Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.03.1857
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- 1857-03-25
- Erscheinungsdatum
- 25.03.1857
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- Deutsch
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M 36, 25. Marz. Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 54 l Ganz besonders sollte sich, wie wir glauben, gerade gegenwärtig die einheimische Gesetzgebung und Verwaltung hüten, durch Verlasse» der früheren Bahnen die Entwicklung des vaterländischen Buchhandels zu gefährden. Die Entwicklung der moderne» Vcrkehrsverhältnisse bringt nämlich gerade jetzt unserm Buchhandel eine Gefahr, die früher weit nicht so drohend sich angelassen hätte. Diese Vcrkehrsverhältnisse näm lich erleichtern in bedeutendem Maße, daß sich der Verlagsbuchhandel auch kleineren, günstig gelegenen Orte» zuwcnde, daß er sich auf mehrere einzelne Punkte verthcile, daß neuaufstrebendc, günstiger gelegene Vcc- lagsorte mit den alten Mittelpunkten concurriren; mit einem Worte, daß die mit Stuttgart concurrirenden, mehrfach mit Vorthcilen der bes seren Lage bedachten Orte Heidelberg, Karlsruhe, Augsburg, Nürnberg, Würzburg und vor allen Frankfurt, zumal wenn ihnen noch die Vorzüge milderer Gesetze zufallen, unserem württembergischen Buchhan del den Rang ablaufen werden. Wir führen zum Beleg für diese unsere Besorgnisse die Stimme eines berufenen Urtheilers, eines der bedeutendsten Leipziger Verlagsbuch händler an, der sich im Börsenblatt des deutschen Buchhandels aus Anlaß unserer früheren Eingabe an die hohe Kammer über diese Verhältnisse verbreitet hat (Beil. 6). S- 4. Die neuere württcmbergische Preßgesetzgebung. Die neue württcmbergische Preßgesetzgebung — der vorliegende Ent wurf sowohl, als die Verordnung vom 7. Jan. 1856 — sind in die Bahn größerer Strenge und weitgreifender Beschränkungen cingetreten und überschreiten in dieser Richtung vielfach das in anderen deutschen Gesetzen und Verordnungen gewählte Maß. Wir wiederholen die bereits in der früheren Eingabe »iedergelegtc Ucbcrzcugung, daß der Bundesbeschluß vom 6. Juli 1854, welcher be kanntlich in den größten deutschen Staaten nicht verkündigt worden, mehr Normen für die Einzelgcsctzgcbung als unmittelbar verbindliche Bestimmungen enthält und für eine milde Anwendung Spielraum ließe. Es hat aber die württcmbergische Gesetzgebung (und Verordnung) strenger, einschränkender gegriffen, sowohl im Ganzen als in einzelnen und gerade den wichtigsten Punkten, als andere, und unter diesen gerade diejenigen der Länder, welche der Concurrenz wegen vorzüglich in Betracht kom men, wie Baden und vornehmlich Frankfurt. Dies Urtheil gilt wie von der Verordnung vom 7. Jan., so von dem vorliegenden Entwurf. Wir anerkennen gerne, daß dieser Entwurf in mehreren Punkten Erleichterungen, Fortschritte gegen bisher, cinführt, wohin wir insbe sondere die Bestimmungen über das Verfahren bei Beschlagnahmen rech nen, deren Billigkeit wir Herne anerkennen. Aber in andern und gerade den wichtigsten Punkten fuhrt der Entwurf ein bisher in Württemberg ungekanntes Maß der Strenge ein, und würde insbesondere auch deshalb äußerst bedenklich sein, weil seine Verfügungen vielfach ungemein vag sind, und darum der Ausführung einen bedenklichen, jede Willkür zuias- sendcn Spielraum gestatten würden. Auf diese Punkte kommen wir zum Theil im Einzelnen zurück; doch beschränken wir uns im Folgenden auf Hervorhebung blos der bedeutend ste», am meisten ins Gcschäftsleben einschneidenden Bestimmungen. Zuvor jedoch möchten wir als Nachtrag zu der früheren Ein gabe (vom 18. Februar 1856) noch anführen, daß das seither (im Mai 1856) erschienene Frankfu rtc r P re ßg c setz in den wesentlichsten Punk ten der Presse weit günstigere Bestimmungen cinführt, als die württcm- bcrgische Verordnung vom 7. Januar sie enthält. Gerade diese Frank furter Gesetzgebung ist für uns vom grüßten Belang, da Frankfurt der Hauplconcurrcnzplatz für unfern württembergischen Buchhandel ist. Zur Vergleichung führen wir nur folgende Bestimmungen an: 1) Die administrative Conccssionsentziehung Bundcsbeschluß Z. 2. Württcmb. Verordn. §. 4. vgl. die angef. Eingabe S. 5. hat das Frankfurter Prcßgesctz nicht blos der höchsten Behörde, dem Senat, Vorbehalten und in erster Linie blos auf die Dauer eines Jahres zugclasscn, sonder» durch die kaum je zutreffenden, und eben deshalb die Presse schützenden Vorbedingungen so gut als unmöglich gemacht. Frankfurter Prcßgesctz Art. 88. (Börscnbl. 