Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.12.1915
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Redaktioneller Teil. ^ 291, 15. Dezember 1915. unter den verhältnismäßig vielen lettischen Gefangenen, die ich amt lich bediene, nur ganz vereinzelt solche finden, die nicht deutsch sprechen. Ehen mit »Nüssen« kommen in den beiden Provinzen wenn über haupt, so doch nur ganz ausnahmsweise vor; es ist aber durchaus nicht der Fall, daß, wie Herr Perschmann bemerkt, »derjenige, der einen Nüssen oder eine Russin heiratet, nach dem Gesetz zur ortho doxen Kirche übertreten muß«. Ein solches Gesetz gibt es überhaupt nicht. Herr Perschmann bemerkt ferner: »Eine ausfallende Erscheinung ist es, daß ein großer Teil von Letten trotz ihrer Zugehörigkeit zur germanischen (?) Nasse sich deutschfeindlich und nicht erfreut über die Möglichkeit zeigt, daß etwa die baltischen Provinzen einst zu Deutsch land gehören könnten.« »Deutschfeindlich« ist nur ein Teil der so genannten »Jungletten« gesinnt, also nur sehr wenige Letten. Schon die lettische Revolution im Jahre 1905 hat den Beweis er bracht (z. B. Proklamierung einer lettischen Republik usw.), wie verhaßt den Letten die russische »Knutenherrschaft« ist. Tie an deut schen Balten verübten Schandtaten fanden bekanntlich erst statt, nach dem die Revolutionäre erkannt hatten, daß die Deutschen der russi schen Negierung nach wie vor den geleisteten Treueid hielten. Zudem wissen die Letten genau, daß ein weiteres Verbleiben unter russischer Herrschaft für sie den vollen wirtschaftlichen Untergang bedeutet, da die russische Negierung bereits im Jahre 1914 (vor Beginn des Kriegs) den Plan gefaßt hatte, Livland und Kurland mit Hunderttau senden großrussischer Bauern zu besiedeln, und die russischen Land messer bereits an der Arbeit waren, die Grenzen der den russischen Bauern zuzuteilenden Ländereien festzusetzen. Und auch die erlittenen Glaubensverfolgungen haben den schon bestehenden Niß zwischen Letten und Nüssen sehr erheblich erweitert. Auch das Ergebnis der in diesem Jahre stattgefunöenen Beratungen angesehener Letten in Riga ist be achtenswert, das der Vorsitzende, ein »junglettischer« (also nicht gerade deutschfreundlicher) Rechtsanwalt, in die Worte zusammcnfaßte: »Uns Letten als Letten bleibt jetzt nur die Wahl, im zähen, schwarzen Sumpfe russischen Volkstums unterzugehen und zu ersticken oder im klaren Quellwasser deutscher Kultur zu ertrinken. Ich ziehe die letztere Todesart vor!« Wenn Herr Perschmann, die lettische Landbevölkerung betreffend, bemerkt: »Die Bauern sind von den Besitzern der ,Edelgüter' (das soll doch wohl heißen: von den adligen Gutsbesitzern) — abhängig, müssen für sie arbeiten, um zu leben, und erhalten wahrscheinlich (die Begründung solcher »Wahrscheinlichkeit« ist Herr P. schuldig ge blieben) — »ein nur knappes Entgelt, mit dem sie gerade ihr Leben fristen können, ohne aber je die Aussicht zu haben, vorwärts oder gar zu Vermögen zu kommen, weil man sie über eine gewisse Stellung nicht hinauskommen läßt«, so — ich will mich sehr milde aus- drücken — entspricht das in keiner Weise den tatsächlich vorliegenden Verhältnissen. Über 90"/» des gesamten Bauernlandes ist im freien Besitze lettischer Bauern, die durch Ankauf desselben unter überaus günstigen, man kann sagen: