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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.12.1915
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1915-12-04
- Erscheinungsdatum
- 04.12.1915
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. ^ 282, 4. Dezember 1915. verjähren sollten. Inzwischen ist durch eine neue Verordnung vom 4. November 1915 die Frist bis zum 31. Dezember 1918 ver längert worden. Vor diesem Tage tritt also eine Verjährung überhaupt nicht ein. Dagegen verjähren an ihm die Forde rungen des nicht eingezogenen Buchhändlers an seine nicht einge- zogenen Privatkunden, soweit sie aus den Jahren 1912, 1913, 1914 stammen. Diese Bestimmung bezieht sich übrigens auch aus Kriegsteilnehmer, so daß auch in den zuerst behandelten Fällen eine Verjährung vor dem 31. Dezember 1916 ausgeschlossen ist. Der Unterschied besteht nur darin, daß bei Forderungen unter Kriegsteilnehmern die Verjährung infolge der Hemmung mög licherweise erst nach dem 31. Dezember 1916 eintritt. So kann der Buchhändler im Felde und in der Heimat im Hinblick auf etwa drohende Verjährung völlig beruhigt sein. Die Kriegswirren werden ihn in keinem Falle an der Geltendmachung seiner rechtmäßigen Ansprüche hindern. Ob es freilich vom ge schäftlichen Standpunkte aus klug gehandelt sein würde, jetzt ohne ganz zwingende Gründe, nur aus dem Gefühle heraus: Gott sei Dank, Dir kann ja nichts passieren, auf alle Mahntätigkeit zu verzichten, ist eine andere Frage. Es ist vielmehr zu bedenken, daß der Krieg, wie alle Dinge, seine zwei Seiten hat, vor allem auch, was seinen Einfluß auf die Wirtschaft des einzelnen be trifft. Der eine gerät in Not, der andere steht sich besser als in Friedenszeiten. Dabei soll von den Heereslieferanten garnicht einmal die Red« sein. So mancher eingezogene Beamte und An gestellte erhält neben der oft recht beträchtlichen Dienstlöhnung (Feldwebel, Offiziere) seinen Gehalt ganz oder teilweise weiter gezahlt. Auch die Daheimgebliebenen leben infolge der Mög lichkeit einer vermehrten und vorteilhafteren Verwendung ihrer Arbeitskraft nicht selten in besseren Verhältnissen als zu Frie- denszeiten. Da diese Personenkreise aber gerade den Hauptbe standteil der Sortimenterkundschaft bilden und bisweilen aus ihren Lern- und Studienjahren noch beträchtliche Schulden bei ihrem Buchhändler haben, so bietet sich vielleicht für diesen jetzt Gelegenheit, bei taktvollem, vorsichtigem Vorgehen so manchen Betrag ohne besondere Schwierigkeiten herein zu bekommen, auf dessen Begleichung er unter normalen Verhältnissen wahrschein lich noch lange hätte warten müssen. Das will auch bedacht sein. Allerlei Humor zur Weihnachtszeit in einer Buchhandlung. Die schwere Zeit, die über uns in Deutschland, wie über die ganze Welt hereingebrochen ist, hat Folgeerscheinungen gezeitigt, die mit dem Kriege wohl Zusammenhängen und aus seinen Schrecknissen sich erklären lassen, die jedoch weder als notwendig, noch als ersprießlich für unser Volk gelten können. Damit ist der Humor gemeint, der manchen Menschen abhanden gekommen ist. Schreiber dieser Zeilen hat diese leidige Tatsache immer als bedauerlich erachtet, und da er von der Überzeugung durch drungen ist, daß jede Anwandlung von Trübsinn und Schwermut nur schädlich sein, dagegen niemals etwas nützen kann, so soll hier einmal der Versuch gemacht werden, aus allerlei kleinen Dingen und Vorkommnissen in einer Buchhandlung zur Weih nachtszeit Wert und Bedeutung des Humors nachzuweisen. Falls ein freundlicher Leser mir im Hinblick auf die ernste Kriegs zeit hierfür die Berechtigung aberkennen wollte, möchte ich ihn zur Beruhigung an Reuters »Festungstid« erinnern. Frktz Reu ter, der Meister der plattdeutschen Dichtung, dem wir so viele Perlen echten Humors verdanken, hat niemals daran gedacht, ernste Ding« durch Witzeleien zu verzerren, sondern er hat uns ge zeigt, daß man auch unter Tränen lächeln kann! Solch hoher Kunst weiß ich mich allerdings nicht fähig, und wenn ich Reuters Festungstid hier anführe, so geschieht es nur, um zu zeigen, was die Macht des Gemüts über den Menschen in einer Zeit voll tiefen und schweren Leidens vermag und wie sie gestärkt und er halten werden kann durch.echten Humor. Und wenn wir jetzt auf unsere feldgrauen Brüder, auf die Väter, Söhne und Freunde schauen, die in Feindesland für uns kämpfen und leiden müssen, so wissen wir aus ihren Briefen und mündlichen Berichten, daß sie sich nicht nur ihren Mut, der selbst den Tod nicht scheut, erhalten haben, sondern