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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.11.1843
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- 1843-11-21
- Erscheinungsdatum
- 21.11.1843
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- Deutsch
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3i31 101 3532 Schönheit, Reinheit, Klarheit und Kraft der Abdrücke die > Mutter-Anstalten in München überflügelte. Die deutsche Erfindung, vom französischen Publikum anfangs mit kalter Geringschätzung und Zurücksetzung behandelt, wurde nun heiß gepriesen, bewundert und sogar in Straßenlicdcrn und Vaudeville-Couplets besungen. Dieser Enthusiasmus darf nicht verwundern; wenn ec auch nicht gleich einstimmig ausgebrochcn — die Franzosen sind durchaus gewohnt, in ' Rücksicht auf Geschmack, Urtheil und Gefühl sich von ton- ^ angebenden Führern bestimmen zu lassen — so begreift man doch sehr wohl, warum die Lithographie in Frankreich mehr als in jedem andern Lande Anklang finden mußte. Mag sie nun zur Nachbildung von Originalwerken oder zur Dar stellung eigener Eompositionen gebraucht werden, ihr Haupt- vecdicnst ist Leichtigkeit und Schnelligkeit der Behandlung: ^ sie mußte daher begierig ergriffen werden, da sic dem franzö sischen Volkscharakter im Allgemeinen zu statten kam und besonders den fein beobachtenden und schnell auffasscnden pariser Künstlern die Möglichkeit an die Hand gab, einen von der Pkantasie oder Laune eben cingcgebenen Gedanken und ein der Natur oder dem Leben gerade abgelauschtes Mo tiv von rasch vorübergehender Art mit der ganzen Frische und Augenblicklichkeir der ersten Anwandlung, Aufwallung, Auffassung und Beobachtung auf den Stein zu werfen und zu fixiren. Was die gesetzte Kupferstechern als unzuläßlich abwies, nahm die gefällige Lithographie als willkommene Süjets auf, und durch den leichten, frei tändelnden, geist- ! reich andcutcnden Vortrag des Crayons, der Feder und des Wasserpinsels bekamen die kleinen, flüchtigen Skizzen, die bei der Behandlung mit dem Grabstichel, der Nadel und dem Schabeisen immer etwas Steifes und Starres behielten, den Reiz beweglicher Anmuth und Lebendigkeit, die ergötzli chen Zerr- und Spoltbilder den pikanten und frappanten Gelegenheits-Charakter, und die witzigen Wortspiele und Einfälle ein über das Interesse des Augenblicks hinausdau erndes Gepräge. Bezeichnend genug, wurde in Deutschland die Lithogra phie zuerst aus wichtige ernste Gegenstände der Kunst ange wandt; wie die Deutschen die heilige Schrift auswähltcn, um der Buchdcuckerkunst bei ihrer Entstehung eine höhere Weihe zu geben, so adelten sie auch die neu auftauchende Stcindcuckerkunst dadurch, daß sie dieselbe von vorn herein zur Nachbildung und Verallgemeinerung der Meisterwerke frommer Kirchen-Malerei gebrauchten. Herr Stripner gab die kostbare altniederdeutsche Gemälde-Sammlung der Brüder Boissecee heraus, und Herr Piloty besorgte die Nachbildung der vorzüglichsten Gemälde in den Gallerien von München und Schleißheim. Wurde auch in Frankreich die Lithographie hier und da angewandt, gediegene Kunstlei stungen wiederzugeben, so zeigte sich doch im Ganzen kein rechter Fortschritt, und die Arbeiten, welche die Lithographie beim großen Publikum beliebt gemacht hatten, konnten nicht wohl zu höherer Ausbildung führen; doch sollte der Anbau dieses Kunstzweiges nicht lange der Routine und mittelmä ßigen oder ganz und gar mittellosen Händen überlassen blei ben. Der Schlag, der bei dem Einen Funken