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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.07.1844
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1844-07-26
- Erscheinungsdatum
- 26.07.1844
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- Deutsch
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2155 68 2156 gen, neben der Selbsterzeugung, auf die Weise vor sich, daß ein großartiger Verleger einzelne Zweige seines Verlages in bestimmten Richtungen, die ec gehörig ausgebeutet hat, ver äußert. Jede solche auf die eine oder andere Weise neuent standene Buchhandlung bewegt sich bald selbstständig mit größter Betriebsamkeit, und jede hält sich bald für die erste, wie Tschou-kang für die erste Stadt in der Welt. Es scheint nämlich, daß eine gewisse Eigenthümlichkcit des chi nesischen Charakters bei den Buchhändlern von Tschou-kang am schärfsten ausgeprägt ist. Die Chinesen nennen bekannt lich ihr Land Tschon-kue, das Reich der Milte; alle übri gen Völker der Erde erscheinen ihnen wie Bettler, die um sie berum lagern. So glaubt nun wieder Tschou-kang, trotz seiner südöstlichen Lage, die Mitte nicht nur von China, son dern von ganz Asien zu sein. Ein feiner und besonders patriotischer Buchhändler von Tschou-kang hat sogar auf schönem Reispapier in leuchtenden Farben eine Karte her ausgegeben, auf welcher durch zierliche Kreise und künstliche Berechnungen der Beweis geführt werden soll, daß seine geliebte Vaterstadt der Mittelpunkt des eigentlichen Asiens sei. Es ist leicht cinzusehen, daß solche Ueberzeugungen bei dem Tschou-kangcr Buchhandlungen ein hohes Selbstgefühl erwecken müssen, und dieses giebt ihnen für ihre zahlreichen Unternehmungen einen bewundernswürdigen Muth, durch welchen oft zum Erstaunen bedächtiger Leute ein außerordent licher Erfolg errungen wird. Sie kommen dadurch aber auch zu dem Glauben, daß es außer Tschou-kang gar kei nen, wenigstens keinen zeitgemäßen Buchhandel gebe. Des halb betrachten sie auch ein sonst werthvolles, aber außer halb Tschou-kang gedrucktes, Werk wie ein verlorenes Gut, das bei ihnen erst seinen Herrn und seine zeitgemäße Ge stalt zu erhalten habe. Ueberhaupt verhält sich der Buchhandel in Tschyu-kang zu dem übrigen, wie ein betriebsames wohlgeordnetes Fa- brikwescn zu den vereinzelten Bestrebungen von Gelehrten, Künstlern und Handwerkern. Wie diese von ihren Ent deckungen, Erfindungen und Verbesserungen gewöhnlich nicht den Gewinn zu ziehen wissen, den speculalive Köpfe hernach damit erzielen, so geht es auch der chinesischen Literatur im Verhältniß zu den Tschou-kanger Verlegern. Diese haben im mer die große Masse der Chinesen vor Augen, und wo ein Werk erscheint, das sich für wenigstens 10,000 Käufer aus einer fremden Sprache übersetzen oder aus der gelehrten (Kou-ouen) in die populäre Sprache (Hiang-tan) verarbei ten läßt, da sind sie dahinter her, entweder einer oder gleich mehrere. Doch geben sie nie zu, daß sie damit etwas nach ahmten, sondern die von ihnen ausgegangene Idee der populären Verbreitung scheint ihnen bei allen ihren Unter nehmungen so die Hauptsache, daß sie sich selbst wie die Urheber des Schi-king oder des Tschong-yong Vorkommen, wenn sie diese vor mehr als 2000 Jahren geschriebenen Bücher dem chinesischen Publicum in zeitgemäßer Ausstat tung zu wohlfeilen Preisen anbieten. Viele Gelehrte des ersten Grades (Sieut-sai) sind nun den Buchhändlern bei ihren Unternehmungen behülflich und längst gewohnt, ihr- Bestellungen in