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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 13.04.1847
- Strukturtyp
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- 1847-04-13
- Erscheinungsdatum
- 13.04.1847
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- Deutsch
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1847.) 41 N i ch t a in t l i Censur und freie Presse. Folgenden Artikel entnehmen wir den „Berlinischen Nachrichten" No. 76 vom 31. Mörz: So oft man in Deutschland die Stimme erhebt, um gegen die Präventiv-Maßregeln der Censur zu sprechen und auf ein Preßgesetz, d. h. auf einen gesetzlich geordneten Zustand der Presse und ihre Unter werfung unter die gewöhnlichen Gerichte bei allen Contraventionsfällen, anzutcagen, hört man von den Vertheidigern der Präventiv-Maßregeln, daß in Deutschland für alle gute Gedanken und deren angemessenen Ausdruck kein Hinderniß oder wohl gar Zwang bestehe, und daß im Gegentheil der Zwang und die Gewaltherrschaft der Parteien ein viel größeres Hinderniß für die Schriftsteller sei, als eine im väterli chen Sinne gehandhabte Censur. Hierbei waltet ein großer Jrrthum ob. Denn die Censur urtheilt in allen Ländern nicht über die Güte, oder die Schlechtigkeit eines Gedankens, sondern allein überfeine Zu lässigkeit unter den obwaltenden Umständen und an einem gewissen Orte; weshalb sie hier so und an einem andern Orte anders geübt wird, und, wenn man ihr Princip einmal anerkennt, auch geübt werden muß. Denn sobald man einem Censor überhaupt die Beurtheilung darüber gestattet, ob ein Aufsatz oder Gedanke zulässig sei; so folgt daraus nothwcndig, daß er Zeit, Ort und alle Verhältnisse genau erwä gen müsse, ehe er sein Imprimatur ertheilt, und daß die Klagen über versagte Druckerlaubniß an einem Orte und in einer bestimmten Zei tung für Dinge, die man anderswo und in andern Blättern zuläßt, völlig unbegründet sind. Aber dies Princip ist es eben, was wir der Censur bestreiten, weil sie nicht über „gut" und „schlecht", sondern allein über „zulässig" zu entscheiden hat. Wäre es nämlich möglich, daß eine Censurbehörde sogleich bei dem Erscheinen eines neuen Ge dankens die Spreu von dem Weizen sondern könnte, und den Lesern eine Bürgschaft böte, daß sie nur Gutes zu Gesichte bekämen, so wäre dies Institut das Köstlichste, was überhaupt für Staaten, was für die Menschheit sich denken ließe. Dem ist aber nicht also. Wie will ein jüngerer oder auch ein älterer Polizei- oder Verwaltungsbeamter sagen, dies ist gut, dies ist schlecht? Das kann man gerade bei den bedeu tendsten Erscheinungen erst dann, nachdem ein Wort Jahrhunderte lang in großen Kreisen nach allen Seiten hin gewirkt und sich Bahn gebrochen hat, und dann thut es kein Censor, sondern die Geschichte thut es und ihr Weltgericht! Aus dieser Darstellung erhellt aber zur Genüge, daß jede Censur ihren Zweck, die Abwehr alles Schlechten, verfehlen muß, weil sie es ja, wie Keiner von uns, überhaupt nicht kennt, und weil mit ihrem Urtheil über die Zulässigkeit sie dem Entge gengesetzten sogleich Raum gibt, dem Gedanken, daß sie Dingen den Zutritt versage, welche durchaus keine Gefahr gebracht haben würden. Außerdem jedoch verhindert sie die Bekämpfung des wirklich Schlechten durch die dazu Befähigten und läßt es vielleicht in der Stille um so tiefere und verderblichereWurzel schlagen, weil ja die verbotenen Früchte noch immer am meisten reizen. Ganz anders ist es, wenn ein Ge danke, eine Ansicht, sich sceiarbeiten und ihre ganze Kraft entfalten können, und da ist ihre erste Wirkung, daß sie die Ihrigen um sich sammeln, eine Partei begründen: diese ist nur das sich äußerlich dar stellende Leben des Gedankens. Indem wir daher die Partei sich nicht wollen gestalten lassen, schneiden wir dem Denken und seiner regelrech ten Wirkung das Leben an derWurzel ab: jederMann (und ein Mann ist der allein, der selbstständige Gedanken, der durch sie einen Charakter hat) aber muß sich seine Partei bilden, sonst ist er überhaupt ohne Ein fluß, und sein Denken und Handeln ohne