Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.03.1932
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gewöhnt. Das; cs nicht mehr die Handschrift des Dichters selbst ist, die nns gcgenübertritt, sondern das; die Maschine zwischen Autor und Leser eingeschaltet wurde, — es ist für uns heute längst eine Selbstverständlichkeit, und nur der Unterschied »Privatdruck« und »Volksausgabe« bezeichnen etwa die Grenzen der Vervielfältigung, die hier durch die Maschine vorgcnonunen wird. Aber zum Beispiel hat sich der Kunstdruck, der die Meisterwerke der Malerei großen Kreisen von Menschen durch technische Hilfsmittel zugänglich macht, nicht nur Freunde, sondern auch Gegner gefallen lassen müssen! Und doch, von wie großer volkserzieherischcr Bedeutung sind diese Vervielfältigungen geworden. Es liegt durchaus im Willen unserer Zeit, die Kulturwertc möglichst allen Menschen zugänglich zu machen, und es liegt auch im Willen der Künstler, von möglichst vielen gelesen, gesehen, gehört zu werden. Dieser Wille ist rein idealistisch. Und so ist auch der Wille, im Rundfunk ein neues großzügiges Vcrbreitungsmittel unserer Kulturwerte und geistigen Schätze zu erkennen und auszuwcrten ein idealistischer! Es wäre dankbarer und leichter gewesen, die draht lose Welle zu einem reinen Unterhaltungsmittcl zu machen, von beiden Seiten wären ihr weniger Widerstände begegnet: aber das; der Rundfunk glaubte, sich höhere Ziele zu stecken, das hat man ihm anfangs recht übelgenommen! Und doch, wie könnten wir als Künstler oder Männer der Wissenschaft, des praktischen und geistigen Lebens, an einer Sache Mitarbeiten, ohne ein höheres Ziel vor Augen zu haben? Da, wo das Problem Rundfunk ansängt problematisch zu werden, wird cs uns ja erst interessant und erfordert unsere ganze Mitarbeit. Als vor acht Jahren der Rundfunk seine ersten Sendungen begann und dem damals kleinen Häuflein interessierter Bastler einige Stunden »Unterhaltung und Belehrung« ins Haus funkte, hat wohl niemand geahnt, zu welcher Weltmacht sich diese harmlose technische Spielerei in kurzer Zeit entwickeln würde. Aber schon damals wurden in den deutschen Sendestellen die Grundlagen des heutigen Nundfunkprogramms geschaffen, die aus dem Geiste eines verantwortungsbewußten Idealismus über die Unterhaltung hinaus diese technische Errungenschaft in die Aufgaben der Volksbildung, Volkserziehung und der Pflege und Hilfe der Kunst und Kultur hineindrängtc. Aus diesem Gesichtspunkt heraus ist die ganze Entwicklung des Rundfunks zu verstehen, seine so oft angegriffene und mißdeutete Uberparteilichkeit und auch das Übergewicht seines Programms hinsichtlich künstlerischer und populärwissenschaftlicher Darbietungen. Aus der Eigenart des Rundfunks als einer in weiteste Kreise dringenden Stimme ist auch sein Programm zu verstehen, Las selbstverständlich ganz anders gesehen und gewertet sein will, als das einer Institution, die sich an bestimmte, fest um grenzte Hörer g r n p p c n richtet. Die Aufgabe, alle Schichten und Klassen zw umfassen, allen Menschen ohne Unterschied etwas Positives zu bringen, wäre nach dem Worte des Goetheschen Theater direktors: »Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen«, leicht zu lösen, wenn nicht, wie ich eben sagte, ein Verantwortungsbewußt- sein uns daran hinderte, eben nur »Vieles« zu bringen. Tatsächlich sind ja die Geschmacksnnterschiede der Menschen so außerordentlich, das; es fast kaum möglich erscheint, da eine Brücke zu