Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.03.1847
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- 1847-03-12
- Erscheinungsdatum
- 12.03.1847
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264 zum Verkauf bestimmten Exemplare waren gestempelt, aber die Anzeige dieses Kalenders, das nicht zum Verkauf bestimmte Exemplar brauchte nicht gestempelt zu sein. Irgend ein Denunciant macht bei der hiesigen Hochlöblichen Steuer-Behörde die Anzeige, daß der ic. Körner „ungestempelte Kalender" zum Verkauf aus biete, und es erscheint bei ihm in Folge dieser Denunciation eine Commission, um Haussuchung wegen ungestempelter Kalender zu halten. Sie finden außer dem am Straßenfensterladcn aufgelcimten Exemplar kein einziges zum Verkauf bestimmtes, welches uicht den gesetzlichen Vorschriften genügt hätte. Es muß darauf der Fenster laden ausgchängt und ins Haus getragen werden. Nach vieler Mühe und vorsichtiger Behandlung gelingt es endlich, das festgeklebte Exem plar nach und nach loszumachen und zerrissen in zwei Stücken vom Laden abzulösen. Hier lag es mehr denn zu klar vor Augen, daß die ses angcklebte Exempl. kein für den „Ver kau f" bestimmtes gewesen war, denn wer möchte wohl einen Kalender kaufen, der trotz der vor sichtigsten Behandlung nur zerrissen sich wieder von dem Fenster laden hatte trennen lassen. Dennoch wurde dieses zerrissene Kalen derblatt consiscirt und ein Protokoll über den Verlauf ausgenommen und das vorpuü delicti demselben beigefügt. Die einschrcitende Behörde hat bei dieser Eonsiscation sich auf tz 28 des Gesetzes wegen der Stempelsteuer vom 7. März 1822 gestützt, welcher wörtlich lautet wie folgt: „Ungestempelte Kalender werden consiscirt, und der vierfache Betrag des tarifmäßigen Stempels als Strafe von dem Inhaber erhoben. Jedoch soll die Consiscation und Stempclstrafe nur auf Kalender angc- wendct werden, welche für das laufende oder ei» noch nicht angctretenes Jahr bestimmt sind." Das Gesetz ist allerdings sehr einfach, und klar ist gesagt, daß un gestempelte Kalender consiscirt rc. werden sollen. Wie aber fast ein jeder § des allgemeinen Landrechts und der übrigen gesetzlichen Verfü gungen, selbst wenn sie noch so klar und einfach waren, eine erläuternde Ministerial-Entschcidung haben erfahren müssen, so hat das neuere Stempelgesetz von 1822 für den § 28 eine declaratorische Verfügung in den Allerhöchsten gesetzlichen Bestimmungen von 1811 und 1816, welche wir Eingangs dieses anführten und welche keineswegs als aufge hoben zu betrachten sind. Wollte man nach englischer Sitte den Buch staben des Gesetzes, nicht den Geist desselben, gelten lassen, so würde z. B., dem § 28 zufolge, der durchreisende Weimacische Kaufmann, der während einiger Tage hier Geschäfte machen wollte, und der seinen in Weimar gekauften ungestempelten kleinen Brieftaschen-Kalender hier dem Blicke einesDenuncianten preisgäbe, genöthigt werden können, seinen Kalender als consiscirbare verbotene Waare abzugeben und den vierfachen Betrag der Stempelgebühren als Strafe zu erlegen; denn der §. 28 sagt schlechtweg „Jedermann." Aber auch hierfür fin det sich eine declaratorische Bestimmung in dem Rescript des Hohen Finanz-Ministerii vom 28. März 1843 (Minist.-Blalt für Verw. 1843, Seite 134), wo es heißt: „Wenn jedoch ein Reisender einen ein zelnen ausländischen Kalender, alszu seinem Reisegeräthegehörig, bei sich führt, so ist derselbe nicht der diesseitigen Stempelabgabe unterworfen " Das angeklebte Exemplar halte aufgehört Kalender zu sein; es hatte nicht nkehx den Zweck als Kalender, sondern als Anschlagezettel, als , bekanntmachendcs Blatt zu dienen, und war insofern nicht consiscir- bar, ebensowenig wie der Sortimentsbuchhändler Körner straffällig dadurch werden wird, daß ec dieses „P l ac at" wieviele andere an sei nen Laden affigirte. Ucbcr das Kolporteunvesen. In Nr> 10 des Berliner Organs ist dem Herrn A. Weinholz in Bezug auf den auch von uns mitgetheilten Artikel (Nr. 20) Fol gendes erwiedert worden: In No. 9 dieses Blattes las ich Ihren Aufsatz über das Colpor- teurwesen und rufe