8>schrinl jeden Tienst-ig u. Freitag; während der Buchhändler, Messe zu Ostern täglich. für den Deutschen Buch Hand und di? mit ihm verwandten Geschäftszweige. Alle Zusendungen für da- Börsenblatt sind an die Redaktion zu richten. Eigenthum des BörsenvereinS der Deutschen Buchhändler. 47. Leipzig, Freitag am 14. Mm. 1847. Amtlicher T h e i l. Verhandlungen der zweiten Generalversammlung des Börsenvereins am 5. Mai 1847. Der Vorsteher ernannte zu Ordnern die Herren H immer, Visweg und Gräfe und fuhr dann fort: Auf der heutigen Tages ordnung steht zuvörderst der Vortrag des Herrn Borrosch über die Frag-: „wie können sich deutsche Buch- und Kunsthändler an National denkmalen des Herzens für Schriftsteller und Künstler auf's Zweckdienlichste betheiligen?" Borro sch: Ich erlaube mir, eine bei dem löblichen Börsenvorstande bereits in der verflossenen Jubilate-Messe privatim eingelegte, diesmal neuerdings vergebens vorgebcachte Warnung, bevor ich zu meinem Vortrage schreite, hier öffentlich zu Protokolle zu bringen, indem ich hoffe, daß meine wohlgemeinten Worte wenigstens für die nächste Cantate-Versammlung den gewünschten Erfolg haben werden. Es ist nämlich die im Börfenstatute ganz einfach vorgeschriebene Protokollführung bezüglich unserer Generalversammlungen seil der vorjährigen Jubilate-Messe statt in der für den Zweck vollkommen genügenden geschichtlichen Form, wie sie früher Statt fand, nunmehr in der allerstrengsten Form beliebt worden, welche bei keinem Privat-Vereine und nicht einmal in den Commissions-Sitzungen des BörsenvereinS üblich ist. Eine stenographische Protokollführung tödtet aber den freien Geist durch den Buchstaben und tauscht für den Kern die Schale ein, was für jeden Unbefangenen leicht zu erweisen ist. 1) Wir sind keine Abgeordneten, welche ihren Vollmachtgebern Rechenschaft über jedes entfallene Wort geben sollen; die General- Versammlung als solche vertritt vielmehr nur sich selber. 2) Mit Vermeidung jeder Ostentalion sollen wir zur Wahrung unserer gemeinschaftlichen Standes- und Geschäfts-Interessen nie mals unseren öffentlichen Berathungen den Charakter einer vertraulichen Besprechung rauben, wie sie für Collegen sich ziemt. Wie kann aber da von Unbefangenheit die Rede sein, wo ein paar Schnellschreiber sich abmühen, keinem Worte die Freistätte des Vergessenwecdens zu ver gönnen, welches Letztere doch oft für die Sprechenden, wie für die Versammlung, gleich sehr ersprießlich sein dürfte. 3) Während Mancher durch den Anreiz, seine Aeußerungen Wort für Wort gedruckt zu lesen, sich vielleicht verleiten läßt, öfter und mehr zu reden, als er außerdem sich würde veranlaßt gefunden haben, wird 4) Anderen ein moralisches Vorlegeschloß vor den Mund gelegt, indem sie bei mangelnder Redcgabe sich nun doppelt eingeschüchtert fühlen. Hierdurch können wir aber manches weisen Rathschlages, der allen Anderen eben nicht beisiel, verlustig gehen. 5) Wie stehen nicht auf gleichem Rechlsboden, worauf doch alle Theilnehmer dieser General-Versammlungen den vollsten Anspruch haben. Während der Eine unbedenklich sagen kann, was den Andern vielleicht verantwortlich macht, weil sie Unterlhanen verschiedener Staaten sind, kann es sich leicht fügen, daß im augenblicklichen Eifer, der ja eben ein Kennzeichen für den Gemeinsinn ist, ein ganz unschuldig gemein tes, aber dennoch übel auslegbares Wort entschlüpft. Wollen wir also Stenographen als Wortfänger, das Börsenblatt aber als Änklagc- protokoll aufstellen? 6) Beharren Sie jedoch darauf, so wird sich binnen Kurzem die Debatte zwischen wenigen in vorhinein an den Fingern herzählbaren Sprechern hin und her bewegen. Es wird dann dahin kommen, daß man keine der augenblicklichen schönen Begeisterung entquellenden Worte, sondern nur wohl vorbedachte Redesätze vernehmen wird; mehr Reife des Urtheiles wird uns deshalb kaum zu benutzen vergönnt werden, jeden falls aber ein nur geringer Gewinn sein, welcher den unersetzlichen Verlust an unmittelbaren Gemüths-Eingebungen und collegialischer Herz lichkeit nicht entfernt aufzuwiegen vermag, denn 7) Je mehr Formen, desto mehr Rollenspielerei, wozu wir nicht Zusammenkommen, daher ich auch den einzigen gegen meineBemer- kungen festgehaltenen Einwand, daß nämlich dem Protokolle dadurch ein gewissermaßen dramatisches Interesse verliehen werde, als ein vielmehr unziemliches Uns-Herleihen-Sollen für die Würze der Börsenblatts-Lectüre zum Vergnügen unserer nicht anwesenden Collegen bezeichnen muß. Vierzehnter Jahrgang. 87