Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.09.1862
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- 1862-09-29
- Erscheinungsdatum
- 29.09.1862
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.U 121, 29. September. Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 2029 der seinem Beruf mit Lust und Liebe angehört und dem es an ei- § genen Mitteln fehlt, aus die Selbständigkeit verzichten, da er auch als Gehilfe sein sicheres Auskommen finden würde. Durch Ab schaffung der s cond.-Sendungen den neuen Etablissements ent gegentreten zu wollen, heißt einem jungen Mann, der eben nicht das Glück hat, der Sohn reicher Eltern zu sein, jede Aussicht und Hoffnung auf den eigenen Herd abschneiden. Str. R. N. Zu dem Erkenntniß des k. bayerschen SLaatsraths in Nr. 118 d. Bl. Das vorerwähnte Schluß-Erkenntniß in der Nachdruckssache Stahel wider Korn wegen des von Letzterem geschehenen Ab druckes desAllgemeinendeutschenHandelsgesetzbuches ist von großem Interesse; das Autorrecht erfährt durch dasselbe eine Auslegung, der wir hier durchaus nicht etwa widersprechen wollen, zu welcher aber bis dahin wohl noch nie eine Veranlas sung vorlag. Diese Auslegung bildet zugleich den Cardinalpunkt der ganzen Streitfrage (die bekanntlich in den Vorinstanzen zu Gunsten Korn's entschieden wurde) und geht dahin: daß an dem Allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuch, solange dasselbe! noch nicht von der Bundesversammlung zum Gesetz erhoben worden, sondern nur der von der berufenen Eom-: Mission vorgelegte Entwurf war, die Mitglieder dieser Commis sion das Autorrecht besaßen (das sie eben an Stahel übertrugen), daß Stahel aber das auf ihn so übergegangene Verlagsrecht im Augenblicke verlor, wo jener Entwurf zum Gesetze wurde. Diese Deduktion ist, wie gesagt, neu, aber sie ist sicher ebenso scharf als richtig, wenn sie im ersten Augenblicke auch wohl über rascht und dem allgemein feststehenden Grundsätze zu widersprechen scheint, daß Gesetze so zu sagen Gemeingut sind und von Jeder mann vervielfältigt werden können. Das Gesetz zum Schutz der Erzeugnisse der Literatur rc. schützt eben Erzeugnisse der Wissenschaft; der von der genannten Commission gefertigte Entwurf des Handelsgesetzbuches ist nun aber sicher doch ein Er- zeugniß der Wissenschaft, ein sehr werthvolles, das vor vielen anderen literarischen Producten den, den Erzeugnissen der Wis senschaft zustchendcn Schutz des Gesetzes zu beanspruchen hat, an welchem ein Autorrecht und somit ein übertragbares Verlags recht vorhanden ist. In dem Augenblicke aber, wo der Entwurf Gesetz wird, hört er auf ein Erzeugniß der Wissenschaft insoweit zu sein, als er dann ein Ausflußder gesetzgebenden Gewalt des Staates geworden, und damit haben alle die Conscqucnzen ein Ende, welche dem vom Gesetze geschützten Erzeugnisse derWissenschaft (Autorrecht, Ver lagsrecht rc.) anhangen. Wir werden auf den Gegenstand wohl noch eingehender zu- rückkommcn. ^ Rechtfälle. Die Berliner Gerichts-Zeitung vom 18. d. Mts. berichtet folgende Verhandlung vor der zweiten Deputation des dortigen Stadtgerichts: Unter dem Titel „Vertraute Geschichte des preußischen Ho fes unddes preußischen Staates" vonArnim, ist im Verlage des Buchhändler Julius Abelsd orff hier ein Werk erschienen, welches von der Staatsanwaltschaft als ein partieller Nachdruck des von H o ffm a n n ck C am pc in Hamburg im Jahre 1851 herausgegebenen De. V e h se'schcnWerkes „Geschichte des preu ßischen HofcS, des preußischen Adels und der preußischen Diplo matie" incriminirc worden ist. Unter der Anklage dieses Nach drucks erschien gestern der Buchhändler Abclsdorff vor Gericht. Er bestritt vor allem, daß ein Nachdruck vorlicge. Sein gedach tes Werk sei, so sagte er, ein Ge schi ch ts werk; bei Werken die ser Art sei es überhaupt schwierig, einen Nachdruckzu