giebt, giebt bei dem Anderen Flammen, und eine vermögende Hand konnte aus dem lithographischen Steine Helles Feuer heraus- schlagcn. Drei Künstler trugen insonderheit dazu bei, der Lithographie in Frankreich neue Wege zu bahnen. Von ih rem ersten Auftreten an hatten diese Künstler eine entschie dene Tüchtigkeit in ihrem Fache gezeigt, und cs war voraus- zusehen, daß sie dem Fache, worauf sie sich legten, einen er heblichen Anstoß geben würden. Unter so energisch wirksa mem Impulse trat die französische Lithographie alsbald in ein neues Entwickelungs-Stadium; hatte sie bisher im Zickzack schwankend herumgetastet, so steuerte sie von nun an, über hemmende Schranken hinwegsehend, festen Schrites in ge rader Richtung fort. Die Malerei war ihr zu Hülfe ge sprungen, und der Vortrag des Griffels verrieth die Hand habung des Pinsels. Die Werke des deutschen Steindruckes machten sich unstreitig durch bedeutende Vorzüge geltend: gründliche Fertigkeit im Zeichnen, große Bestimmtheit und Sorgfalt der Behandlung, Feinheit und Treue der Nachbil dung, liebevolles Eingehen in den Geist, Charakter und Ausdruck des Originals vereinigen sich darin in vollem Maße und zu anscheinender Vollendung; doch wirken einige von diesen löblichsten Eigenschaften hemmend für die freie Ent faltung der Lithographie. Auf der bequemen Heerstraße in der Ebene fortgehend, gelangt man freilich eher zum Ziel, als wenn man auf mühevollem Pfade den Berg hinan klimmt, erreicht indeß auch keinen hohen Standpunkt. In der Kunst soll man aber stets das Höchste anstreben und den Weg einschlagen, der zum Gipfel führt. Das beharrliche Anschmiegen an fremde Muster, das rücksichtslose Aufgehen im Vorbilde und das freiwillige Selbstentäußern jeder eige nen Behandlungs- und Ersindungsweise, wie cs die deutsche Lithographie sich zum Gesetz machte, lähmte nothwendig ih ren freien Flug; dadurch; daß man der Lithographie einer lei Aufgabe mit der Kupferstechern stellte, beschränkte man die vielseitige Ausbildung ihrer eigenthümlichen Mittel und vcranlaßte vergleichende Würdigungen und Zusammenstel lungen, die nicht zu ihrem Vortheil ausfallen konnten. Zn Frankreich dauerte es nicht lange, daß die Lithographen sich entschlossen, die Fesseln der treuen Nachbildung fremder Ociginalwerke abzuschütteln, und ihre Gedanken auf eine freie, ihnen zusagende Weise auszudrücken. Von Ge ri cault's Griffel angefeuert, zog die Lithographie das wirk liche Leben mit allen seinen Erscheinungen in den Bereich ihrer Darstellungen und nahm eine neue, schrankenlose, selbstständig schaffende Richtung, worin es ihr gelang, un- gemein Tüchtiges zu leisten. Aeußerst kräftig, lebendig und »wahr zeigt sie sich in den interessanten, nach dem Leben auf Stein gezeichneten Bildnissen von Gigoux, die ausgezeich netes technisches Geschick und auf den ersten Blick den effekt vollen Maler erkennen lassen. Decamps gab ihr den ganzen Glanz und Zauber seiner Farbe; der leuchtende Him mel, die brennende Sonne, die blendend weißen Kalkwände, die klaren Gewässer, kurz alle anziehenden Eigenthümlich- keiten seines großen Talents finden sich auch in seinen Litho- graphieen, die bestechliche Augen eben so entzücken, wie seine wunderbaren Oel- und Aquarellbilder. Man hätte erwarten sollen, daß die französische Litho» s graphie, nach so bedeutender Anregung, auf der Bahn der Vervollkommnung rasch forlschreiten werde; allein sie hielt plötzlich inne und blieb bei den errungenen Vortheilen
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