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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.07.1843
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- 1843-07-04
- Erscheinungsdatum
- 04.07.1843
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- Deutsch
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1951 61 1952 ler, aber dem Buchhändler kamen die Vorzüge des Menschen zu Gute. Durch richtiges Speculircn allein kann man auch in unseren Geschäfte reich werden, aber einen Verlag wie den Eotlaschen, Ncimcrschen und Perlhesschen, bringen nur Männer zusammen, die bei ihren Unternehmungen einen andern Maaßstab anlegen als den des Einmaleins. Auf politischen und staatsrechtlichen Verlag, obwohl die Aufforderung dazu in seinen vielfachen Verbindungen mit bedeutenden Staatsmännern lag, hat er sich selten eingelassen und wo cs geschah, im conservativen Sinne; die juristische Betrachtungsweise lag ihm ferner; er erwartete die Hülfe für das Vaterland nicht von dem Wechsel äußrer Formen, sondern von innerer religiösen und sittlichen Erhebung und Kräftigung, die aus Frankreich herübergekommcnen liberalen Theorien und ihre Träger in Deutschland widerten ihn an (man wird das jetzt verzeihlicher finden als vor zwanzig Jahren), er glaubte, wenn diese zur Herrschaft gelangen sollten, dann würde Deutschland erst recht tyrannisirt wer den — kurz er mochte an den politischen Händeln keinen Theil nehmen. Daran that ec gewiß für sich recht und Andre ließ er ja gewähre»! Wie er seine religiösen Ueber- zeugungcn niemanden aufdrang, wie er von der unseligen Sucht, „Seelen zu retten," vollkommen frei war, so fern war er davon, Proselpthen seiner politischen Ansichten machen zu wollen, ja die Verschiedenheit der Ansichten in beiden Richtungen hatte nicht einmal Einstuß auf seine freundschaftlichen Verhältnisse, machte ihn weder blind für die Schwächen der Gleichgesinnten noch für die Vorzüge der Andersgesinnten, mit Rath und That stand er diesen wie jenen gleichmäßig und bereitwillig zur Seite. Er hatte über haupt keine despotische Ader in sich, aber eben sowenig knechtischen Sinn und vielleicht machte ihn gerade das gegen die äußern Formen gleichgültiger, als sie verdienen, daß er selbst unter allen Umständen seine Freiheit und Unabhängig keit zu wahren verstand. Mag man ihm also die Frei- sinnigkcit (ein sehr vieldeutiges Wort) absprcchen, Frei mut h kann man ihm nicht streitig machen. Den hat ec bei hundert Gelegenheiten glänzend bewiesen, ja er besaß da rin eine gewisse Virtuosität, denn er verstand die Kunst, mit der heitersten Offenheit und natürlicher Naivetät den Leuten Wahrheiten ins Gesicht zu sagen, die sie nicht zu hö ren gewohnt waren, ohne daß sie recht wußten, ob sie es übel nehmen sollten, und diese Kunst übte er wie. gegen Sei nesgleichen, so gegen höher Stehende und gegen die Menge, die bekanntlich nicht weniger empfindlich für Schmeichelei und ihr Gegenthcil ist als irgend ein Mächtiger. Heftig konnte er freilich auch werden, ja sehr heftig, aber Groll gegen sein Widersacher hegte er deswegen nicht, sondern er konnte sie in demselben Augenblicke mir der größten Billig keit und Unparteilichkeit beurtheilen. Nur gegen zwei Klas sen von Menschen konnte er unbarmherzig sein: einmal ge gen Solche, die aus der Schlechtigkeit ein Gewerbe machen, und gegen Solche, die aus Faulheit und aus Liederlichkeit der Gesinnung unter was immer für vcrschiednen Aushänge schildern die vornehme unverschämte Bettelei trei ben. Auf diese und jene konnte sein Zorn, sobald er sie für das was sie waren erkannte, (und er durchschaute sie unglaub lich schnell) zerschmetternd nicderfallcn. So ist mir Friedrich Perthes erschienen, den ich seit fünf und zwanzig Jahren gekannt habe. Er hat mir von dem Augenblicke an, wo ich zuerst den Fuß über seine Schwelle setzte, viel Gutes und nur Gutes erwiesen, ist mir im vollen Sinne des Worts ein väterlicher Freund gewesen; doch glaube ich in dem, was ich über ihn gesagt, nur wahr gewe sen zu sein. Möge sein Geist und sein Vorbild unter uns fortwirken und der Gang seines Lebens besonders die Jün gern unter uns ermuthigen, ihre Thätigkeit und ihre Mittel den höbercn Interessen des Buchhandels mit rechter Treue zu widmen, wenn sie an einem so glänzenden Beispiele sehen, was ein Buchhändler auf diesem Wege werden und leisten kann. Jena, im Junius 1843. Fr. I. Frommann. Die Tendenz im Buchhandel. Man erhält nicht selten Verlagsanträge von Schrift stellern, welche ihr Anliegen mit der Bitte schließen, man möge ihnen, falls man auf das angeborene Werk nicht re- flectire, irgend eine andere schriftstellerische Arbeit, die Aus führung irgend eines beliebigen Themas übertragen. Solche Herren, in der Regel junge unbekannte Literaten, die die Schriftstellcrei nur um des täglichen Brodes willen treiben, die schreiben müssen, weil sie leben müssen, bedenken oder wissen nicht, wie sehr sic sich durch dergleichen Aner bietungen schaden, sic sollicitiren in der Regel erfolglos; — ich brauche kaum zu sagen weshalb. Wir sehen ein gerech tes Mißtrauen in die Tüchtigkeit solcher Literaten, deren Geisteskräfte, eben weil sie, sich überschätzend, jeden Stoffe bewältigen zu können glauben *), in der Regel keiner Arbeit gewachsen sind. — Diese Wahrnehmung an den Schriftstellern sollte uns zu uns selbst zurückführen und uns über einen ähnlichen Uebelstand in unscrm Geschäft die Augen öffnen. Es ist nicht zu verkennen, daß der Buchhandel immer mehr zu einer Industrie hcrabsinkt, während er doch zunächst den edleren Zweck einer Vermittelung des Publikums mit den Geistesproductcn der Schriftstellcrwelt, mit der Literatur im Auge haben sollte. Leider ist aber der Materialismus überwiegend. Man frägt sich selten bei einer Unterneh mung, ob ihr Erfolg ein segensreicher, der Welt Nutzen bringender sein werde, man frägt fast nur noch darnach, ob das Buch „gehen" wird. Nun gehen leider schlechte Bücher oft besser, als gute, und wo sic so schlecht sind, daß sie nicht wohl gehen können, da werden alle Kräfte in Be wegung gesetzt, um das Publikum durch günstige Necensio- nen, durch Inserate und Plakate zu ködern. —- Wollte Gott, ich wäre über diesen Punkt im Jrrthum, allein wir müssen gestehen, es i st so. Wie wir den Schriftsteller gering achten, der sich plan- und tendenziös erbietet, jeden beliebigen Stoff unter die Feder zu nehmen, so sollten wir auch den Nachtheil erken nen, der dem Buchhandel nothwendig daraus erwachsen muß, daß wir in unscrm Geschäft so selten etwas anderes, *) Ich rede von Schriftstellern, die es wenigstens ehrlich meinen und sich nicht mir fremden Federn schmücken.
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