schlagen. Und so zwingt die Reichweite des Rundfunks zur Vermeidung jeder Einseitigkeit und Spezialisierung! Also cs darf trotz bestem ethischen Wollen nicht allein die hohe Kunst berücksichtigt werden, die ge troffene Auslese darf nicht Werte ausschließen, die zwar nicht in das Allerhciligste gehören, dennoch ein Tagesbedarf zahlloser Men schen sind. Der Rundfunk, der aus breitesten Hörerschichten ruht, kann nicht einseitige Tendenzen verfolgen, er muß das große Ganze, er muß die breiteste Allgemeinheit im Auge behalten und sich so cinrichten, das; er wirklich ein Freund sowohl des geistig Anspruchs vollen wie des geistig Armen wird. Sic werden mir zugeben, daß dies eine schwere, dornenvolle Aufgabe ist, und ich weiß nicht, ob eine solche Aufgabe jemals restlos gemeistert werden kann, zumal ja die technische Weiterentwicklung und die veränderten Situationen des Lebens täglich neue, andere Aufgaben auch an das Programm des Rundfunks stellen. Grundsätzlich ist damit jedenfalls beim Rundfunk eine andere Einstellung notwendig wie beispielsweise beim Theater, bei musikalischen Unternehmungen, bei Volkshochschulen und so weiter! Die breite Basis der Hörer verlangt ein verbreitertes Programm, ein Programm, das den Faktor »Unterhaltung« stark mit in Rechnung zieht, aber auch den Faktor »Laienkunst«. Hier liegt meiner Ansicht nach das Schwergewicht des Rundfunkprogramms nach der anderen Seite hin, und hier entstehen dem Rundfunk Auf gaben, die ihn ebenso zum Volkserzieher machen wie zum Vermittler der großen Kunst. Ich meine das Gebiet der Volksmusik, der Chor musik, der Hausmusik, der Jugendspielmusik und ähnliches, also der Kunst, die von Laien ansgcllbt wird und in der fast mehr noch als in der Pflege der anerkannten großen Kunst wirkliches, unmittelbares, künstlerisches und auch schöpferisches Leben 168 spürbar ist. Die große Kunstbetriebsamkeit des 19. und 2V. Jahr hunderts hat uns vielleicht allzu einseitig auf die Pflege der großen überzeitlichen Meisterwerke hingelenkt, ohne das; wir immer den Kontakt mit den Urquellen aller Kunst festhieltcn, die ja immer im Volke selbst, ans seinem primitiven Sclbstmusizieren und Selbst gestalten hcrausspringen. Die gegenwärtige, völlig unpopuläre Haltung der Kunstmusik, die in aller Deutlichkeit von der Mehrheit selbst der geistigen Menschen abgelchnt wird, bezeichnet die ent standene Kluft zwischen einer Kunst, die sich ins Künstliche hincin- steigcrte und den Boden der Natürlichkeit verlor — und einer eigene Wege gehenden Volkskunst, die dann allerdings auch wieder durch die mondäne Fabrikware, den rhythmisch-primitiven und daher durchschlagenden Jazz, überwuchert worden ist. Solche Modeerschei nungen hat es zu allen Zeiten gegeben und wir brauchen deshalb nicht um den Bestand der Musik oder des musikalischen Schöpfer tums zu bangen: tragischer als die Schlagersabrikation ist, wie ge sagt, die Abivegigkeit und Volksfremdhcit der ernst zu nehmenden Knnstmusik, die heute fast jede Beziehung zum Volkhaften preis- gegeben hat und die darum uns die Werke vorcnthält, die unsere Zeit braucht, sodas; die ernste Kunstpflege in der Hauptsache doch auf die Kulturgüter der Vergangenheit angewiesen ist. Wenn nun der Rundfunk als der große Zusammenfasser und Znsammenraffer sowohl der hohen wie der kleinen Kunst vielleicht dazu führt, daß ein verloren gegangener Kontakt zwischen Kunst und Volk wieder hcrgestellt wird, wenn er beide, den abseits gehen den modernen Schaffenden