Künftig erscheinende Bücher. 273, 24. November 1908 Ein wichtiges Weihnachtsbuch! Anfang Dezember erscheint: Alt-Heidelberg und sein Schloß Kulturbilder aus dem Leben der Pfalzgrafen bei Rhein Von Dr. Wolfram Waldschmidt. Mit l 13 Nachbildungen alter Porträts, Kupfer und Holzschnitte 18 Bogen. Brosch. M. 5.—, geb. M. 6.50 Was die Akropolis von Athen für Griechenland, was die Alhambra für Spanien bedeutet, das ist das Heidelberger Schloß für Deutschland. Wie jene thront es hoch über der lärmenden Stadt, stolz recken seine rötlichen Türme die Häupter aus den grünen Wogen der Wälder, die zum Neckar niederrauschen, und blicken wie Könige in das Gewinkel der engen Straßenzllge zu ihren Füßen. Wie Akropolis und Alhambra, ist das Schloß von Generationen errichtet worden, Jahrhunderte fügten Edelstein um Edelstein in das Diadem, das die Granitstirne des Berges krönt. Wie jene ist es endlich barbarischer Kriegsverheerung zum Opfer gefallen, aber selbst im Tode spendet es neues Leben, denn Bäume und Sträucher wuchern mit frischen Trieben in seinen Gräben, Blumen nicken von den Wällen ins Tal, und die Lieder der Dichter umspinnen gleich einem Kranz von immergrünem Laub die altersgrauen Reste längst versunkener Zeiten. Wollen wir der Sprache seiner Mauern lauschen, müssen wir im Geist Stein um Stein wieder aufbauen und so seine wechselvollen Schicksale ergänzen, die es erlebte. Die Menschen, die in ihnen einhcrgingen, müssen uns wieder vor Augen stehen, ihre Leiden schaften, ihr Haß und ihre Liebe, ihres Lebens Glück und Anglück. And der Zeiten Geist im Humanismus, während der Reformation, des Dreißigjährigen Krieges und der Herr schaft des Absolutismus muß uus durch sie verständlich werden. Der Reichtum seiner Geschichte an menschlichen Charakteren und wichtigen Kulturströmungen ist überraschend groß, und es ist nicht zu viel behauptet, daß sich kein deutscher Fürstensitz mit dem Heidelberger Schloß niesten kann. Aber noch lebt die Vergangenheit in dem Bewußtsein seiner ungezählten Tausende von Besuchern nicht. Wer kennt die markigste Figur des deutschen Quattrocento Friedrich I., ein Herrscher von der Groß- zügigkeit der damaligen italienischen Tyrannen! Wer kennt Friedrich II., der in seiner Jugend eine Verkörperung edlen Rittertums, in seinem Alter ein fahrender Ritter der Landstraße war! And dann der Mediceer Ott Heinrich, der Erbauer des herrlichsten deutschen Renaissancebauwerkes! In diesem unförmlichen Fleischklumpen lebte ein edler Geist, und die Gestalten unserer kriegerischen Nationalhelden werden hinfällig vor dieser Begeisterung für das Schöne, vor diesem geistigen Leben inmitten einer Bücherwelt. Die Fürsten Heidelbergs bieten eine Musterkarte der deutschen Nationaltugenden und -schwächen, sie stehen hier in lebendig künstlerischer Schilderung, unterstützt durch authentische Bildnisse, aus ihren Gräbern auf und wirken init dem Reichtum ihres Erlebens wie ein Protest, daß das Schloß auch fernerhin der Poesie gehöre und daß nur das „Erinnern" dort walte. Bezugsbedingungen: Bis zum Erscheinen bestellt bar mit 40°/« Eugen Diederichs Verlag in Jena