Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.01.1916
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1916-01-11
- Erscheinungsdatum
- 11.01.1916
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19160111
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-191601116
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19160111
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1916
- Monat1916-01
- Tag1916-01-11
- Monat1916-01
- Jahr1916
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. Redaktioneller Tell. 7, 11. Januar 1818. dah der Buchhandel anher den zurllckkehrenden Buchhandelsange- hörigen und den vorhandenen Hilfskräften noch fürzahlreiche neue Kräfte Raum hätte. Den pessimistischen Beurteilern. die da behaupten, dah unsere Kultur um Jahrzehnte zurückgcworfcn sein werde und dah für alles bessere Geistige (also die grohc buchhändlerische Unterneh mung) kein Geld da sein werde, kan» ich mich nicht anschliehen. Man wird nur die Frage nach notwendigen und aussichtsreichen Unternehmungen mit Rücksicht ans veränderte Verhältnisse anders stellen und anders beantworten; statt für eine Monographie der Regenwürmer wird das Kapital und die Arbeitskraft z. B. für eine Monographie der Einarmigen vorhanden sein. Indessen über den Gesamtkomplex der wirtschaftlichen Aussichten für die Zeit nach dem Kriege unter besonderer Berücksichtigung des Buch handels wollen wir ein andermal sprechen und die Aussichten, die sich da bieten, zu erkennen versuchen. Für heute genüge zu be tonen: Die deutsche Arbeit, die uns vor dem Kriege, dann in der Kriegswirtschaft selbst zu dem stärksten Volk gemacht hat, wird sich auch auf die neue Friedenswirtschaft in gleicher glücklicher Weise einstellen und somit auch Buchhandel und Buchgewerbe neu er blühen lassen. Wir werden also voraussichtlich für alle Buch händler und einige wenige Neulinge Platz haben; als Versor gungsstelle für viele bisher Berufsfremde kommt der Buchhandel aber Wohl kaum in Betracht. Elster. Erinnerungen und Erlebnisse eines Rigaschen Buchhändlers. Von Georg Jonck. (Fortsetzung zu Nr. 3—k.) Inzwischen hatte sich meine Frau die gröhte Mühe gegeben, mir die Erlaubnis zur Reise nach Tobolsk auf eigene Kosten zu er wirken; es gelang ihr auch vom Gouverneur zu erreichen, dah er mich in Tjumen ärztlich untersuchen lieh. Die Ärzte habe ich in allen Gefängnissen als sehr verständige und humane Leute kennen gelernt, auch dieser Herr berichtete, dah ich die Etappenreise nach Tobolsk, die 14 Tage dauert, Wohl nicht überstehen würde, und befürwortete eine direkte Beförderung. Von meiner Frau erhielt ich einen Brief, daß sie 100 Rubel an die Ge fängnisverwaltung für mich abgcsandt habe, und dah auch ein großer Reisepelz, den ein ebenfalls Verbannter reichsdeutscher Pastor, der in Sibirien an einer deutschen Gemeinde angestellt war, für die Fahrt hergeliehen habe, unterwegs sei. In dem Paket seien auch einige Sachen für Herrn v. S. Dieses Paket wurde mir nicht ausgehändigt, obgleich es drei Tage vor meiner Abreise dort augekommcn war. Ich konnte das später genau fest stellen, denn von Tobolsk aus schickte ich sofort als Postanweisung au den Chef des Tjumencr Gefängnisses 5 Rubel mit der Bitte, das betreffende Paket öffnen zu lassen, den Pelz mir zuzuschicken und die übrigen Sachen Herrn v. S. zu übergeben. Nach etwa drei Wochen erhielt ich das von meiner Frau abgeschicktc Paket uner- öffnet zurück, mit der Bemerkung, ich sei bereits abgercist. Für das Rückporto mutzte ich 2 Rubel 25 Kop. zahlen. Der mir aus gehändigte Abschnitt trug das Datum der Ankunft in Tjumen. Weshalb man mir den Pelz für die Winterreisc vorcuthielt, ist mir bis heute nicht klar geworden, und weshalb man Herrn v. S. die ihm so nötigen Sachen nicht aushändigen wollte, ebensowenig. Noch bei meiner Entlassung aus dem Gefängnis hatte ich den Chef persönlich gebeten, das Paket doch ja sofort dem Herrn v. S. zu übergeben, und der hatte mir das mich versprochen. Die ihm übersandten 5 Rubel habe ich übrigens nicht wiedergeschen. Am Montag, 2. November, wurde ich herausgerufen mit dem Befehl, mich gleich reisefertig zu machen. Im Kontor wurden mir die für mich eingetrofscnen 100 Rubel ausbezahlt, und ich ließ davon 15 Rubel aus das Konto des Herrn v. S. schreiben — mehr war nicht gestattet. Schon glaubte ich mich frei, da hieß cs wie der: zur Untersuchung. So gründlich wie damals bin ich nie vor- her durchsucht worden. Auf meine Frage nach der Ursache dieses Vorgehens sagte man mir, man suche nach Briefen, die ich ja doch von politischen Gefangenen zur Weiterbeförderung