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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.05.1916
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1916-05-06
- Erscheinungsdatum
- 06.05.1916
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- Deutsch
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Redaktioneller Teu. .k 104. 6. Mai 1916. schickt - ich selber erhielt 7 Paar Pulswärmer und 11 Paar Fausthandschuhe - , sondern auch einmal ein Buch beigesügt. In tausend Licbesgaben-Pakeien war kein einziges Buch. Ich per sönlich erhielt einmal e i n Buch aus dem Insel-Verlag (drei poli tische Schriften von Friedrich dem Großen), abgesehen von ver schiedenen Sendungen, die der Krebs seinen Mitgliedern machte. Es ist ja richtig, daß Millionen von Büchern ins Feld geschafft worden sind. Wo sind diese Bücher geblieben? In den Städten! In Brüssel, Gent. Ostende. Antwerpen. Korlryk, Meonen nsw. sind große, reichhaltige Soldaten-Büchereien, auch die Lazarette scheinen genügend Lesestoff zu besitzen, aber die über das ganze Land verstreuten Einzel-Kommandos, kleineren Wachen und Spcrrposten leiden bittere Not. Und das ist sehr bedauerlich, denn ein gutes, interessantes Buch fesselt den Soldaten an sein Quar tier. Er sucht keine Betäubung und Zerstreuung in Schnaps und Spiel, tändelt nicht mit Weibern umher, sondern bleibt daheim und spart seine paar Groschen. Auch scheint man ganz vergessen zu haben, daß der Krieg nunmehr schon säst 1A Jahr dauert und nach Kriegsbegriffen reichhaltige Büchereien ausgeiesen sind. Das Soldatenheim in Korlryk besitzt eine Bibliothek von etwa 890 Bänden. Ganz nett scheinbar. Wenn man aber genauer hin schaut. so ergibt sich, daß von den 600 Bänden nur etwa die Hälfte gelesen werden; der übrige Teil ist Schund oder besteht aus alten Kursbüchern, Traktätchen, zerrissenen Schulbüchern. »Wie ver schaffe ich mir eine gute Büste,! und italienisch-amerikanischen Buchführungen. Es ist unglaublich, welcher Mist hervorgeholt und ins Feld gesandt worden ist! Ferner darf man nicht übersehen, daß ein großer Prozentsatz der Bücher zerrissen, unvollständig ge worden und auf Wachen, in den Quartieren, in den Unterständen und Schützengräben liegen geblieben ist. Mein Notschrei nach neuer geistiger Nahrung verhallte wirkungslos. An das Börsen blatt mochte ich mich aus naheliegenden Gründen nicht wenden; auf meine Zuschriften an heimatliche Zeitringen erhielt ich Sic Antwort: Wir müßten erst die ministerielle Erlaubnis zum Ab druck einholen; da dieses sehr umständlich ist. haben wir Ihr Schreiben dem Roten Kreuz überwiesen. Und das Rote Kreitz ließ nichts mehr von sich hören, wahrscheinlich, weil die Bücher- vorrätc zu Ende waren. Und wie ungern entschließt man sich in der Heimat, neue Bücher in den Buchhandlungen zu kaufen ! Soviel ist jedenfalls sicher, daß ein großer Teil unserer Etap pentruppen ohne Lesestoff ist. Jetzt, wo der Frühling begonnen Hat. tritt dieser Mangel natürlich weniger in die Erscheinung, sollte sich aber der Krieg, was Gott verhüten möge, in den Winter hinein ausdehnen, so sind ganz gewaltige Anstrengungen nötig, um genügend Bücher zu sammeln und ins Feld zu senden. Hof fentlich entspricht die Reichsbnchwoche den großen Erwartungen, die Buchhändler und Feldgraue an sie knüpfen. Welche Bücher werden nun von unseren Soldaten mit Vor liebe gelesen? Wie ein modern ausgetakeltes Frauenzimmer un seren Leuten widerwärtig ist. genau so widerwärtig ist ihnen jener Gesellschaft?- und Sittenroman, der unsere moderne Kultur widerspiegeln soll und auf jeder Seite von Ehebruch, perversen Neigungen, Spielhöllen, Duellen und sonstigen Abnormitäten handelt. Tatsächlich sind ihnen vielfach die alten Sachen weit lieber. Philipp Galens Strandvogt von Jasmund ist von meiner Brückenwache förmlich verschlungen worden. Und ist dies etwa kein erfreuliches Zeichen eines gesunden Geschmacks? Spricht hieraus nicht die Anhänglichkeit an die heimatliche-Scholle, die Liebe zur Naiur, die Lust, von heldenmütigen Taten zu hören und großen Gefahren zu trotzen? Von Hand zu Hand gingen ferner Mngges Asrajn, Seidels Lebcrechl