und den ebenso eigene Wege gehenden Laien wieder einander nähert, so hat er schon ein segensreiches Werk getan. Und so kann die ihm aus Notwendigkeit gestellte Ausgabe, sich besonders auch der Laienkunst anzunehmen, eine Tugend wer den, wenn ans der Berührung beider Pole im Rundfunk gegen seitige Kenntnis und Anregung erwächst. Ich möchte Ihnen verraten, das; der Rundfunk längst ans dem Wege ist, hier eine Verbindung zu schlagen, insofern als er ja nicht wahllos das eine oder andere übernimmt, sondern in beiden Fällen bewußte Kunstpolitik treibt. Wie ich schon vorhin angedeutct habe, könnte cs sich die Sendeleitung leicht machen, wenn sie ihr Programm als ein wahlloses Vielerlei auf die Hörer losließe, und dem oberfläch lichen Betrachter möchte es vielleicht so scheinen, als ob hier die Wahllvsigkeit zur Methode erhoben ist: der schärfer Beobachtende wird aber in dem auf den ersten Blick kunterbunt anmutenden Pro gramm dennoch die »Linie«, die »Führung« und so auch das Per sönliche der jeweiligen Sendelcitung herausfinden. Nur ist diese Linie nicht vertikal — also aus einem Tagesprogramm hinter einander gesehen —, sondern sozusagen horizontal — also aus einer Reihe von Programmen zu erkennen. Die Tatsache, das; der Rundfunk sich an die verschiedensten Hörerschichten wendet, zwingt zu einer Programmaufteilung zu bestimmten Stunden auf lange Sicht. Da man nicht allen alles gleichzeitig bieten kann, gruppiert die Programmleitung auch ihre Hörer in bestimmte Jnteressenten- schichten ein, auf die sie erfahrungsgemäß zu bestimmten Zeiten als sicheres Publikum rechnen kann und teilt demgemäß ihr Pro gramm für diese bestimmte Jnteressentengruppe ein. Diese Hörer gruppen verschieben sich sowohl stunden- wie auch tageweise: aber wir rechnen selbstverständlich auch damit, daß wir einem solchen Hörerkreis Darbietungen bringen, die ihm zuweilen ungewohnt und neu sind, die er nicht ohne Widerstreben aufnimmt, die also so oder so für ihn problematisch sind. Kunst oder Literatur, die leicht eingeht, hat selten dauernde Werte, das Gute will immer erkämpft sein. Und so halte ich cs nicht für einen Fehler, wenn unsere Programme oft gegen sätzliche Kritik Hervorrufen, öffentlich gedruckte, wie schriftliche oder telefonische mit entsprechenden Leidenschaftsausbrüchen. Wir sind ja weit entfernt davon, uns für unfehlbar zu halten und wir be grüßen unsererseits jeden Kontakt mit den Hörern, auch wenn er etwas an Knigge vorbeigerät. Des einen allerdings wird sich eine Programmierung stets bewußt sein müssen, sie muß die Füh rung erkennen lassen, und ich betrachte es als unerläßliche Aufgabe, das; jeder Programmpunkt in sich »Auslese« bedeutet, daß die Quali tät immer obenan stehen muß, bei einem anspruchsvollen Pro gramm wie bei einer Darbietung, die der Entspannung, der Er holung und Unterhaltung dient. Wenn ich also vorhin sagte, daß der Rundfunk bewußte Kunst politik treibt und dadurch eine Annäherung sucht zwischen Volks- nnd Kunstmusik, so meine ich damit eine ganz bewußte Programm auslese, ja Programmgestaltung, wie wir sie vor allem im mittel deutschen Rundfunk durchzusetzen bestrebt sind, und die heute sowohl auf die Programme der einzelnen Orchesterdarbietungen wie auch auf alle Laieumusik, ja sogar auf die Tanzmusik ihre Anwendung fiudet, soweit die heutige Situation diese Durchführung überhaupt ermöglicht, die sich aber auch auf das literarische und Wissenschaft-
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