Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.04.1844
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1844-04-16
- Erscheinungsdatum
- 16.04.1844
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18440416
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-184404168
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18440416
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1844
- Monat1844-04
- Tag1844-04-16
- Monat1844-04
- Jahr1844
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
1035 31 1036 Ueber einige Haupthindernisse, die dem deutschen Buchhandel im Wege stehen. Der Buchhandel ist das Organ geworden, mittelst dessen in unserer Zeit die Verbreitung der Wissenschaft und Kunst allein möglich, der geistige Verkehr zwischen dem intelligen ten Thcile der Bevölkerung allein vermittelt werden kann. Der Buchhandel ist die Eisenbalm des Geistes, der Dampf wagen der Gedanken, er ist der Vater der Bildung, und, mit der freien Presse verbunden, zeugt er die Eultur; der Buchhandel und die Presse umfassen so sehr alle Sphären unseres politischen und wissenschaftlichen Lebens, überhaupt unserer Menschlichkeit, daß ihr Zustand gewöhnlich einen richtigen Maßstab für die Culturstufe jedes Volkes abgeben kann. Richtet man aber seinen Blick auf den Zustand, die Lage und Verhältnisse des deutschen Buchhandels, so ist es gewiß nicht Freude und Wohlgefallen, das in der Brust des jenigen aufsteigt, der sich dafür intcressirt. Der Buchhandel ist bei uns mehr als irgendwo zur Krämern herabgewürdigt. Handwerksmäßig werden die Geistesprodukte abgeschätzt wie eine Waare; es wird geprüft, gehandelt, gemarktet, und in den meisten Fällen gibt nicht der innere Gehalt eines Werkes den Ausschlag, nicht der innere Werth einer Schrift wird vom Verleger berücksichtigt, sondern die Laune der Käufer, der Geschmack des Publikums. Daher stammt die Unzahl von literarischen Machwerken, womit jede Messe der Büchermarkt überschwemmt wird, daher kommt die Masse von Schriften, die oft nicht einmal das Papier wert!) sind, das sie bedecken. Lese einer die gangbarsten Werke belletristischen, poetischen und sonstigen Inhalts, lese Einer die zahllosen Bücheranzeigen in allen Journalen, ob nicht Staunen ihn erfüllt und Befremdung über ein Publikum, dem solche Speise vorgesetzt wird, das an solchen Tafeln sich sättigt. Dieser verdorbene Geschmack des Publikums, dieser lite rarische Jndifferentismus des deutschen Volkes können als die unmittelbaren Haupthindernisse des deutschen Buchhan dels angesehen werden. In England und Frankreich ist es Sitte und gehört zum guten Ton, daß Jeder, der zur sogenannten höheren Klasse, zum intelligenten Theile des Volkes sich zählt, und auf Bildung Anspruch macht, sich mit den literarischen Er zeugnissen älterer und neuerer Zeit bekannt machen muß. Der reiche oder auch nur wohlhabende Engländer ist stets in lebhafter Verbindung mit dem geistigen Verkehre. Er hat gewöhnlich eine reichhaltige Bibliothek, communi- cirt stets mit seinem Buchhändler, erhält immer das Neueste zur Durchsicht und wählt sich aus, was ihm gefällt. Der Engländer besonders liest immer, liest mehr als derDeutsche, liest zu Hause, auf der Reise, denn selbst sein Reisewagen enthält eine kleine Bibliothek. Dadurch wird der Buchhandel belebt, wie überall der Verkehr, wenn die Waare starken Absatz findet. Da das lesende Publikum zahlreicher, sein Urthcil aus gebildeter ist, kann nicht so leicht etwas Schlechtes auf- kommen, als in einem beschränkten Leserkreis. Der Buch- *) Lus Nr. 27 der rhein. Blätter. Literar. Beilage zur Mannheimer Abendzeitung. Händler kann sich daher auf bessere, zahlreichere Werke verlegen, er kann den Autor, der Tüchtiges leistet, besser honoriren, und dieser wird je mehr Fleiß anwenden, je mehr er sich für seine Mühe belohnt sieht. Man erinnere sich an die Honorare, welche englische und französische Schriftsteller bezogen. Byron erhielt vom Buchhändler Murray nach und nach an 200,000 F. Honorar, Walter Scott so viel oder noch mehr, Bulwer hat sich durch seine Werke Schätze erworben. Ebenso in Frankreich, Sue er hielt für seine IVl^steres lia Paris 42,000 Frcs., das Jour nal des Debats zahlt für jedes Feuilleton 120 Frcs- und so können noch viele Beispiele angeführt werden. Von allen Erscheinungen sehen wir bei uns gerade das Gegentheil- Nur klein ist der Theil der Bevölkerung, der sich mit den Produkten des Geistes beschäftigt. Der Reiche interessirt sich weit eher bei irgend einer Spekulation, als für Bücher. Der Fabrikherr und Eapi- talist treibt sein Vermögen um, und hat deshalb nichtZeit, sich mit Lecturen zu beschäftigen; der sogenannte Adel geht auf die Jagd, dressirt Hunde, exercirt oder blickt von sei nen Schlössern herab, und verwendet durchaus nicht so viel auf Bücher als der englische oder französische Von-Herr. So bleiben für die Bücher nur die Gelehrten übrig, und diese haben gewöhnlich kein Geld. Die Privatbiblio theken sind bei uns dünn und schmächtig; gewöhnlich ha ben sie ihren Platz in einem niedlichen Glasschrank und da rin kann noch ein ganzes Theeservice ausgestellt werden. Ein Schiller, Bürgers Gedichte, Theodor Körners Werke, einige Andachtsbücher, auch vielleicht ein Prachr- werk, Meyers Album, Lewalds Europa, eine vererbte Weltgeschichte sind gewöhnlich der ganze gelehrte Hausrath. Göthe ist selten, und wenn einer gar einen Jean Paul oder einen Wieland besitzt, so ist dieß schon ein schöner Geist. — Dieser allgemein verbreitete Mangel an Geschmack für Lecture bringt aber auch bei uns ganz andere Wirkungen hervor als in obengenannten Ländern. Der Buchhändler ist bedenklich bei jedem ihm angebote nen Werke, er weiß ja nicht, ob es Absatz findet. „Es ist gut geschrieben und viel Schönes darin, sagt er dem Autor; allein Wenige sind es, die es kaufen, ein paar Museen und Leihbibliotheken nehmen es, und die meisten Exemplare bleiben auf dem Lager. So nimmt er cs ent weder gar nicht, oder weil er, gleichsam das Publikum zu zwingen, ganz niedere Preise stellen muß, honorirl er es schlecht. Der Verleger muß mehr auf Modewaare, auf leichtes Zeug sehen, das raschen Absatz findet. Die zahl losen Schriften mehren sich daher, weil der schlecht hono- rirte Autor seine Zeit und Mühe nicht so gut verwendet, als der gut Bezahlte. Was ist das Endresultat von Allem diesem? Das Pu blikum wird von einer Masse schlechter Bücherwaare über schwemmt, aus welcher es sodann seine Bildung schöpft, und welche deßhalb ungemein viel zu dem jeweiligen Eul- turzustande eines Volkes beitragen. Die guten Schrift steller wenden ihre Kräfte nicht so an, wie sie es unter günstigeren Verhältnissen thun würden, arbeiten entweder so wie es der Buchhändler verlangt, arbeiten gleichsam auf
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder