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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.10.1885
- Strukturtyp
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- 1885-10-14
- Erscheinungsdatum
- 14.10.1885
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- Deutsch
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^ 238, 14. Oktober 1885. Nichtamtlicher Teil. 4939 Geschäft an Karl Gottfried Kretschmann (ff 1850), später an dessen Nachkommen über. Lange Jahre hindurch war zugleich als Inhaber best renommierter Handlungen in Magdeburg und als Nestor des ge samten Buchhandels, der sein Leben auf hundert Jahre brachte, (ff 1881) hochangesehen Wilhelm Heinrichshofen. Er über nahm 1807 ein 1797 von Georg Christian Keil gegründetes Geschäft, welches er, die Hauptzweige des Buchhandels pflegend, bald zu höchster Blüte brachte. Die Geschäfte gingen 1881 an seinen Sohn Theodor über. (Fortsetzung folgt.) Von den Ufern der Seine. Wer sich, ohne mit Glücksgütern besonders gesegnet zu sein, eine ausgewählte, eine Liebhaber-Bibliothek, eine Büchersammlung, auf die der Bibliophile mit Neid blicken wird, zu legen will, wird eine wahre Genugthuung empfinden, wenn ihm ein Weg gezeigt wird, die Fächer dieser Bibliothek nach und nach ohne erhebliche Kosten mit guten und schönen Büchern füllen zu können; — mit Büchern ohne die geringsten Flecken im Innern; mit großer und leserlicher Schrift; mit sauberem Druck, der nie jene gelben Flecken verursacht, die von schlechter Schwärze her rühren; und auf Papier, das dank seiner soliden Herstellung die Jahre und selbst die Jahrhunderte überdauert. Um den Wunsch erfüllt zu sehen, dieses Vergnügen ge nießen zu können, folge man uns eines schönen Sommermorgens auf einer Wanderung nach den Ufern der Seine. Wir beginnen unsere Promenade an der Brücke Dlotrs-Vams, überschreiten die Brücke Laint-Uiobsl, wandern dem (juai äss ^.uAustins, dem Vs 1a Nonnaiö und dem Jnstitutsplatz entlang, wir grüßen im Vorübergehen am (jug-i Voltairs das Standbild des großen Phi losophen ünd verweilen bei den Ruinen der Oour äss oomptss; wir sind überzeugt, unser freundlicher Begleiter wird von dem Schauspiele, das er genossen hat, wunderbar angezogen sein, dank der Neuheit desselben mit seinen Überraschungen. Wir leben freilich nicht mehr in den Zeiten eines Fontaine, Polier, Labitte und Bachelin-Deflorenne; aber ob wir heute, wo der Buchhandel frei und die Zahl der Bouquinisten Legion ist, den Verlust jener glücklichen Zeit des Privilegiums einzelner, wo zehn bis zwölf Buchhändler sich um die Kundschaft der Biblio philen stritten, beklagen sollen, mag dahingestellt bleiben. Gegen neun Uhr früh erscheinen an den Ecken aller Straßen des linken Seineufers diese kleinen Handelsleute, die wir Buch händler unter dem Namen Bouquinisten*) kennen. Der eine trägt, wie der Philosoph Bias, sein ganzes Hab und Gut aus dem Rücken**), seine alten Schmöker sind die reinen Lumpen; *) In Langenscheidts Notwörterbuch, 3. Teil (Land und Leute), finden wir hierüber folgendes: Dahin gehören ferner die Bouquinisten (von bonquin, altes Buch, Schmöker), die Büchertrödler, welche fast aus schließlich auf dem Quai des Seineufers vom Lout-usut' bis zum Laut clss 8aiuts-ksrs8 ihren Sitz haben. Sie stellen die in einem Hand wagen herangeschleppten flachen Kisten mit den schon darin geordneten Büchern ans die breiten Uferquadern des Quai und gestatten jedem mit größter Gutmütigkeit die Einsicht ihrer Schätze, ja sogar stundenlange Lektüre. Der meist in einiger Entsernnng von seinem Krame weilende Bouquiniste stört niemand in seiner Lektüre und nähert sich nur, wenn seine Gegenwart begehrt wird. — Und an anderer Stelle: Ein Sammel surium von Büchern dagegen wird ans der Brustwehr des Quai, gegen über dem Louvre, zur Auslage gebracht; dort herrschen die billigsten Preise . . . mitunter angeblich für wertvolle Werke. Louquiueris hat übrigens nicht ganz den verächtlichen