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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.01.1916
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1916-01-29
- Erscheinungsdatum
- 29.01.1916
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- Deutsch
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23, 2g. Januar 1916. Redaktioneller Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. werden können, und die Unmöglichkeit, die Käufer zu orien tieren, so muß die Lage besonders schlimm werden. Jede Gesellschaftsform hat ja in einer Hinsicht den Geist befreit, in anderer Hinsicht ihn unterdrückt. Die Unterdrückung der gegenwärtigen Gesellschaft, da sie indirekt ist, wird nicht so bemerkt wie frühere Unterdrückungen. Man verbrennt heule weder Bücher noch Verfasser mehr; aber das ist heute eben nicht mehr nötig, weil das, was die Gesellschaft nicht will, eben von selber unbekannt bleibt. Aber es gibt einen Trost: kein Scheiterhaufen hat ein Buch oder einen Gedanken vernichtet; so wird das Gute auch heute nicht endgültig ver nichtet werden können; und so wird auch der Buchhandel endlich irgend einen Weg finden, aus den gegenwärtigen, immer unhaltbarer werdenden Zuständen herauszukommen. Feldgraue Weihnachten. XVI. Ein angenehmer Zufall wollte es, daß ich Weihnachten 1915 im Ruhequartier feiern durfte. Da wir schwere Regenwochen hinter uns hatten, in denen cs aller Kraftanstrengung bedurfte, um die Lehm gräben gangbar und verteidigungsfähig zu halten, so freuten wir uns doppelt auf die nahende Ablösungszeit. Am 21. Dezember rückten wir in unser Nuhequartier in M. ab, um alsbald mit den Vorbereitungen fürs Fest zu beginnen. Am Heiligen Abend hatte jede Korporal schaft den ihr überwiesenen heimatlichen Tannenbaum so gut es ging geschmückt und einen gemeinsamen Gabentisch hergerichtet. Alle die vielen Geschenke von den Lieben zu Haus wurden sorgfältig vor dem Platz eines jeden aufgeschichtet; dazu kamen die Sendungen des Noten Kreuzes und die der Kompagnie von Freunden und von Angehörigen gefallener Kompagniekameraden zugegangenen Geschenke. Als ich während der Zeit der Bescherung einen Nundgang durch die Quartiere machte, herrschte allenthalben frohe Weihnachtsstimmung: kein Wnndcr, denn auch die Bier-, Wein- und Tabakverhältnisse waren bank der Fürsorge des Bataillonskommandeurs glänzend -zu nennen. Die einzelnen Belegschaften hatten zusammen vierstimmige Weihnachts chöre eingeübt, die nun zu Gehör gebracht wurden. Auch einzelne requirierte Musikinstrumente trugen zur allgemeinen Unterhaltung bei und halfen die Wehmut des Gedenkens an die Lieben in der Heimat verbannen. Einen eigenartigen Eindruck machte auf mich die Bescherung einer Anzahl Nachbarkinder, die wir mit ihren Müttern ins Offiziers quartier geladen hatten. Da die Väter sich durchweg im Kriege be finden, soweit sie nicht schon gefallen oder seit vielen Monaten vermißt sind, so empfanden die Mütter es doppelt wohltuend, daß die »Bar baren« die Kleinen am Fest der Liebe teilnehmen ließen und ihnen kleine Geschenke znsteckten. Der Dank der Beteiligten kam denn auch unverhohlen zum Ausdruck. Unter den vielen Geschenken aus der Heimat befanden sich diesmal mehr Bücher als zu Weihnachten 1914. Daß Lesestoff immer willkommen ist, wurde schon oft betont. Leider scheint dieser Wunsch von den Daheimgebliebenen noch viel zu wenig be rücksichtigt zu werden: es wird daher durch die Tagespresse und durch Zeitungsanzeigen immer wieder darauf hingewiesen werden müssen, wie dankbar man draußen für ein gutes Buch ist. Viel geschieht nach dieser Richtung im allgemeinen von den Pfarrämtern, meist handelt es sich hierbei aber lediglich um religiöse Schriften und Blätter. Die allenthalben eingerichteten Felöbuchhandlungen erfreuen sich eines guten Zuspruchs; sie befinden sich aber durchweg in rückwärts gelegenen Städten, die der Frontsoldat nur selten besucht. Für sie kommen daher meist nur die Bataillonsmarketendereien in Betracht, die ihren Betrieb unmittelbar hinter der Gefechtsfront aufgeschlagen haben und die den ganzen Tag über von den kämpfenden Truppen um lagert sind. Einzelne schüchterne Versuche zur Einführung von Bü chern sind von diesen Marketendereicn wohl schon gemacht worden, doch fehlt es an der Kenntnis der Bezugsquellen. Paul Erpf, Leutn. u. Kompagnieführer i. e. Res.-Jnf.