Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.01.1916
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1916-01-24
- Erscheinungsdatum
- 24.01.1916
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19160124
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-191601249
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19160124
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1916
- Monat1916-01
- Tag1916-01-24
- Monat1916-01
- Jahr1916
-
-
-
-
-
77
-
78
-
461
-
462
-
463
-
464
-
465
-
466
-
467
-
468
-
469
-
470
-
471
-
472
-
473
-
474
-
475
-
476
-
79
-
80
-
-
-
-
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Redaktioneller Teil. 18, 24. Januar 1916. ganz abgesehen von den vielen deutschen, österreichischen und schweizer Technikern und Kausleuten — doch außer den moham medanischen Geistlichen, die allerdings die europäische Kultur mit verschwindenden Ausnahmen nicht gern sehen, eine ganz beträchtliche Zahl von Gebildeten, Paschas, Beys, höheren Beamten, reichen Kausleuten usw., die sich viel begieriger nach guter Literatur sehnen, als der Bewohner der Hauptstadt, der sie so bequem erreichen kann. Dazu kommen noch in allen den vielen Großstädten der Türkei, Smyrna, Damaskus, Behrut, Aleppo u. a., die vielen Tausende von Deutschen, Österreichern und Schweizern, die sich dort schon seit Jahren niedergelassen haben oder nach Beendigung dieses Kriegs eintrefsen werden. Sehen wir ein mal, aus welchen Bevölkerungskretsen sich diese Kolonie zu- sammensstzt. In erster Linie sind es die Vertreter der Zentral- Mächte mit ihrem Personal, die großen Importeure und Exporteure mit ihren vielen Angestellten, die Vertreter deut scher und österreichischer Maschinen- und anderer Fabriken, die Ingenieure und Techniker der Bahnbauten, Ärzte, Rechts anwälte, Bankbeamte, Gelehrte und Kolonisten, die Land be bauen. Auch zahlreiche Handwerker deutschen Ursprungs finden sich in allen Städten des nahen Ostens, und gerade hier kann man, nach dem, was ich gesehen habe, mit Recht sagen: Handwerk hat goldenen Boden. Sollten wirklich alle diese Tausende, deren Zahl nach dem Krieg noch bedeutend anschwellen wird, kein Ltteraturbedürfnis haben? Das glaube ich einfach nicht, und den Gegenbeweis kann ich leicht führen, da ich mich selbst vom Gegenteil überzeugen konnte. In meiner Eigenschaft als Leiter des Verlags der Diemerschen Buchhandlung in Kairo hatte ich u. a. auch die Kontrolle der zwölf Bahnhofsbuchhandlungen im ganzen Lande unter mir und konnte hier die Beobachtung machen, daß nicht nur das reisende Publikum Käufer war, sondern, und auf einigen Stationen sogar in erster Linie, die Einwohner der betr. Stadt und des Kreises, die sehr froh darüber waren, daß sie jetzt nicht mehr genötigt waren, nach' der Hauptstadt zu schreiben, sondern sich ihre Lektüre selbst an Ort und Stelle aussuchen konnten. Auf jeder der Stationen war eine ganze Anzahl von Abonnenten vorgemerkt, dis alle möglichen fran zösischen, englischen, deutschen, italienischen, arabischen und türkischen Zeitschriften und Zeitungen abonniert hatten und regelmäßig abholten. Die meisten hätten wohl darauf mit dem Lieblingswort des arabischen Orients: »Naloscb«: »Es macht nichts«, verzichtet, wenn sie die Bücher und Zeit schriften nicht an Ort und Stelle gefunden hätten. Was nun die Literatur der Frau des Orients, der ge bildeten Türkin und Araberin, betrifft, so ist es ja Wohl zum Teil richtig, daß gern die leichten 3 Br. 50-Romane und die 95 Osotimcs-Bibliothek gelesen werden, aber doch nicht als Regel. Ich habe im Gegenteil viele Töchter von Paschas und Behs gekannt, die nicht nur rein und akzentfrei franzö sisch und englisch sprachen, sondern auch nicht das geringste Verlangen nach der oben genannten seichten Lektüre hatten. Mit Vorlegen einer solchen hätte man sie für immer aus dem Laden vertreiben können. Nein, diese Damen wünschten gute französische (es gibt ja gottlob solche) und englische Romane, Reisebeschreibungen, Geschichtswerke, speziell über den Orient, geographische Werke, Werke über Kultur- und Kunstgeschichte, daß man nur staunen konnte. Und ich glaube nicht, daß diese Damen nur Ausnahmen gewesen sind, die die Regel bestätigen. Ich erinnere mich noch, daß eine neue, nicht lange vor Beginn des Kriegs erschienene französische Monatsschrift: »Science paar tous«, in der die neuesten Erfindungen der Technik usw. in populärer Weise beschrieben wurden, also gewiß keine leichte Lektüre, außerordentlichen Erfolg hatte, so daß täglich eine ganze Anzahl