allerdings: „erlauben's, das ist Schwärmerei", bin ^ 21 aber genöthigt zu bemerken, daß jenes von Ihnen in Schutz genom mene Unwesen in der That so arg ist, wie cs im Allgemeinen geschil dert wird. Große, unübersteigliche Eoncurrenz scheint ein solches . Treiben dem Sortimenter nothwendig zu machen, denn nicht ein Jeder derselben kann sein Ehrgefühl so weit hintenansetzen, unser edles Ge schäft zu einem Hausirhandel herabzuwürdigen und vor den Augen der merkantilischen Welt an den Pranger zu stellen. Wohl habe ich in einigen Fällen über die Anmaßungen verschiedener Buchhändler gelacht, welche vorgeben, den unmittelbaren Beruf zu haben, auf das moralische und geistige Wohl des Volkes einzuwirken, und die das ge wonnene Geld nur als eine Zufälligkeit anführen, auf welche es gar nicht abgesehen war. Zu solchem Ideale, wie Sie Herr W., hatte sich aber Keiner emporgcschwungen, und auch die Colporteurs betrach tete Niemand als in dieser Weise wirkend, das aber „erlauben's, das ist Schwärmerei." Jetzt aber, um Alles in der Welt, haben Sie schon je in eines Exporteurs Mappe hineingeschaut? wissen Sie, was ein solches In dividuum vertreibt? glauben Sie denn wirklich, daß das geistige und sittliche Wohl der untern Klassen durch den Ankauf von Schriften ge fördert werde, welche größtenthcils aus sogenannten Sudelküchen her vorgingen ? Welch'Heil bringen denn die populär-medizinischen Schrif ten, die Gesunde krank, und Sieche noch kränker machen? welche gemeinnützliche Absicht haben die Schriften, welche mit Gewalt Lachen erregen und Bäuche erschüttern sollen? Nehmen Sie hierzu nochZoten- geschichten und die Wochen- und Monats-Lieferungen unserer meisten Journale, welche angepfropst sind mit Liebes- und Räubergeschichten, überdies an der Rebuswuth kränkeln, und Sie haben den Theil der Literatur, welcher das Hauptgeschäft der Colporteurs ausmacht. Oder dienen etwa die letzteren Artikel dazu, durch die Rebus zum Nachdenken aufzufordern? „Erlauben's, das ist Schwärmerei." Eine beherzigenswerthe Rüge aber muß ich gegen die Ansicht aussprechen, daß Sie meinen, viele Handwerker verlören, vermöge der dargebotenen Bücher, die Lust an der Lectüre der Enlbindungs- und Verlobungs-Anzeigen in den Zeitungen, sie strebten nach Höherem. Wissen Sie denn uicht, daß Sie dann jene Blätter beeinträchtigen, und zweitens, bedenken Sie denn nicht, daß in dieser theucrn Zeit, wo der arme Handwerker kaum die Mittel hat, seine Kleinen zu sätti gen, Sie denselben mit List zur Verschwendung verführen? O Herr W., Siegerathen auf Abwege, denn das Ecstere ist in dieser, das Anderein jener Welt strafbar, und wiederum, „erlauben's, das ist Schwärmerei." Aus dem vorhin von Ihnen geträumten Himmel reißen Sie mich aber durch die hausbackene Prosa, indem Sie wörtlich sagen: „aber die Buchhändler fragen im Allgemeinen nicht danach, ob das Werk den Lesern schadet (also doch eine Möglichkeit) oder nützt, wenn sie nur dabei verdienen, und es ist ihnen deswegen kein Vorwurf zu mache n." Es paßt dieser Satz so schön zu dem von Ihnen früher Geäußerten, daß mein Freund Buffey seinen Willem knuffend aus rief: „Grundsätze nennt man des." Ich selbst konnte Nichts darauf erwiedern, als: Allah ist groß. Schließlich aber möchte ich Ihnen zur Förderung und Ausdehnung des ehrenwerthen Eolportirens einen Wink geben, den Sie dreist der Oeffentlichkeit überliefern und anempfehlen mögen, vielleicht bringt er uns eine Dankadresse ein. In einer be nachbarten Provinz bezieht nämlich ein Exporteur die Dörfer mit ei nem Hundekarren, um aus purer Menschenfreundlichkeit und im In teresse der Wissenschaften den Bewohnern des platten Landes den Genuß einiger Producte, wie: „der Mensch und sein Geschlecht," „Mittel gegen Blähungen," Nachtseiten der Gesellschaft," „Kunst wahrzusagen" rc. darzubieten. Zur Vergrößerung des rühmlichen Ge winnes könnte man nebenbei noch in Lumpen und Glasscherben ma chen, was in Ansehung des ersten Artikels gar kein so übles Geschäft wäre. Das Bitterste dabei ist aber, daß man dem Rechte nach einen
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