constatiren, da dieQuellen derGeschichteJedermann zum beliebigenSchöpfen offen ständen, und da andere Autoren dieselben Quellen benutzen könnten als der vr. Vchse, dessen Werke nichts weiter sind, als eine Compilation von Thatsachen und Aufzeichnungen aus an dern Schriften und Büchern. Verfasser des incriminirtcn Wer kes sei der vr. Kretschmar in Leipzig. Diesem habe er, der An geklagte, unter Bezeichnung der gewünschten Materie den Auf trag zur Herstellung eines Original-Werkes gegeben und er habe sich in der Meinung befunden, daß Kretschmar ihm mit dem ihm übersandten Manuscript auch in der Thal eine Original-Ar- beit geliefert habe. Sei dies nicht der Fall, so sei er betrogen. — Der Präsident verlas ein Gutachten des literarischen Sachver- ständigen-Vereins. Letzterer hat sich entschieden dahin ausge sprochen, daß der größte Theil des Werkes partieller Nachdruck des bei Hoffmann ck Campe erschienenen Vehse'schen Buches sei. Dies ward auch in einem zweiten bei den Acten befindlichen Gut achten des Buchhändler Duncker bestätigt. Derselbe führte über hundertSeiten an, welche aus dem Vehse'schen Werke theils voll ständig abgeschrieben, theils ganz unerheblich geändert oder um schrieben waren. Der Staatsanwalt beantragte infolge dessen gegen den Angeklagten eine Geldbuße von 150 Thalern und die Consiscation des incriminirten Werkes.—Zur Vertretung ihrer Civilansprüche gegen den Angeklagten hatte die Buchhandlung Hoffmann L Campe, obwohl sie in ihrerDenunciation einen Ent schädigungs-Anspruch nichtgestellt hatte, den RechtsanwaltSim- son zum Termin gesandt. Es war dies, wenn wir nicht irren, das erste Mal, daß in einem Nachdrucksprozesse vor dem Crimi- nal-Gcrichtauch die Civil-Partei vertreten war. Jedenfalls brachte es nur die Neuheit dieser Situation mit sich, daß Hr. Simson als Civilvertrcter sich nicht damit begnügte, den Antrag zu stellen, daß den Herren Hoffmann L Campe im Erkenntnisse ihr Entschä- digungs'Anspruchausdrücklich v orbehaltenwerde, sondern daß er sich auch bis zu dem lediglich die Criminal-Seite der Sache berührenden weiteren Anträge »erstieg, die höchste zulässige Strafe gegen den Angeklagten zu erkennen. Der Staatsanwalt sowohl als der Vertheidiger des Angeklagten, der in literarischen und Preß-Angelegenheiten sehr wohlgelehrte und wohleinexercirte RechtsanwaltLewald, sahen in diesem Anträge eineUeberschrei- rung der Hrn. Simson als Civilvcrrreter zustchendcn Befugnisse und legten Protest dagegen ein. Im Ucbrigen gab Hr. Simson noch recht interessante Aufschlüsse über die Entstehung des vor liegenden Plagiats. So erklärte er namentlich, wie es komme, daß nicht der vr. Kretschmar, sondern „Arnim" als Verfasser des selben genannt sei. Er meinte nämlich, daß Abelsdorff durch den Gebrauch dieses Namens den Glauben im Publicum habe ver mehren wollen, der verstorbene Minister Heinrich v. Arnim sei der Verfasser, durch welche Annahme der Absatz allerdings ein voraussichtlich höherer geworden wäre. Außerdem aber behaup tete er, der Angeklagte Abelsdorff habe dem vr. Kretschmar selbst das Vehse'sche Werk zur Benutzung bei seiner Arbeit ausdrücklich zugestellt. Daß es nur auf Plagiat abgesehen gewesen sei, gehe am besten daraus hervor, daß Kretschmar, wie der vorliegende Vertrag ergebe, für seine G e sch i ch ts - Arbeit nur 3'^ Thaler pro Druckbogen erhalten habe. DasGcricht hatdahinerkannt, daß dcrAngeklagtcAbclsoorff des Nachdrucks schuldig zu erklären, mit 150 Thaler Geldbuße oder 3 Monaten Gefängniß zu belegen, das Krekschmar-Abelsdorff'- sche Werk in allen vorsindlichen Exemplaren zu vernichten, und dem Damnisicaten Buchhändler Julius Campe in Hamburg das Recht Vorbehalten sei, seine Schadenersatz-Ansprüche im Wege des Civilprozesses gegen den Angeklagten geltend zu machen.
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