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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 30.03.1857
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1857-03-30
- Erscheinungsdatum
- 30.03.1857
- Sprache
- Deutsch
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572 ^1? 38, 30. März. Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. Abgesehen von dieser niederen Frankfurter Freiheitsstrafe, haben die genannten Gesetzgebungen nur Geldbußen als Fahrlässigkeitsstrafen, und cs erscheint der wür ttem bergischc Entwurf, der in den schwereren Füllen fakultativ (aber immer noch mit Geldbußen verbunden, vgl. Art. 22) noch Gcfängnißstrafen bis zu 6 Monaten, resp. 3 Monaten, rcsp. 1 Jahr zuläßt, somit unter den genannten Gesetzgebungen weitaus als die strengste. Eine ganz besondere Strenge läßt der Entwurf den Redakteuren angcdeihen. Ein zureichender Grund, sic strenger zu bedrohe» als die Verleger, scheint uns nicht vorzulicgcn, Noch schärfer aber erscheint die Strafandrohung gegen sic, wenn man die den Verfassern angedrohtcn Strafe» damit vergleicht. Der Verfasser eines strafbaren Artikels ist überall strafbarer als der Rcdactcur, der denselben blos in sein Blatt ausgenommen. Den Beweis hicfür liefern am schärfsten der Ent wurf und die Motive selbst, wenn letztere die Strafen für die Verleger, Drucker und Redakteure ausdrücklich als Strafen für Fahrlässigkeit be zeichnen. Fahrlässigkeit aber ist in allweg weniger strafbar als Vorsatz. Und wo etwa auch beim Rcdactcur Vorsatz (in Aufnahme eines straf baren Artikels) Platz greift, da treffen ihn ja nicht die Strafen des Art. 8, sondern cs gelten nach Artikel 3 die allgemeinen strafrechtlichen Grundsätze. Diesen Unterschied in der Strafbarkeit für Vorsatz oder Fahrlässig keit führt aber der Entwurf nicht durch: Wer in Druckschriften zu einer in den Gesetzen für strafbar erklär ten Handlung auffordcrt, wird .... in leichteren Fällen mit einer Geld buße von 10—30 fl. bestraft, Art. 10. Abs. 2 dem Rcdactcur der Druckschrift aber, welche Jener zu seiner strafbaren Veröffentlichung benutzte, droht der Entwurf schon im Minimum 20 fl. Wer in Druckschriften über die Verfassung des Königreichs, des deutschen Bundes oder eines Bundesstaates, über ihre Staatseinrichtung- cn und Gesetze, über die Anordnungen deutscher Regierungen und Be hörden, über die Grundlagen des Staats, insbesondere die Institute der Ehe, der Familie, des Eigcnthums und des Eides, durch Kundgebung erdichteter oder entstellter Thatsachcn oder die seiner Darstellung gege bene Form in einer Weise sich ausläßt, welche geeignet ist, den Gegen stand seines Angriffs dem Hasse oder der Mißachtung auszusetzcn, wird .... in leichteren Fällen mit Geldbuße von 10—100 fl. bestraft, Art. 16, den Rcdactcur der bctc. Druckschrift aber trifft im Minimum eine Buße von 20 fl.! Wir schließen mit der Bitte, hohe Kamincr möge ihrerseits eine Herabsetzung der hohen den Verlegern, Druckern und Redakteure» angedrohtcn Strafen cintrctcn lassen, und stellen diese Bitte gleich hier auch in Betreff der durchweg im Entwürfe in so hohem Maße gegriffenen Geldstrafen. §. 0. Einzelne Prcßvergehen und deren Bestrafung. Zu Art. 10. Der Art. 10 des Entwurfs eröffnet den Reigen der einzelnen Prcß- vcrgchen mit der Aufstellung des Prcßvergchens der Aufforderung zu einer in den Gesetzen für strafbar erklärten Handlung in Druckschriften. Wir haben von unserem Standpunkte aus zu bemerken, daß zwar gewiß Nie mand etwas gegen die Strafbarkeit einer solchen Aufforderung ,,in un umwundener und bestimmter Form" cinwendcn wird, daß cs aber den gerechtesten Bedenken unterliegen muß, wenn das Vergehen auch ,,durch eine Anreizung irgend welcher Art" soll begangen werden kön nen. Dieser vage Begriff der „Anreizung irgend welcher Art" würde leicht jeder Willkür Thür und Thor öffnen, jede Kritik von Gesetzen oder obrigkeitlichen Anordnungen unter die verbotene Anreizung subsumi- rcn lassen. Wir bitten hohe Kamincr im Interesse der Sicherheit unserer Geschäfte vor der Wcitdcutigkeit des Entwurfs um eine präcisere und jede Willkür ausschlicßcnde Fassung des Artikels. Unser Bedenken gegen den letzten Absatz dieses Artikels erlauben wir uns als ein nicht geschäftliches, sondern vielmehr juristisches hier ohne weitere Ausführung nur zu erwähnen. §. 10. Fortsetzung. Zu Act. 13—21. Aus denselben Gründen erlauben wir uns unsere Bedenken gegen einige Bestimmungen der folgenden Artikel nur in Kürze anzudcutcn. Wir rechnen hieher die Zusammenstellung aller öffentlichen Diener (Str.- G -B. Art. 390 A. 1—5) mit den Militärpersonen in dem einen Art. 13; die vage Bezeichnung der Sammlung von Beiträgen „für gesetzwidrige Zwecke" unter welche Bestimmung z. B. die Sammlungen für die Schles- wigholsteincr oder die entlassenen kurhessischcn Beamten, Sammlungen, die in den Augen der dänischen und kurhessischcn Regierung sicher gesetz widrige sind, leicht subsumirt werden könnten; die Aufstellung eines neuen Verbots von Collccten in Art. 15, indem bisher Collcctcn durch Aufrufe in öffentlichen Blättern an die Mildthätigkeit, mit Namens- untcrschrift versehen, nach Art. 22 des Poliz.