Abonnenten nur durch Vorlegen gewonnen wur de. Ich rede hier natürlich nicht von den französisch reden den Levantinern, sondern von den »besseren« Arabern und Türken. Eine jetzt leider meines Wissens eingegangene Monats schrift in türkischer Sprache, der »kcssimli Litad«, war textlich und illustrativ ganz auf der Höhe, brachte zeitgeschichtliche 78 Aufsätze, Besprechungen von technischen Neuigkeiten und hatte, besonders in Ägypten, Hunderte von Lesern. Die Gründung von Buchhandlungen in der Hauptstadt, die nur deutsche und türkische Literatur führen sollen, halte ich für ganz verfehlt und einseitig. Gerade dadurch, daß in den deutschen Buchhandlungen auf der ganzen Welt, wo sie immer sein mochten, die Literaturen ganz Europas ohne Unter schied der Nation zu finden waren, daß in diesen Buchhand lungen der Kunde, gleichviel ob deutscher, französischer, eng lischer Nation oder Eingeborener, in seiner Sprache an geredet und literarisch beraten wurde, ist der Ruhm des deutschen Buchhandels im ganzen Ausland begründet worden. Man soll nicht sagen können, daß die deutschen Buchhändler aus Haß, Neid und Mißgunst nach dem Krieg die Literatur ihrer jetzigen Feinde boykottieren. Auf einen solchen Boykott käme es, wenn auch unbeab sichtigt, heraus, wenn man in einer deutschen Buchhandlung in Konftantinopel die bedauernde Mitteilung bekäme: »Wir führen nur deutsche und türkische Bücher. Wenn Sie franzö sische oder englische Lektüre wünschen, so müssen Sie sich zum nächsten griechischen Buchhändler bemühen«, der unter dem pompösen Titel: »üibrairis internationale «t universelle, Lll^Iisd and Lineriean Loolrstore« seine seichten Produkte an den Mann bringt. Diese Auchbuchhändler, die in jeder Stadt des Orients zu finden sind, sind ein Krebsschaden für den reellen Buch handel. Wie sie es anfangen, ich weiß es nicht, aber solche Leute bringen es sogar fertig, das kalte Herz eines englischen Buchhandlungsreisenden zu rühren, daß seine Firma ihnen größeren Kredit gibt. Mehr als einmal erhielten wir von Londoner Verlagsfirmen Tratten auf derartige Firmen zum Einzug übersandt, und zwar in der Höhe bis zu 50 Pfund! Sehr erstaunt Waren dann die Businessmen an der Themse, wenn wir ihnen schrieben, daß die Tratten nicht das Papier wert seien, worauf sie geschrieben waren. In den Großstädten Smyrna, Damaskus, Aleppo, Alexan. drette, Bagdad, Behrut, wo große deutsche Kolonien bestehen, sind nur solche levantinische Buchhändler anzutreffen, die schon aus dem Grunde, weil sie außer der Landessprache nur das schauderhafte Levante-Französisch und etwas englisch sprechen, keine deutschen Bücher führen, so daß der Deutsche oder Deutschsprechende sich seinen literarischen Bedarf von der Landeshauptstadt kommen lassen muß, was Wochen in Anspruch nimmt. Damit soll natürlich nicht gesagt sein: Aus nach Smyrna und dort eine große Buchhandlung gründen! Auch hier kann man nur ruhig und ohne Überstürzung weiter kommen, wenn auch die Zeit nicht mehr fern sein dürfte, in der man in den großen Städten der Türkei eine gute Buch handlung ohne großes Risiko aufmachen kann. Für heute und morgen werden wir uns begnügen müssen, mit Übersetzungen guter deutscher Schriftsteller (wobei die dem Orientalen pein lichen Themata natürlich wegzübleiben hätten) besonders populärwissenschaftlicher kleinerer Ausgaben usw. zu kommen. Für energische Verleger ist hier immer noch Platz für Unter nehmungen, die in Deutschland schon lange existieren, aber dort noch nicht bekannt sind, wenn sie auch den Landes gebräuchen gemäß umgewandelt werden müßten. Zum Schluß noch ein Wort für den deutschen Buchhändler im Auslände. Der bequeme Spruch: »Bleibe im Lande und nähre dich redlich« wird gern auf ihn angewandt, und Leute, die außerhalb der Reichsgrenzen sich betätigen, werden allzuost als Abenteurer angesprochen. Und doch ist es für die Entwick lung des Reiches von großer Bedeutung, wenn gerade im Ausland ein Stamm von energischen tüchtigen Männern die Fahne der Wissenschaft hochhält. Sch. Feldgraue Weihnachten. IV. Obwohl der Gedanke eines zweiten Weihnachten im Felde die Stimmung meiner alten Leute anfangs etwas drückte, hat meine Landsturmkompagnie den Heiligen Abend schön und fröhlich gefeiert. Die Heimat hatte mir die Sorge für mehr als 250 Leute in groß-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Keine Volltexte in der Vorschau-Ansicht.
- Einzelseitenansicht
- Ansicht nach links drehen Ansicht nach rechts drehen Drehung zurücksetzen
- Ansicht vergrößern Ansicht verkleinern Vollansicht