Sinn von »Büchertrödel«, es deutet bloß auf den geringen Umfang eines Handels mit alten Büchern. **) Bekannt ist, daß der »Wandsbecker Bote« ein Wort des ohne Habe aus seinem Vaterlande fliehenden Philosophen in der uns allein geläufigen Form »Oamis. meo, msoum xorto« zu seinem Motto nahm. ein anderer schiebt ein Handwägelchen vor sich her, das grob aus Brettern zusammengenagelt ist, die er den Kisten irgend eines benachbarten Seifenhändlers abgerissen hat; ein dritter borgt sich für den Transport das Fuhrwerk einer befreundeten Gemüse- Händlerin. Um zehn Uhr beginnt das Geschäft mit dem Erscheinen der Oourisrs cis libruiris.*) Er kennt die Auslagen und ist in diese Art Geschäft eingelebt; in wenigen Minuten hat er seine Ernte eingebracht und hat, wie mau gern glauben wird, nicht das Schlechteste ausgewählt. Die Mittagsstunden gehören dem Rentner, dem Lehrer, dem Gelehrten und selbst dem Akademiker; unter sie mischt sich zu weilen auch der Arbeiter, der in sein mageres Budget doch einen kleinen Posten eingestellt hat, der cs ihm erlaubt, sich die sein Handwerk betreffenden Bücher zu kaufen. Ohne daß einer den andern kennt, blättert diese Menge bis gegen sechs Uhr abends in den Büchern aller Zeiten herum, deren Wiege ebenso iu der kleinsten Provinzialdruckerei wie in der berühmtesten Pariser Officin gestanden hat. Es ist ein gar eigener Anblick, diese Menge im Staube herumwühlen, eifrigst die Titel studieren, den Inhalt prüfen und sich endlich die Taschen und den oft recht zerlumpten, schmutzigen und mit Staub bedeckten Händlern die Hände füllen zu sehen. Worin liegt nun aber diese unwiderstehliche Anziehungskraft der alten Bücher? Die Jagd auf Bücher ist für den Liebhaber und Sammler eine wahre Leidenschaft; und wer die Qualen dieser Leidenschaft nicht selbst gefühlt hat, kann sich keinen Be griff von den Gefühlen machen, die dieses Suchen beim Bouqui nisten begleiten. Wie endlos muß der Geduldsfaden sein, der gegenüber diesem Chaos von Erzeugnissen der Druckerpresse beim Suchen nach nur einem wertvollen Bande nicht reißen soll! Welche Aufregung beim Entdecken der ersten Fährte, aber auch welche fehlgcschlagcncn Hoffnungen und oft genug Enttäuschungen! Man muß es mit auseheu, wie ein anderer wenige Augenblicke früher kommt, wie er die Hand auf den Schatz legt, mit dem man selbst liebäugelte, man muß Zeuge seiner Freude sein, und kann doch nur sich selbst und die eigene Langsamkeit anklagen. Wie viel Zeit und Mühe waren vielleicht schon ans Nachfor schungen nach dem uns soeben vor der Nase weggenommenen Bande verwandt worden! Umsonst! Und wieviel Vorsicht erfordert es, um den Trödler nicht aus seiner Unkenntnis über den Wert eines Buches herauszu reißen! Er verwendet kein Auge von dem Beschauer seiner Ware, er beobachtet jede seiner Bewegungen nnd sucht aus seinem Gesichte den Wert des Buches zu lesen, das er mit schlecht ver hehltem Eifer durchblättert. Mit welcher Genugthuung anderer seits aber trägt man auch den für wenige Sous erkauften seltenen Band nach Hause, den man unter Tausenden von wertlosen Ge nossen entdeckt hat; wie stolz ist man, seine Kollegen an Findig keit übertroffcn zu haben, die, vielleicht noch Anfänger auf der Bahn des Bibliophilen, den Band ohne Ahnung seines Wertes in den Händen hatten. Der reiche Mann kennt diese Gemütsbewegungen und Freuden nicht: er wirft mit vollen Händen das Gold hin, um sich einen Schatz zu sichern, den der einfache Bürger oder kleine Mann nur durch seinen Spürsinn, seinen Verstand und seine Geduld, ver bunden mit der nötigen Klugheit, erwerben kann. Die Jagd bei den Bouquinisten, wie sie sich an den Seine- Ufern abspielt, ist ein gar schwieriges Geschäft. Gewöhnlich *) Im deutschen Buchhandel kennen wir diesen Posten nicht, und fehlt uns deshalb auch der richtige Ausdruck dafür; am ehesten dürfte noch die Bezeichnung »Aufkäufer« dem Sinne nach entsprechen. 683*
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