Wirkung, ohne Träger und Stütze in der Welt. Was wäre ein Philosoph, ein Staatsmann, der keine Schule zu bilden im Stande ist? Mit demselben Augenblick aber, mit welchem das Leben eines Dinges, eines Staates namentlich, I cher Th eil. beginnt, sehen wir die Gegensätze hervortreten, die sich in diesem, als die berechtigten Elemente desselben, als seine Partei darstellen. Diese großartige und weite Ansicht des Staatslebens ist die allein weltgeschichtliche und eigentlich staatsmännische, weil sie die schöpfe rische ist; wogegen Beschäftigung mit bloßen Progressivmaßregeln und alleinige Beurtheilung über das Maaß der Zulässigkeit für eine doch nicht abzuhaltende Bewegung, niemals Staatsmänner zu bilden im Stande ist; denn nicht durch Hemmung vermag irgend jemand zu wirken, sondern wer es thut, vollbringt cs lediglich durch seine schas senden Gedanken. Daher sind wir der Meinung, daß derjenige Staat, welcher der Censur und den durch sie gegebenen Beschränkungen einen zu großen Werth, oder nur überhaupt einen Werth, beilegt, sich selbst den empfindlichsten Schaden zufügt, indem er seine Beamten auch zum Theil gewöhnt, mehr an repressive, als an produzirende Maß regeln zu denken, welche doch die einzig erfolgreichen sein können. Auch sind gewiß alle Einsichtigen in Preußen längst davon überzeugt, daß der Staat, wenn er freie Presse gewährt, ein schönes Zcugniß seiner inneren Kraft ablegt; denn er beweist damit der Welt, daß er dieKraft habe, sich schaffend entwickeln zu können, und daß er keinen Werth lege auf die jenigen Präventivmaßregeln, welche doch nur das Kleine und minder Bedeutende wegnehmen, großen Bewegungen aber nicht gewachsen sind; er beweist, daß er Männer besitzt, die sich selbst zu lenken vermögen und die allenfalls selbst beurtheilen, was dem Wohle des Ganzen nachtheilig ist. Zeige die Regierung allen Bürgern dieses wahrhafte Vertrauen, daß sie die Abwehr des Schlechten in ihre Hand legt, und sie wird sich sicherlich nicht getäuscht sehen: nothwendig ist dazu nur, daß Jeder den neuesten Ruf seines Königs richtig verstehe und sich zum lebendigen Glieds des Ganzen bilde; sobald dieses geschehen ist, hält Jeder von dem Staate, wie von seinem Hause, diejenigen Einflüsse ab, welche er als Verderben bringend erkannt hat, und welche die freie Presse nicht verstehen wird laut und öffentlich als solche zu bezeichnen. N e ch t s f a l l. Das Börsenblatt für 1844 enthält in Nr. 69 einen von mir mitgetheilten Rechtsfall, der durch Berufung noch drei weitere Ur- theile zur Folge hatte, die ich der Vollständigkeit wegen ebenfalls hier abdrucken zu lassen mich für verpflichtet erachte, obgleich das End- urtheil bereits vor anderthalb Jahren rechtskräftig geworden ist. Die Sache ist kurz diese. Es waren in Köln Rheinansichten erschienen, welche ich auf Grund deS § 15 des Gesetzes vom 11. Juni 1837 der Staatsbehörde als Nachdruck anzeigte, jedoch von vornherein auf eine Civil-Entschädigung verzichtete, weil es mir nur um Fest stellung des Grundsatzes zu thun war. Der Sachverständigen-Verein in Berlin erklärte die Bilder für Nachdruck, der beschuldigte Verleger jedoch behauptete, sein verstorbener Bruder habe die Bilder gezeichnet und gestochen, ec habe nicht anders gewußt, als daß sein Bruder die Stiche nach Original-Aufnahmen gemacht habe, da aber nach tz 13 des angef. Gesetzes nur derjenige straffällig sei, der wissentlich Nachdruck verkaufe, dieser Fall aber bei ihm nicht vorliege, so trage ec auf Freisprechung au. Das Zuchtpo lizei-Gerich t ging auf diese Ansicht ein, ver- ordnete zwar die Vernichtung der Platten und Abdrücke, sprach aber im klebrigen den Beschuldigten von aller Strafe frei. Der Staats-Anwalt legte gegen dieses Urtheil Berufung ein. Die correctionelle Appellkammer des Landgerichts erwog: daß Appellat geständlich die Bilder debitirt habe, daß nach dem Gutachten des artistischen Sachverständigen-Vereins fcststehe, daß dieselben unerlaubte Nachbildungen der von Bädeker herausgegebenen Blätter seien, 59*
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