mehr als humanen Bedingungen in kurzer Zeit imstande waren, nicht nur den Kaufpreis zu bezahlen, sondern auch reich zu werden. Der Wohlstand der Letten wächst von Jahr zu Jahr, das erweist die Gründung verschiedener »lettischer« Bank institute, Kreditvcrcinc, Sparkassen usw. — Der Lohn der »Land arbeiter« ist sehr hoch, da auch die dortige Landbevölkerung in die Stadt strömt. Daß, wie Herr Perschmann endlich noch bemerkt, »die Letten von Verhältnissen, die nach deutschem Muster geordnet sind, gar keine Vor stellung haben können«, zeigt, daß er mit den Verhältnissen in den Ost seeprovinzen nicht vertraut ist. Wilhelm Grimm, Pastor ourer. Die theologischen Fakultäten der deutschen Universitäten wiesen, der »Chronik der Christlichen Welt« zufolge, im letzten Sommer einen Rückgang um 660 auf; das ist eine Minderung um 15 v. H. gegen über einer Abnahme um 3 v. H. im Winter vorher. In den letzten Semestern zuvor betrug die Zunahme stetig gegen 15 aufs Hundert. Ihrer Stärke nach ordnen sich die Fakultäten so: Tübingen 495, Berlin 481, Leipzig 427, Halle 370, Göttingen 251, Erlangen 216, Marburg 212, Breslau 190, Heidelberg und Königsberg je 162, Bonn 147, Greifswald 135, Gießen 121, Kiel 99, Straßburg 85, Jena 81, Rostock 37 und Münster 35. Im Verhältnis die stärkste Abnahme hatten Greifswald (34 v. H ), Marburg und Rostock (32); dann folgen Jena (22), Leipzig (21), und Heidelberg (20). Weniger als ein Zehntel verloren Erlangen (8), Göttingcn und Königsberg (6) und Berlin (1), während Breslau und Münster fast genau auf ihrem Stande blieben. Die Zahl der Ausländer ist nach derselben Quelle wenig zurückgegangen, nämlich von 71 auf 65; davon sind 47 Öster reicher und 15 Schweizer; von diesen studieren 9 in Marburg. Eine Kalcnderrcform im Weltkriege. — Der Generalgouverneur von Warschau, von Bcselcr, hat für den von uns besetzten Teil von Rußland den gregorianischen Kalender zur Einführung gebracht. Diese wissenschaftliche Verwaltungsmaßregel ist als besonders wichtig zu betrachten. Ter eigentlich in Rußland noch heute maßgebende julianische Kalender, den Julius Cäsar 47 v. Chr. als erste wichtige Kalender reform einführte, ist gegenwärtig um mehr als 13 Tage falsch, da vor 19>6 Jahrhunderten eine unrichtige Jahreslänge diesem damals allerdings einen großen Fortschritt in der Zeitrechnung bezeich nenden julianischen Kalender zugrunde gelegt« wurde. Heute sind deshalb alle Zeitangaben in Rußland um mehr als 13 Tage zurück, gegen den im 16. Jahrhundert mit einer bis auf wenige Sekunden richtigen Jahreslänge festgesetzten gregorianischen Kalender, der im 18. Jahrhundert fast in allen Kulturstaaten eingeführt wurde und erst in etwa 3000 Jahren um einen Tag gegen die wahre Erdbewegung um die Sonne falsch wird. Es ist nicht ohne Interesse, daß diese wichtige Kalenderreform im westlichen Rußland gerade von dem gegen wärtigen ersten Vorsitzenden der Berliner Gesellschaft fiir Erdkunde, General v. Beseler, zur Durchführung gebracht worden ist. Personalnachrichlen. Gestorben: am 13. Dezember plötzlich nach kurzem Krankenlager Herr Friy Milcke, Buchhändler und Antiquar, zuletzt im Hause Karl W. Hiersemann in Leipzig. Der Verstorbene stammte aus Potsdam, wo er auch seine buch- händlerische Allsbildung in der Horvath'schcn Buchhandlung (Ed. Dö ring) empfangen