-Str.-G. erlaubt sind; die Wcitdcutigkeit des letzten Absatzes von Art. 15. Die größte Bcsorgniß flößt uns der Art. 16 ein, der Auslassungen über Verfassungen, Staatscinrichtungcn, Gesetze, Anordnungen von Re gierungen und Behörden, die Grundlagen des Staats, insbesondere die Institute der Ehe, der Familie, des Eigenthums, des Eids mit Strafe bedroht, wenn sie durch Kundgebung erdichteter ober entstellter Thut- sachcn oder die der Darstellung gegebene Form in einer Weise stattsindc», welche geeignet ist, „den Gegenstand des Angriffs dem Hasse oder der Mißachtung auszusctzen." Wir stehen natürlich nicht an, anzuerkcnncn, daß wir uns wohl Fälle denken können, welche die angedrohtcn Strafen verdienten, die Worte dieses Artikels sind aber so weitdcutigc, insbeson dere ist die Eigenschaft „einen Gegenstand dem Haß oder der Mißachtung auszusctzen" eine so unbestimmte, lediglich dem subjektiven Ermessen über lassene, daß wir fürchten müssen, es könnte leicht jede unliebsame Kritik von Staatscinrichtungcn u. dgl. als eine derartige bezeichnet werden, welche Mißachtung errege und so die Freiheit des öffentlichen Urtheils durch die Presse ebenso gefährdet sein, als der letzteren selbst die crnstlich- stcn Gefahren aus dieser Unbestimmtheit und Wcitdcutigkeit drohen. Insbesondere erscheint der gewählte Ausdruck „Mißachtung" als ein einer ungemein weiten Deutung fähiger. Unter den durch den Art. 10 geschütz ten Einrichtungen erscheinen auch die „Anordnungen deutscher Regierungen und Behörden." Die Motive geben nun allerdings die Erläuterung hiezu: cs handle sich nicht um die individuellen Organe des Staats, sondern um die Einrichtungen und von den Staatsorganen ausgehenden Anordnungen abstrakt aufgefaßt, nicht um Amtschrenlnleidigung, sondern um Gefährdung des öffentlichen Friedens und der öffentlichen Sicherheit. Allein der Wortlaut im Artikel selbst: „Anordnungen deutscher Regier ungen und Behörden" ist ein ganz allgemeiner und uns deshalb be denklicher. Wir bitte» hohe Kammer, dem Art. 16 eine präcisere, Willkürljch- kcitcn, namentlich in den angcdeutctc» Beziehungen, unmöglich machende Fassung zu geben. Was den Schlußabsatz des Art. 16 betrifft, so glauben wir, cs sollte wegen eines Angriffs auf andere Bundesstaaten Unter suchung und Strafe nur auf Klage der Regierung dieses Bundesstaats, nicht auch eines im Jnlandc beglaubigten diplomatischen Vertreters der selben stattsinden. Die auswärtige Regierung wird allerdings ihre Klage durch ihren diplomatischen Vertreter anstelle», aber es ist ein bedeuten der Unterschied, ob die Anstellung einer Klage von dem Beschlüsse einer Regierung oder von dem subjektiven Ermessen eines einzelnen Mannes, der sich möglicherweise selbst für seine eigene Person mitbetheiligt fühlen mag, abhängen soll. Der Art. 17 stellt ein bisher nicht bekanntes Vergehen auf, das er alsbald mit Gcfängnißstrafc bedroht: das der Nennung der Namen der Geschworenen außer bei der Bildung des Schwurgerichts und der vorzeitigen Veröffentlichung der Anklageschrift oder anderer Schriftstücke einer Strafsache. Jedenfalls erschiene uns eine Geldstrafe allein genügend für dieses unbedeutende Vergehen. Auch möchte das Ver bot dahin zu beschränken sein, daß diese Schriftstücke nicht veröffentlicht werden sollen, che sie in öffentlicher Sitzung verlesen sind, und nur bei geheimer Verhandlung vor dem Ende dieser. Ist ein Aktenstück in öf fentlicher Sitzung verlesen, so ist kein Grund abzuschcn, seine Veröffent lichung durch de» Druck länger zu verhindern, da ein Straffall mög licherweise Lage oder Wochen in Anspruch nehmen kann, ehe er erledigt ist, und man der Presse, welche über die Verhandlungen täglich berichtet, doch nicht zumuthcn kann, gerade nur die Anklageschrift u. s. w. ihrer Berichterstattung bis zu erfolgter Erledigung des Protestes vorzuenthalten. Zu Art. 18. 19 ist gleichfalls auf die Höhe der Strafe, neben der Geldbuße auch Gcfängniß, bei einem ncuaufgestellten Vergehen hinzu weisen, einer Strafe, die in vielen Fällen, z. B. bei Verhandlungen von Gemcindcräthcn, doch gar zu hoch gegriffen erscheint. Zu Art. 21. Die Strafbestimmung dieses Artikels erscheint uns allzuhoch, wofür wir uns insbesondere auf den namentlich für die unbe deutenden Fälle milderen §. 11 des Preßgesetzcs von 1817 berufen. Auch wäre cs zum Schutze besser, wenn die Clausel des Z. 10 jenes Gesetzes (Notizen, die der Beamte nicht auch aus nichtamtlichen Quellen schöpfen kann) nicht blos in den Motiven erwähnt, sondern im Gesetze selbst aus genommen wäre.
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