daß sie auch für ein fröhliches Wort, für echten 159b Humor Empfindung besitzen. Ja noch mehr, sie selbst beweisen uns Daheimgebliebenen, daß sie sogar in Schützengräben, trotz Nässe und Kälte, und oftmals auch mit knurrendem Magen, die gute Laune nicht verlieren. Doch jetzt fort mit allen Betrach tungen und hinein in die Buchhandlung, von der ich erzählen will. Die Räume, die so viel bedrucktes Papier enthalten, sind ja für keinen gebildeten Menschen eine terra meoguita! Wer als Buch händler jetzt im Felde steht, wird vielleicht gern bereit sein, die Stätte seiner früheren Wirksamkeit wieder einmal in Gedanken zu betreten, während alle Nichtbuchhändler, denen dieser Schrift satz unter die Augen gerät, freundlich eingeladen sind, bei ihren Einkäufen für Weihnachten die Buchhandlung nicht zu vergessen.*) Möchten doch viele, viele, es können gar nicht zu viele werden, meinem Lockrufe folgen! Ich nehme nunmehr meine Einbildungs kraft zu Hilfe und sehe vor mir: denLadenvoll! Zunächst möchte ich aber vorstellen. Der Inhaber der Buch handlung ist schon ziemlich bei Jahren (über 70!), männliche Mitarbeiter glänzen durch Abwesenheit — der Krieg hat sie alle fortgcnommen —, es sind dagegen fünf junge Mädchen vorhanden, die aber ihren Mann stehen, und es ist gewiß nicht ausgeschlossen, daß mancher Käufer mit der weiblichen Bedienung gar nicht un zufrieden sein wird. Mit diesem Aöpfigen Personal trete ich nun in die Weihnachtsschlacht ein. Natürlich kann das nicht ohne vorherige Kriegsberatung geschehen, und so habe ich denn meine weiblich« »Kriegshilfe«, wie ich meine jungen Mitarbeiterinnen Wohl nennen darf, vor einigen Tagen nach Geschäftsschluß noch ein Stündchen festgehalten. Die bereits eingetrofsenen Jugend schriften, die hervorragendere Kriegsliteratur, und was sonst noch an guten neuen Erscheinungen sich eignen konnte, das alles wurde besprochen und erläutert. ^ Zum Beschluß meiner Ausführungen sagte ich dann: »Nun aber, meine Damen, bedenken Sie Wohl, daß das Publikum in den meisten Fällen beraten sein will, ja beraten werden muß, denn gar manche Käufer kommen herein, und sagen nur: ,Jch möchte ein gutes Buch für einen Jungen, oder für ein Mäd chen', oder aber: ,etwas interessantes Historisches' usw. usw. Da müssen dann Fragen gestellt werden, wie z. B.: Wie alt ist denn der Junge oder das Mädchen, oder (bei einem gewünschten neuen Romane): Welchen Verfasser liest der Betreffende gern, wie ist sein Geschmack überhaupt? Sie sehen aus diesen Beispielen schon, daß es nicht immer leicht ist, die Wünsche des lieben Publikums zu erraten. Hat doch Felix Dahn gesagt: Ein Buch zu schreiben ist leicht, es zu drucken schon einigermaßen schwierig, es zu ver kaufen, ist jedoch eine Kunst! lLr^o, meine Damen, jede von Ihnen, die ein Buch verkauft, ist eine Künstlerin, und ich denke, das wird Sie doch reizen! Die Hauptsache ist und bleibt, daß der Ver käufer freundlich, aufmerksam und geschickt ist — dann ist auch das Publikum bei guter Laune, und mitunter kauft jemand mehr, als er eigentlich wollte. Also, die gute Laune, der Humor beim Käufer, wie beim Verkäufer besitzen eine nicht zu unterschätzende Bedeutung. Um Ihnen, meine Damen, das zu beweisen, will ich Ihnen jetzt einmal erzählen, was mir vom vorjährigen Weih nachtsgeschäft gerade einfällt: Kommt da ein Herr herein und wünscht ein billiges Fremdwörterbuch. ,Da gibt's nur ein gutes Buch, das ist der alte Heyse, es kostet zwar 6 ^7 75 -s, oder besser gebunden 7 50 -k, ist dafür aber auch vollständig.' ,Nein, das ist mir zu teuer. Geben Sie mir lieber ein kleines Werk.' ,Das können Sie ja haben, aber bitte, lassen Sie mich in Ihrem Inter esse nur ein Frage an Sie stellen: Sie kennen doch ein Glas Grog?' Ein verwunderter Blick traf mich. ,Nun Wohl, mein Herr, aber wissen Sie auch, daß Grog von Kamelhaaren herstammt?' La traf mich ein zweiter Blick, der Wohl bedeuten konnte, ob mein Verstand vielleicht gelitten hätte. .Bitte, lesen Sie nur, hier im Heyse steht es, schwarz auf weiß und historisch begründet.' Und als ich noch htnzugesügt hatte, daß derartige gründliche Erklä rungen eines Fremdwortes in den anderen Wörterbüchern nicht zu finden seien, da hatte ich den alten Vater Heyse glücklich ver- *) Der Artikel war, wie einige andere, die bereits zunl Abdruck gekommen sind oder noch kommen werden, für die Weihnachts-(Feld-) Rümmer bestimmt, konnte jedoch, wegen verspäteten Eingangs, keine Aufnahme darin finden. Red.
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