Hühnchen. Alexis, Fontane, Frcytag, Auerbach. Gotthels, Sealsfield, Herzog, Enking. Briuckman. Kasper Ohm, Kröger. Gerstäcker usw. Ach und wie dankbar waren meine Leute, wenn ich ihnen ab und zu während der JnstruktionSstunde etwas vorlas! Einmal, es war Ende Januar und das von Upern herliberschallende Ge- schützseuer schier ohrenbetäubend, las ich ihnen aus den Denk würdigkeiten des Kriegsministers Grafen von Roon das Ende, die letzte Wegzehrung und den Besuch des Königs vor. Als ich mit den Worten des Königs endete: »Dort oben sehen wir uns wieder. Grüßen Sie die alten Kriegskameraden! Sie finden 548 Viele!, merkte ich. wie erschütternd diese Episode ans sie gewirkt hatte. Vizescldwebel Ahlschier. im Felde. Von Büchern im Felde. Eine Reichsbuchwoche! Schickt Bücher ins Feld! Das Ver langen nach Lescstoss ist draußen wieder einmal übermächtig ge worden. und laui tönt vom Felde nach der Heimat der Rus nach dem Buche. Solange die Truppen in Bewegung sind, wie zu Beginn des Krieges, solange sie an Verteidigungs- oder Angriffsschiachlen ieilnehmen, solange haben sie keinerlei liierarisches Bedürfnis. Der ungeheuren Anstrengung solgl unmiltelbnr und unabweis bar die Rotwendigkeil völliger, körperlicher wie geistiger Ruhe. Sind sie aber im Schützengraben gelandet, dann regt sich zunächst der Wunsch nach ausführlicheren Nachrichten aus der Heimat, nach der Zeitung. Im Anfang ist noch alles zu neu und unge wohnt, zu anstrengend für den Körper, um mehr zu verlangen. Tann meldet sich das Bedürfnis nach leichter, fesselnder Lektüre. Aber dabei bleibt es nicht. Wie die Tätigkeit vor dem Feinde, wie die Verteilung der Ruhezeilen geregelter wird, so wächst auch die innere Ruhe. Man gewöhnt sich an alles. Man ver- schläft den ungeheuren Lärm eines Feuerüverfalls im Unter- ! stunde. Man findet trotz aller äußeren Hemmnisse auch den Trieb und die geistige Kraft wieder, mi! ernsthaften Büchern sich einsthaft abzugcben. Allmählich wird der Wunsch und der Ruf nach dem Buche immer lauter und dringender. Uns muß es eine liebe Pflicht sein, hier helfend und fördernd einzugreisen. Schickt Bücher ins Feld! Vor mir liegen die Briefe eines jungen Soldaten aus dem Felde an seinen Vater zuhause. Er steht, nachdem er im April und Mai vorigen Jahres an der Schlacht bei Upern teiigenommen hatte, bald hier, bald da im westlichen Flandern dem Feinde im Schützengraben gegenüber. Diese Briese sind in den Teilen, die sich mit Lektüre befassen, ein Schulbeispiel für die Ent wicklung der geistigen Bedürfnisse unserer Soldaten im Felde. Ihr kurzer und frischer Ton hat mir gesotten. Ich habe mir die Erlaubnis erwirkt, sic auszugsweise zu benutzen: 26. 5. 15. Noch einen Wunsch habe ich. Schickt mir. bitte, die Zei tungen. in denen Wichtiges drin stetst. Was man hier erfährt und erzählen hört, ist dürftig und ungenau. 3. 6. lö. Für die Berliner Zeitungen herzlichen Dank. Sie bringen mir. wenn auch 4 Tage alt, doch die neuesten Nachrichten. 7. 6. 15. Hier im Schloß habe» wir Gelegenheit, uns auch etwas mit geistiger Speise zu füttern. Es sind nämlich sämtliche Scottschen Romane vorhanden — in französischer Übersetzung. II. 8. 15. Man hat draußen so recht nicht Lust und Stimmung zum Brief- oder Karlenschreiben, eher schon zum »Karl Mah-Ro- manlesen«. Ich wäre Vätern in der Tat sehr dankbar, wenn er uns ein paar antiquarische Karl Mah-Romane raussenden würde. lg. 8. 15. Das interessante Buch von Evertlst) gestern abend er halten. Es wird in den nächsten Tagen mit Randglossen ver sehen wieder heimwandern. 22. 8. 15. Gestern . . . kam der Karl May-Roman an — ach nein, cs ist ja ein ganz frommer, vaterländischer Roman von .Herrn W. Häring?) Aber das schadet nichts, lieber Alter, Wenn s auch kein Karl May ist, schicke nur. >vas Du für gut hältst. Doch will ich noch einiges bemerken: Ich habe nicht so leicht hin mir mal Karl May gewünscht. Ich habe vielmehr meinen Grund gehabt. Hier draußen, wo man fast ausschließlich kör- 'i Erich E v e r t h : Von der Lecle des Loldalen im Felde siena: Engen Tiederichs 181s. -> Willibald Alexis.
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