-Ncgt. XVII. Als wir die ersten Tages- bzw. Nachtmärsche auf serbischem Boden hinter uns hatten, wobei der Regen in Strömen auf uns herabfloß, die Stiefel im Morast stecken blieben, sodaß sie nur mit Mühe wieder herausgezogen werden konnten, und die zahlreichen Biwaks auf dem lehmigen Boden höchst unangenehm waren, da dachten wir mit Weh mut an das herannahende Weihnachtsfest und wie traurig es diesmal für uns werden würde. Doch das Vordringen in täglichen Eilmärschen in Feindesland ließ uns — fast möchte man sagen: Gott sei Dank — keine Zeit, weiter darüber nachzugrübeln. Wir erreichten K . . ., zogen über das Gebirge weiter nach N. . . . und waren anfangs Dezember in M . . . . Hier erreichte uns der Befehl, daß wir durch unsere Bundesgenossen abgelöst würden, und zurück ging es bis nach K .. ., wo wir in Nuhequartiere kamen. Das Kommando wechselte, und unser neuer Kompagnieführer konnte uns als eine seiner ersten Amts handlungen die frohe Kunde bringen, daß wir über Weihnachten in der nahen Stadt Kr . . . einquartiert werden würden. Und so war es auch. Wenige Tage vor dem Fest siedelten wir in die Stadt über, und unsere Gruppe fand in einem verlassenen Panjchaus ein leidlich sau beres Zimmer. So kam der 24. Dezember heran, und beim Nachmit tagsappell wurden wir von der Kompagnie aufgefordert, uns am Hei ligen Abend in einem der größeren Quartiere zur gemeinsamen Weih nachtsfeier einzufinden. Die kurzen Nachmittagsstunden wurden darauf verwendet, das einzige Nadelgehölz Kr.'s zu plündern, sodaß tags darauf von der k. u. k. Ortskommandantur ein biederer Bosniak mit aufge pflanztem Seitengewehr zur Wahrung der Interessen des serbischen Naturschutzvereins vor dem Park aufgestellt wurde. Unser Bedarf an Weihnachtsbäumen war jedenfalls gedeckt, und in sämtlichen Quartieren der Kompagnie prangten im Lichterschmuck nach echt deut scher Art die Christbäume. Die Feier begann um 5 Uhr mit einer er greifenden Ansprache unseres Kompagnieführers, dem Absingen von Weihnachtsliedern usw.; dann kam das Christkind in Gestalt unseres »Gefreiten vom Tag«. Unsere Freude war unbeschreiblich, als jeder Mann ein großes Paket erhielt, und mit Tränen im Auge dankten wir im stillen unseren lieben Schwestern und Brüdern in der Heimat, die mit solcher Aufopferung und rührenden Liebe unser am Balkan gedacht hatten. Dann ging's ans Auspacken. Das größte Interesse er regte — das neue, schneeweiße Hemd (war uns ein solches Kleidungs stück hier in Serbien doch fast zum Luxusartikel geworden), dann kam das »wertvolle Stück«, bestehend aus einem schönen Messer, einem guten Buch oder dergleichen. Hier geriet ich in berufliches Fahr wasser, denn ich begann sofort eine Rundreise durch das Festlokal, um die Büchergeschenke in Augenschein zu nehmen. Am meisten mar wieder Reclam, broschiert oder gebunden, vertreten, dann kamen Hendel, Schatzgräber, Hesse, Ullstein, christliche Schriften und Kalender. Zu meiner großen Freude tonnte ich feststellen, daß das Interesse an diesen Geschenken besonders groß war: ich habe an den folgenden (dienst freien) Weihnachts-Feiertagen viele Kameraden lesend angctroffen, nur wenige hatten von der Erlaubnis, in die Stadt zu gehen, Gebrauch gemacht. Gewiß ein günstiges Zeichen für den deutschen Buchhandel, da der Krieg das Interesse auch des kleinen Mannes am Buch ge hoben hat. Den Weihnachtsabend beschloß ein Abendessen, wobei unserer Gulaschkanone allerhöchstes Lob gebührte (es gab richtiggehenden Schweinebraten und Kartoffelpuffer), und ein geselliges Beisammen sein von Offizieren und Mannschaften unterm brennenden Christbaum. Jäger Kurt K n i p p e l. XVIII. Uber unfern Weihnachtsabend ließe sich viel schreiben; denn er verlief so stimmungsvoll, und war so reich an Eindrücken, daß wohl keiner von uns diese Stunden im einsamen zerschossenen Dörfchen C. bet Rheims vergessen wird. Aber ich bin, jetzt im Lazarett in L. liegend, noch sehr schwach, und nur schwer in der Lage, meine Gedanken zusammenzufassen, sodaß ich Sie bitten muß, mit wenigen kurzen Andeutungen zufrieden zu sein. Das Bataillon lag in vorderster Linie, dicht am Dorfe, unsere Kompagnie als Bataillons-Reserve 500 ra zurück im Dorfe selbst in Kellern und zerschossenen Häusern. Dadurch war es uns möglich, trotz der von abends 6 Uhr an befohlenen »erhöhten Gefechtsbereit schaft« einige Vorbereitungen für Herz und Magen zu treffen. Den einzelnen Quartieren waren Fichtenbäumchen geliefert wor den, die mit allerhand oft recht groteskem Schmuck behängen wurden. In unserm Raume — ich lag mit 7 Kameraden zusammen — hatten wir das Bäumchen, reichlich mit Silberfäden und Lichtern geschmückt, an der Decke über dem Tisch befestigt und darunter einen mit Lichtern besteckten Kranz angebracht, was ganz festlich wirkte. Als wir am Abend unter dieser blendenden Beleuchtung am reich mit allerlei schönen Gaben aus der Heimat bedeckten Tische saßen und die Becher, mit edlem Naß gefüllt, zusammenklangen im Gedenken an unsere Lieben daheim, in der Erinnerung an so manchen für immer geschie denen Freund, in der Freude, daß wir, die wir von Anfang an treu zu einander gehalten hatten, auch heute mit heiterm Scherz und ernstem Wort Weihnachten zusammen feiern konnten, da fühlte wohl jeder von uns, daß solche Stunden nie ver gessen werden. Draußen tiefste Stille der Nacht unter fun kelndem Sternenhimmel, kein Schuß fiel, nur ab und zu 103
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