Tagelohn auszuführen. Die gewöhnliche Bezahlung ist 30 — 50 Candarins (1 fl. bis 1 fl. 45 kr.) für den Tag, wozu öfter noch Wohnung im Hause, zuweilen auch jährlich eine neue Jacke kommt. Die Thätigkeit der Buchhändler sucht freilich auch die be rühmten Namen der Gelehrten des zweiten Grades (Kiugin) und gar des dritten und höchsten (Tsin-sse) auf. Doch ver greifen sich bei diesen zuweilen die Tschou-kanger Verleger, und bestellen zum Beispiel bei einem Mandarinen des Hu-pu (hohem Finanzbeamten) ein Rechenbuch. Der Mandarin lacht über die Zumuthung, freut sich aber doch über die 50 Taels (etwa 180 fl.), die ihm für den Bogen geboten werden, und nimmt sich vor, bei dem nächsten großen wis senschaftlichen Werke sich von seinem Verleger ein ähnliches Honorar auszubedingen. So tragen die Tschou-kanger Ver leger viel dazu bei, auch bei solchen Unternehmungen, zu deren Ausführung sie nicht gelangen, und welche eigentlich dem Geiste Tschou-kangs fremd sind, die Honorare zu stei gern und erwerben sich dadurch ein Verdienst um die asia tischen Gelehrten. Denn natürlich beschränken sie sich mit ihren Anerbietungen und Aufforderungen nicht auf China allein. Ein Verleger in Tschou-kang bestellte z. B. bei einem berühmten englisch gebildeten Chemiker in Calcutta eine An leitung, Reisbrod zu backen. Der Chemiker war gegen die geboten 500 Rupien (etwa 560 fl.) nicht unempfindlich und versprach, das Buch zu schreiben. Da ec jedoch zu einer Schrift, die er Halle machen lassen ohne etwas davon zu verstehen, seinen Namen nicht geben wollte, so zerschlug sich leider der Handel, und es blieb ihm nur die Erfahrung, daß man für 3 bis 4 Bogen 500 Rupien Honorar bekom men könne. Doch hat der Chemiker diesen Vortheil noch nicht nutzen können, weil er keinen Verleger fand, der sich getraut hätte, von chemischen Untersuchungen 10000 Exem plare zu drucken und sie nach Verhältniß des Werkes über Reisbrod zu honoriren. Man kann hienach leicht ermessen, daß die Zahl ver wissenschaftlichen Werke, welche Tschou-kang liefert, nicht bedeutend sein kann. Dagegen wird neben der populären Literatur vorzüglich die schönwissenschastliche gepflegt. Nicht nur die Dichter und Romanschreiber aller fremden Natio nen werden von Tschou-kang aus in billigen Uebecsetzun- gen verbreitet, sondern auch die lebenden chinesischen Clas- siker und die Erben der verstorbenen finden in Tschou-kang den besten Markt. Denn hier werden die Verlagsrechte zu den höchsten Preisen gekauft, und doch dem Publicum die Bücher äußerst wohlfeil geliefert. In diesem Punkte erwer ben sich die dortigen Verleger durch ihren Muth und Un ternehmungsgeist die größten Verdienste und verpflichten sich die Schriftsteller sowohl als die Leser zu Dank. Denn wenn auch hiebei neben großem Lobe ein Tadel auszusprechen ist, so trifft er nicht die Verleger, sondern die Tschou-kanger Gelehrten des Grades Sieut-sai, welche oft ihr Tagelohn und ihre Jacke mit Sünden verdienen, wenn sie die An ordnung und Correctur der Werke chinesischer Classiker zu besorgen haben. Die Correctur pflegt so zu sein, daß man nicht eine gewöhnliche Nachlässigkeit, sondern irgend eine Absicht dabei vermuthen muß. Vielleicht, daß sie dem Le ser den Werth einer corrigirten Seite recht anschaulich ma chen wollen, indem sie die nächste ganz uncorrigirt lassen. Dagegen werden sinnentstellende Fehler mit musterhafter Treue bei allen Ausgaben wiederholt, und Verse, die ein-
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