mitgenommen haben könnte. Meine Erklärung, daß ich als Reichsdeutscher mich 28 nicht um die Angelegenheiten der Nihilisten kümmere und meine Hand keinesfalls zu Durchstechereien bieten würde, half gar nichts, ich wurde bis aufs Hemd durchsucht. Leider durfte mich Herr v. S. nicht nach Tobolsk begleiten, obgleich er mehrere offizielle Gesuche, auch eins an den Gouver neur, deswegen eingereicht hatte. Unser Abschied konnte nur kurz sein, aber wir hatten doch die Hoffnung, uns bald in Tobolsk wicderzusehen. Daraus wurde nichts; cs war inzwischen eine andere Verfügung ergangen und von meinen Zellengenossen, die ursprünglich alle nach Tobolsk bestimmt waren, kam nur ein ein ziger dahin, weil das ganze Gouvernement mit Verschickten be reits überfüllt war. Dieser eine, ein junger Reichsdeutscher, Sohn eines Gutsbesitzers aus der Gegend von Omsk, war Anfang Sep- tember verhaftet worden und gelangte kurz vor Weihnachten mit tels Etappe nach Tobolsk, wo man ihn endlich freilich. Hätte man ihm die Reise mit dem Dampfer auf dem Jrthsch gestattet, so wäre er noch nicht einmal drei volle Tage unterwegs gewesen. So aber hatte man ihn ü b e r d r e i M o n a t e l a n g kreuz und quer durch den südlichen Teil des Tobolsker Gouvernements geschleppt und ihn allein in Tjumen 5 Wochen im Gefängnis gehalten. Als er mich nach einiger Zeit besuchte, war er noch jämmerlich elend. Im Hofe des Gefängnisses stand schon ein langer, niedriger Schlitten, der mit zwei kräftigen Pferden bespannt war, für mich bereit, auch der Landpolizist, der den Auftrag hatte, mich zu be gleiten und am nächsten Tage spätestens um 7 Uhr abends bei der Polizeiverwaltung in Tobolsk abzuliefern, war schon da. Ein alter Gefangener, der meine Sachen trug, hob mich in den Schlitten, wo ein leidlicher Sitz aus Heubündeln für mich zurechlgcmacht war; der Polizist setzte sich an meine Seite, und hinaus ging es aus der schrecklichen Gefängnislust in die freie Natur. Beim Fahren durch die Stadt kaufte der Polizist einigen Vorrat, namentlich Tee und Zigaretten, für mich ein. Brot, Speck und Butter wollte er lieber auf dem Lande kaufen, das bekäme man dort besser. Hierbei sei bemerkt, daß der Reisende in Sibirien gezwungen ist, alle Lebens mittel, die er unterwegs braucht, selbst mitzuführen. Auf den Poststationen bekommt man, außer heißem Teewasser, rein gar nichts zu kaufen. Das Wetter war herrlich, der Weg aber schlecht, es lag noch zu wenig Schnee; die langen Schlittenkufen verhinderten indes jedes Stoßen und Rütteln, deshalb war die Fahrt anfangs für mich wirklich ein großer Genuß. Leider muhten wir gleich auf der ersten Station den Schlitten aufgeben und einen Tarantas neh men. Der Tarantas ist ein langes Gefährt, zwischen den Vorder- und Hinterrädern ruht auf zwei federnden Stangen der Wagen mit der Sitzgelegenheit. Wenn die Stangen nicht zu stark sind, also gut federn, fährt es sich sehr gut darin. Der Aufenthalt war nur kurz, der Sohn des Posthalters, ein frischer Bursche von 19 Jahren, lenkte die Pserde so geschickt, daß wir trotz des schlechten Weges und der sausenden Fahrt, nur we nig von den Unebenheiten verspürten. Tobolsk ist von Tjumen fast 280 Kilometer entfernt, und wir hatten zwölfmaligen Pferde wechsel. Mein Polizist ging sehr sorgsam mit mir um, er hob mich so zart wie möglich jedesmal aus dem Wagen und führte mich be hutsam ins Haus, wo sofort Tee bereitet wurde. Gegen Abend ging der Vollmond auf, und die sonst sehr einförmige Landschaft erhielt durch sein geheimnisvolles Licht einen wunderbaren Reiz und zauberhaften Glanz. Wir hatten gegen Morgen etwa die Hälfte des Weges zurückgclegt^ da brach ein heftiger Schneesturm los, der uns zwang, wieder mit dem Schlitten zu fahren. Es fielen ungeheure Mengen Schnee, und ich hätte den Reisepelz jetzt dringend nötig gehabt, weil mein leichter Gehpelz, den ich in Riga getragen hatte, bei weitem nicht ausreichend dem Ein dringen des Schnees wehren konnte. Mein Wächter bemerkte es auch, daß ich nicht genügend geschützt war, er band seinen eigenen Baschlik los und wickelte ihn mir um Kopf und Brust. Auf den Stationen waren die Menschen alle sehr freund lich zu mir, obgleich ich doch in ihren Augen ein böser Verbrecher sein mußte. Ein altes Ehepaar nötigte mich sogar ins eigene Zimmer, fetzte mir Tee und frischgebackenen Kuchen vor, denn morgen sollte ein großer Feiertag sein. Die Leutchen hatten zwei Söhne an der Front und waren sehr in Sorge. Die letzte Nach richt hätten sie aus Warschau bekommen, nun wären ja neuer-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder