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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.01.1919
- Strukturtyp
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- 1919-01-14
- Erscheinungsdatum
- 14.01.1919
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. 10, 14. Januar 1919. kommen, diese Vorschrift auf Sortimentsbuchhändler für an wendbar zu erklären, was folgerichtig geschehen müßte, wenn der Gesetzgeber »Bücher« zu den Gegenständen des täglichen Be- darfs gerechnet wissen wollte? Daß man die Vorschriften der KZ 73 und 74 G.O., die für Bäcker und Verkäufer von Backwaren die Angabe der Verkaufs preise auf Verlangen der Qrtspolizeibchörde vorschreibt, ans die Händler der besonders ausgeführten Gegenstände des täg lichen Bedarfs ausgedehnt hat, ist ohne weiteres einleuchtend. Geradezu unverständlich wäre es aber, wenn man die Sorti - mcntsbuchhändlcr polizeilich anhalten wollte, die Preise ihrer Bücher durch einen außen sichtbaren Anschlag am Verkaufslokale zur Kenntnis des Publikums zu bringen. Man muß also davon ausgehen, daß der Gesetzgeber die Bücher und die Gegenstände des Buchhandels überhaupt nicht als solche des täglichen Bedarfs angesehen hat. Eine Schundfteuer! Daß wir in der Zukunft unter einer schweren Steuerlast seufzen werden, daran zweifelt Wohl niemand. Aber wir müssen sie auch tragen können, sonst brechen wir zusammen, und wo nichts ist, da hat auch der Staat das Recht verloren. Des halb wird cs die höchste staatsmännische Weisheit erfordern, die beste Steuerform zu finden. Angenehm ist die Steuer zwar niemals, aber sie kann doch in einer Form gebracht werden, in der sie weniger drückend ist, ja, sic könnte sogar, wenigstens zum Teil, mehr wtrtschasts- fördernd als hemmend sein, wenn sie so bemessen wird, daß die im Sinne der Gesamtwirtschaft guten Handlungen gegenüber den schlechten bevorzugt werden. Wir haben eine Umsatzsteuer, die jedenfalls noch weiter »ausgebaut« werden wird. In der heutigen Form ist sie kaum als glücklich gewählt zu betrachten, schon deshalb nicht, weil sie alles in einen Tops wirft. Ganz richtig ist das freilich nicht. Sic kennt eine Abstufung: die »Luxussteucr«, will wenigstens «inen Teil der Last auf tragsähige Schultern legen. Das Luxusprodukt, beim Buch die Luxusausgabe, soll stärker heran gezogen werden. Wunderschön gedacht, wenn nur nicht das Leben doch etwas anders ausschen würde. Was ist ein Luxus produkt? — Vor allem eine hochwertige Arbeitsleistung, der Gegenpol des Schundes. Jede hochwertige Arbeit ist aber Kul- tnrsortschritt — Schund Rückschritt. Wir besteuern also den wirtschaftlichen Fortschritt höher als den Rückschritt, und das kan» doch nicht gesund sein, nicht einmal steuerpolitisch. Die Qualitätsware bringt an sich dem Staat höhere Steuern als der Schund. Sie erfordert in erster Linie gut bezahlte Arbeits kräfte, die ihrerseits höhere Steuern bezahlen als schlecht be zahlte. Sie erfordert bessere Rohstoffe, die auch wieder mehr Steuer bringen als schlechte. Sie erfordert bessere maschinelle Einrichtungen als Schund, und schließlich wird der Fabrikant von Schundwaren nur vorübergehend verdienen, also auch nur für kurze Zeit Einkommen versteuern. Es ist also keineswegs klug, die Qualitätsware schwer treffen zu wollen, weil man den Ast abschneidet, auf dem unsere Wirtschaft in höherem Sinne sitzt. Was ist Schund aus das Buch bezogen? Es gibt Schund dem Inhalte nach. Der aber ist vom Guten sehr schwer zu unterscheiden, jedenfalls würde man kaum zu einer Einigung kommen, wollte man die Steuer in dieser Richtung abstufen. Was man so gemeinhin als Schundliteratur bezeichnet, ist lange nicht das Gefährlichste in der Literatur, cs gibt Schlimmeres, das sich den Anschein des Guten zu geben vermag und deshalb weitaus verderblicher ist. Treffen könnte man nur den materiellen Schund, weil es hierfür untrügliche Kennzeichen gibt. Ein Buch, das in nor malen Zeiten auf schlechtem Papier schlecht gedruckt und schließ lich so schlecht gebunden ist, daß es alsbald auseinanderfällt, ist zweifellos Schund. Das können Sachverständige nach bestimmten Normalien von Fall zu Fall ohne große Mühe feststellen. Was nicht Schund ist, braucht noch lange nicht erstklassige Qualitätsware zu sein, besonders beim Buch nicht. Eine Durchschnittsqualität mutz 32 sein, um das Lesebedürfnis des kleinen Mannes zu befriedigen: daneben müßte dann auch noch das wirkliche Qualitätserzeugnis stehen, das nach allen Regeln der Kunst hergcstellt ist, wenn es schließlich auch noch nicht als Luxusprodukt angesprochen werden könnte. Auch hierfür könnten gewisse Normalien festgelegt werden. Wir hätten also drei Sorten von Büchern, die wir bei der Besteuerung entsprechend bewerten könnten. Bücher, die den Anforderungen an ein gutes Mittelerzeugnis nicht ent sprechen, würden so viel höher besteuert, daß der Verkaufspreis nicht billiger sein könnte als der der Mittelware. Die Steuer würde nichts einbringen, weil dann keiner Schund Herstellen würde? — Um so besser — desto steuerkräftiger würde das Gewerbe im ganzen. Es könnte eben nur mit vollendeten Werkzeugen und Arbeitskräften produziert werden, und infolgedessen würde eben die Steuerkraft im allgemeinen steigen. Was aus den Pfuschern würde? — Die müßten eben einen anderen Erwerb suchen, zu dem ihre Fähigkeiten aus reichen. Das Leben, wie es uns bcvorsteht, wird so schwierig sein, daß man solche Rücksichten einfach nicht nehmen kann, will man nicht die Gesamtheit schädigen. Was sollte aber mit der wirklichen Qualitätsware ge schehen? Sollte sie höher oder niedriger besteuert werden als die Durchschnittsqualität? Ja, wenn man nur den rein sozial politischen Standpunkt nehmen könnte, müßte er Wohl bevor zugt werden. Das geht aber Wohl aus rein steuerpolitischeii Gründen nicht, und so müßte man der Qualitätsware in anderer Hinsicht einen Vorzug einräumen. Wenn es auch nicht die geringste Schwierigkeit bietet, nach einmal festgestelten Normalien, die jedem Büchererzeuger im voraus bekannt sein könnten, sestzustellen, was erstklassig ist und was nicht, so fehlt doch dem kaufenden Publikum diese Mög lichkeit vollkommen. Es mutz nach dem äußeren Schein ur teilen, kennt nicht die Zusammensetzung des Papiers, noch die in allen Teilen sachgemäße Herstellung des Einbandes. Hier gäbe es nur ein Mittel einen staatlichen Qualitätsstempel, den nur jene Bücher tragen dürften, die sich nach Prüfung einer Sachvcrständigenstelle als wirklich erstklassige Arbeit erweisen. Unter solchem Schutz könnte auch die Qualitätsware eine höhere Belastung ertragen, weil ja auch ein sehr großer Anreiz zum Kaufe wirklicher Qualitätsware gegeben ist. Wer wollte auch, wenn er ein Buch schenkt, auf den Qualitätsstempel ver zichten? Natürlich müßte der Staat streng darauf sehen, daß kein Unfug getrieben würde, und jeden, der etwa schwindeln wollte, durch Strafen und ev. Verbot, den Stempel zn führen, auf den rechten Weg bringen. Das wäre, meiner Ansicht nach, jedenfalls ein besserer Weg, den Gewerbefleiß und die Gesamtkultur zu fördern nnd auch den Arbeitern und Angestellten zu einem zufriedeneren Leben zu verhelfen als die Umwandlung in einen, alles nivellierenden Staatsbetrieb, und es wäre ein sicheres Mittel, auch das Staats einkommen den Bedürfnissen entsprechend zu heben, ohne die Industrie zu schädigen oder gar zum Stillstand zu bringen. Außerdem wäre es ein Mittel, den Staatsgedanken zu festigen, der jedenfalls darunter leidet, wenn der Staat lediglich der nehmende Teil ist. Der ehrliche Unternehmer, der es wirklich ernst mit seinem Berufe meint, würde daher nur dankbar sein können für ein solches Einsetzen der Staatsautorität, die ihn nicht im geringsten hindern, sondern im Gegenteil fördern würde. Freilich den Inhalt des Buches vermöchte man auf diese Weise nicht zu treffen, wenigstens nur sehr unvollkommen, so weit inhaltlicher Schund eben nur in ganz billiger, schlechter Ausführung absetzbar ist. Die Sorge, dem Lesepublikum guten und bekömmlichen An halt vorzusetzen und so eine der vornehmsten Kulturaufgaben zu lösen, müßte nach wie vor auf den Schultern des Verlegers lasten bleiben. Daß er sie leichter tragen könnte, wenn er so weit wie möglich von einer Schmutzkonkurrenz auf rein wirt schaftliche!» Gebiete befreit würde, dürfte kaum bezweifelt wer den können. Josef Rieder.
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