1856, Nr. 121.) 2) Die württcmbergische Preßvcrordnung 12 schreibt vor, daß von Zeitungen eine Stunde, von andern Druckschriften 24 Stunden vor der Ausgabe oder Versendung ei» Exemplar der Polizei zu übergeben sei. Das Frankfurter Gesetz aber, gleich denjenigen fast aller andern deutschen Staaten, s. unsere frühere Eingabe S. 12. 13. verlangt bei Zeitungen und Schriften unter 20 Bogen (bei solchen über 20 Bogen also gar nicht) die llebergabe des Pflichteremplars, „sobald die Austhcilung oder Versendung beginnt"; bei Büchern ist zudem das betr. Exemplar nach 14 Tagen zurückzugeben oder der Preis dafür zu ent richte», Frankfurter Pceßgesetz Art. 27. während dagegen die königl. württcmbergische Verordnung vom 7. Jan. 1856 blos die Zurückgabe von Büchern über 20 Druckbogen anordnet, Bücher aber von geringerem Umfange mit etwaigen artistischen Beilagen zurückzugeben nicht vorschreibt. 3) Die Bestimmung, daß auch schon der wegen eines mit einer ent ehrenden Strafe bedrohten Verbrechens vor einen Schwurgerichtshof Ver wiesene oder in Anschuldigungsstand Versetzte nicht Redacteur einer perio dischen Druckschrift sein kann, Verordnung H. 17. findet sich gleich den eit. Eing. S. 15 angegebene» auch im Frankfurter Prcßgesctz Act. 20. nicht. 4) Gegen die Höhe der württembergischen Cautionssummen Verordnung Z. 18. vgl. Eing. S. 15 ff. sticht die Kleinheit der Cautioncn in dem doch in Geldsachen einen viel höheren Maßstab führenden Frankfurt stark ab. Sie beträgt dort für Zeitungen, je nachdem sie 4mal in der Woche erscheinen oder öfter, 800 fl. — resp. 1600 fl. — Frankfurter Gesetz Art. 21. 5) Auch das Frankfurter Prcßgesctz setzt gleich den meisten deutschen Prcßgesctzcn und im Gegensatz zu den langen Fristen der württcmbcrgi- schcn Verordnung vgl. diese f. 30. cit. Eing. S. 17. niedere Verjährungsfristen fest: für Prcßvcrgchen 6 Monate, für Preß- polizeiübcrtrctungen blos 3 Monate. Frankfurter Prcßgesctz Art. 16. 41. Also gerade in allen Hauptbcstimmungen in Frankfurt größere Milde gegen die Presse! z. 5. Die Haftbarkeit für die Erzeugnisse der Presse. Entwurf. Art. 3—9. Indem wir nicht unterlassen wollen, über die Straflosigkeit des Versuchs eines Preßvergchens Art. 2. und über die Erklärung der Motive, daß die Uebergabe des Pflicht eremplars noch nicht als ein Ausgcben im Sinne eben dieses Art. 2, Abs. 1 gelten solle, unsere Anerkennung auszusprechen, gehen wir zu den wichtigen Artikeln über die Haftbarkeit für die Erzeugnisse der Presse über. Für die Haftbarkeit für ein Prcßcrzeugniß kommen in Betracht: auf der einen Seite der Verfasser (Einsender), auf der andern: der Ver leger, der Drucker, der Redacteur (Herausgeber). Daß neben der Haft barkeit und vorkommcnden Falls Strafbarkeit des Verfassers diejenige der letzteren Gruppe in zweiter Linie steht, dürfte keiner weiteren Aus führung bedürfen. Die Gesetzgebungen haben sich übrigens mehrfach nicht mit den allgcmcinrcchtlichen Grundsätzen bezüglich der Strafbarkeit auch dieser Gruppe (vgl. Entw. Art. 3. „Für das durch eine Druckschrift verübte Vergehen ist Jeder verantwortlich, welcher nach allgemeinen straf rechtlichen Grundsätzen als Urheber, Gehilfe oder Begünstiger strafbar erscheint.") begnügt, sondern besondere Systeme bezüglich derselben ausgestellt. Die Motive sprechen von zwei Systemen: I) Diese Personen als Miturheber zu behandeln und höchstens zum Beweis ihrer positiven Schuldlosigkeit zuzulassen; 'H mit Fahrlässigkcitsstrafcn gegen dieselben durchzugrcifcn. Wir möchten 3) das System der suc cc ssiv en H a ft b arke it beifügen und bevorwortcn, welchem Conccssionen zu machen auch der Entwurf sich in der Lage sicht. Wir glauben, daß die Gesetzgebungen viel zu wenig die richtige Stellung der Verleger, Drucker, Rcdacteurc ins Auge faffein Diese Per sonen sind Geschäftsleute, und am richtigsten besorgen sie ihre Ge schäfte, wenn sie nicht über Gebühr in das Geschäft der Verfasser ein- greifen und eingreifen müssen. Sic können dies unterlassen, wo die Ver antwortung in erster Linie dem Verfasser zufällt; dann ist ihre Pflicht, sich der Identität, des persönlichen Wcrthes des Verfassers u. s. w. ver-
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