hat. Später widmete er sich ganz dem Antiquariat, und zwar in den Firmen: Georg LL Co. in Basel, K. F. Koehlertz Antiquarium (Hugo Koehlcr) in Leipzig, Ludwig Nosenthal in Mim- chen, Max Mencke in Erlangen, Leo S. Olschki in Venedig und Florenz, Adolf Weigel und Karl W. Hiersemann in Leipzig. Bei Llschki war er fast zehn Jahre - als Be arbeiter von Inkunabeln- und Manuskript-Katalogen tätig; bei Hierse manu fand er schließlich dasjenige Feld, auf dem er seine ungewöhn lichen Kenntnisse in großzügigster Weise entfalten konnte. Denn unter den deutschen Antiquaren durfte er wohl einer der gelehrtesten ge nannt werden, bin peinlich sauberer Arbeiter, verband er mit ange borener Liebe zu Büchern ein sicheres Gedächtnis und eine gediegene Kenntnis der Geschichte. Dazu aber gesellte sich eine ganz unge wöhnliche Begabung für fremde Sprachen. Als richtiger Antiquar war er selbstverständlich ein guter Lateiner. Französisch, Englisch, Italienisch und Spanisch schrieb und sprach er fließend, wie er denn gelegentlich einen Franzosen im Englischen unterrichtet hat. Die übrigen germa nischen und romanischen Sprachen beherrschte er bis zu ihren Dia lekten. Außerdem verstand er Arabisch, Persisch, Türkisch und Chi nesisch, und mit besonderer Liebe trieb er das Japanische. Noch in den letzten Jahren seines Lebens war ihm das Studium de? Finnischen und die Lektüre des Kalewala ein besonderes Vergnügen. So stellte er recht den Typus des feinen und sinnigen Gelehrten dar, wie sie ja zum Glück in Deutschland noch immer nicht selten sind. War dem gewandten Stilisten auch die Gabe öffentlicher Rede versagt, so standen ihm, wenn er in engerem Kreise sich erwärmte, doch manches treffende Wort und ein schlagfertiger Witz zu Gebote. Im politischen Gespräch verfocht er kräftig sein Deutschtum. Am wohlsten fühlte er sich in seiner Familie. Freien Geistes, war er im Herzen ein frommer Christ, dem es Freude machte, seine Kinder zum Ver ständnis der Schönheit Ludwig Nichterscher Zeichnungen heranzubilden Nun hat ihn ein tückisches Leiden vorzeitig hinweggerafft. Seine Witwe und zwei unmündige Söhne trauern an seiner Bahre. Seinen Freunden bleibt der gute und lautere Mensch unvergessen. Kpt. Ernst Salzer f. — Im Kampfe für das Vaterlai,d fiel der Archivar am Geheimen Staatsarchiv in Berlin I)r. püil. Ernst Salzer, Kriegsfreiwilliger, im Alter von 39 Jahren. Sein SpezialarbeitS- gebiet war preußische und deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Be sonders bat er sich um die Herausgabe der Korrespondenz Friedrich v. Gentz' Verdienste erworben. Dtto Weiß Am 13. Dezember ist der Schriftsteller und Musiker Otto Weiß in Berlin, 66 Jahre alt, aus dem Leben geschieden. Er war als Gesauglchrer und Musikkritiker — erst in Österreich, dann in Deutschland tätig; als freier Schriftsteller tat er sich namentlich als Verfasser eigenartiger, gehaltvoller Aphorismen hervor. Seine Aphorismen sind in drei Folgen unter dem Namen »So seid Ihr!« erschienen. Verantwortlicher Redakteur: Emil Thomas. — Verlag: Der Bvrsenverctn der Deutschen Buchhändler zu Leipzig, Deutsches BuchhandlerhauS. Druck: Namm L Seemann. Sämtlich in Leipzig. — Adresse der Redaktion und Expedition: Leipzig, Gerichtsweg 2S sBuchhändlerhauS). 1632
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