich erstaunlich, mit wie geringen Gaben und Kenntnissen die Leute an ein Geschäft gehen, das seiner Natur nach eine große allgemeine Bildung nicht allein, sondern auch vielerlei specielle Befähigung, mercantilische und literarische, erheischt. Victor Cousin hat es einmal zum Gesetze machen wollen, daß Niemand in den Buchhandel passiren solle als wer den Grad eines I-ivencie-es-Iettres erworben, eine Stufe, die ungefähr mit den Maturitätsprüfungen unserer Gelehrten- schulen verglichen werden mag. Daraus wurde nichts. Au den vielfachen äußern Erleichterungen und Befreiungen, die in Paris, leichter wie irgendwo anders, zur Anlage eines eigenen Geschäfts verführen, kommt also im Buchhandel besonders noch die, daß beinahe keinerlei Qualifikationen nachgewiesen zu werden brauchen. Mit dem geringfügigsten Capital kann sich ein junger Sosius hier ctabliren, da Con- cession, beziehungsweise Brevet für den Ausländer fast gar keine Kosten machen und Mielhe eines Ladens, erste Ein richtung u. s. w. verhältnißmäßig äußerst billig sind. Der Verlag erfordert dagegen schon bedeutende Mittel, Druck und Papier werden hier viel theurer bezahlt als bei uns, wahrend die Schriftsteller, trotz dem Ungeheuern Gerede über die hohen Honorare, im Ganzen nicht besserem Einzelnen schlechter stehen als deutsche Standesgenossen. Wissenschaft liche Werke angehend, so erscheinen dieselben in geringer Anzahl, und vielleicht wenige ohne Subvention seitens des Ministeriums, das bekanntlich über sehr beträchtliche Fonds zu diesem Zwecke disponirt. Gut, und auch nicht gut, wie man es faßt. Man erinnere sich, wie Hr. Salvandy seiner Zeit so unbarmherzig darüber mitgenommen wurde, daß er diese Summen, statt ihrer Bestimmung gemäß für eine wissenschaftliche Unternehmung, an eine nichtswürdige Publi kation von Frcde'ric Soulie oder von einem andern Tagcsschrift- steller aufgewendet hatte. Der Bedarf gelehrter Anstalten, der Universitäten, Collegien, Institute u.s. w., wird von gewissen Häusern namentlich im Quartier Latin genommen, die daraus nach französischem System ihre Spccialität gemacht, und sich ein oft sehr ansehnliches Vermögen erworben haben, ohne je mals über die nächsten und engsten Gränzcn eines so bcschränk- tcn Wirkungskreises hinauszudenkcn oder gar in Spcculationcn undExperimente nach großem literarischcnStyle sich zu verirren. In den schönen Wissenschaften, deren goldene Aera noch vor wenigen Jahren von den ausländischen Zeitungen den französischen getreu nachprophezeit wurde, ist im Augenblick auch eine peinliche Stockung eingetrcten. Kein Schriftsteller macht eigentlich Furore, kein Buch schlug in der letzten Sai son entschieden und nachhaltig durch. Paul de Kock ist der einzige welcher „geht," dem deutschen Kunstausdruck nach, czm roule, sagen die Franzosen. George Sand, Alexander Dumas, Eugene Suc und andere anerkannte Größen ver schmähen immer mehr den langsamen Weg durch den Buch handel und werfen sich in die Journalistik. Das Feuilleton der politischen Zeitungen und die großen Revues greifen dem Buchhandel vor, welcher nur eine spärliche und gefährliche Nachernte hält. So verfliegt und verflüchtigt die ganze Literatur im Pamphlet und im Zcitungsblatke. Ist aber ein ^ dreibändiger Roman nun einmal .da, wie seltsam wird er dann, der deutschen Weise gegenüber, vertrieben! Der Ver leger beladet seine Laufburschen mit einer unbestimmten An zahl Exemplare, und nun fährt von Haus zu Haus der hiesigen Buchkrämer — gerade wie der Milch - oder Gemüse- kacren — auch der literarische Novitätcnkarcen. Die Stelle des Ausrufers vertritt die bezahlte Reclame und die bezahlte Kritik. Ein Buch wird verkauft wie ein Fisch. Wie viel Exemplare? — Fünf, aber zum Preise von drei. — Nein, vier. — Der Accocd wird gemacht, die Waare abgesetzt, der Karren geht weiter- Sobald der Verleger schlechten und lang samen Absatz verspürt, sucht er die ganze Masse auf einmal loszuschlagen, oder er macht auch eine billigere Ausgabe und setzt Preise herab, eine Maßregel, die von manchen Hand lungen in Deutschland mit Glück nachgebildet werden soll. *) Wie weit man es hier im Kunststück des Vertriebes gebracht hat, beweist ein früher viel angewandtes Mittel. In der Zeit der ersten und glänzendsten Erfolge von Hugo, Balzac, Sand u. a. wurden ihre Werke in einzelnen Bänden, oft in sehr großen Intervallen, verkauft. Erschien endlich der vielbegehrte Schluß, so kündigte der Verleger an, er gebe diesen dritten oder fünften Band nur aus, wenn auch dieser und jener alte Ladenhüter, zwei Theile eines alten Romans, eine verschollene Poesie oder ein todtgebornes Dräma, mit in den Kauf genommen würden, versteht sich zu eigenem Preise. Neuerdings, da ein solches Mittel nicht mehr an wendbar wäre, täuscht man die Lesecabinette , hier gewöhn lich mit den Buchhandlungen vereinigt, auf andere Weise. Es wird entsetzlich weitläufig gedruckt, so daß beinahe nichts auf der großen Seite, nichts in der großen Zeile, nichts end lich in dem großen Bande steht. Die Klagen des Publicums hierüber sind so arg geworden, daß alles Ernstes Jemand einen Gesetzesvorschlag machen wollte, wie viele Zeilen auf jeder Seite eines neuen Romans und in jeder Zeile wie viele Buchstaben stehen müßten. Einstweilen ist es noch beim Vorschläge geblieben. Was wir in Deutschland ein reiches und lebhaftes Sor- timentsgeschäst nennen, kennt Paris gar nicht. Auf den Boulevards, in der Rue de la Paix, im englischen Viertel gibt es wohl einzelne Häuser, welche namentlich an Fremde *) Ein beklagenswcrthes Glück, das den deutschen Buchhandel an den Rand des Abgrunds bringen, wenn nicht gänzlich ver nichten wird. 2. d. M.
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