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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.04.1857
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1857-04-22
- Erscheinungsdatum
- 22.04.1857
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- Deutsch
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M 47, 22. April. Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 719 Nichtamtli Die Verträge mit Frankreich zum gegenseitigen Schutze des literarischen und artistischen EigenthunisrechteS. (Schluß aus Nr. 40.) Auf Widersprüche mit den feststehendsten Regeln der Erfahr ung kommt cs dem Verfasser aber nicht an. Denn schon im folgen den Satze zieht er wiederum eine Folgerung aus jenem Vertrage, die er sich durch den vorhergehenden eigentlich verscherzt hatte. Hatte er der Wahrheit die Ehre gegeben und dem Uebcrsetzungsmonopol die Vcrthcucrung und Erschwerung des geistigen Verkehrs zugcschriebcn, so würde er den Trost mit Recht haben aussprechcn können, daß die „fremde Schund - und Schundliteratur" durch die Verträge einge engt (?) werde, weil sie die Preiserhöhung nicht aushalten kann. Dies that ec aber nicht, und so mußte er wieder die Wahrheit ins Gesicht schlagen, um zu seinem Schlüsse zu kommen. Er mußte fin- giren, daß die Ucbcrsetzungsindustric bisher nur dem schlechten und unsittlichen Geschmack gewidmet gewesen sei. Es ist dies mehr als Unwahrheit! Wir könnten hier Buchhandlungen nennen, in denen neben hundert anderen treffliche Uebersetzungen der besten Werke des Auslandes erschienen sind, und es ist daher gewiß nicht rühmlich, bekannten Thatsachcn gegenüber eine solche Verleumdung des deut schen Buchhandels zu Gunsten eines fremden Interessen dienenden Vertrages auszusprcchcn, als ob die deutschen „Verleger, welchen an ihrem sittlichen Rufe und Ehre etwas liegt", nicht schon ohne jene den Buchhandel so beeinträchtigenden Verträge „das Unsittliche und den Schund" streng von sich abgcstoßcn hätten. Die Wirkung der Verträge wird neben der schon berührten, daß nämlich die Ver- thcucrung der Unternehmungen manche derselben vor ihrem Entste hen ersticken mag, nur die sein, daß Diejenigen, welche den Aus wuchs der fremden Literatur übertragen wollen, danach jagen wer den, zuerst das Recht dazu zu erlangen, und der Glückliche, welcher den Anderen den Rang abläuft, wird den meisten Prosit davon ha ben, oder, wie der Verfasser sagt, die meisten „klingenden Früchte" klimpern hören; die klebrigen werde» auf den Ablauf der fünfjähri gen Schutzfrist harren und die Erfahrungen anderer Verleger be nutzen, um sich über das Gewinnbringende herzustürzcn, das Uner giebige aber liegen zu lassen. Wir sind dem Verfasser bisher in seiner Phantasie Schritt für Schritt gefolgt. Er geht zuletzt soweit, einen literarischen Hochwäch ter für Paris und für Leipzig zu prophezeien, wobei er wiederum die Unkenntniß mit der Thatsachc darlegt, daß seit Jahren die 8ooiötv paar I» ilelenxe cl« Io propriste lutorsiro in Leipzig einen solchen hielt, und daß ei» deutscher Agent in Paris zur Aufsuchung von Nachdruck deutscher Werke oder Uebersetzungen aus dem Deutschen die Rolle des Diogenes mit der Laterne am Tage spiele» würde. Wir können nur das oft Gesagte wiederholen; soll Deutschland einen Nutzen von jenen Verträgen haben, so kann er nur dann kommen, wenn der Begehr nach deutscher Literatur und Kunst in Frankreich dem Begehr nach französischer in Deutschland einigermaßen glcich- kommt. In Frankreich will man aber nicht nur das Deutsche nicht, sondern man behandelt auch das in Deutschland Erschienene mit Gleichgültigkeit. Die Eentralisation in Frankreich bedingt das Ueber- gcwicht von Paris. Dieses Uebergcwicht macht sich sogar in Deutsch land so ungeheuer geltend, daß deutscheEomponisten, deutschcKünst- ler, welche Verbreitung ihrer Werke wünschen, nach Paris gehen, um dort zu produciren, dorr zu verlegen, indem sic gegenüber dem Ruhme, in Paris gedruckt zu werden, das höhere Honorar in Deutsch land verschmähen. Dieser Nachtheil wäre noch zu ertragen. Viel gewichtiger ist aber die Vernichtung der freien Benutzung der geisti gen Productioncn auf dem Gebiete der Erfindungen, der Naturwis ch kl' Th eil. senschaftcn, in der Mechanik und in der Industrie. Jedes Volk hat seine Eigcnthümlichkciten, jedes Volk bearbeitet einen besondcrn Thcil des großen Feldes der Civilisation. Dem Arbeiter auf diesem Felde gebührt sein Lohn, sein Recht an seinem Werke muß geschützt werden. Die Bearbeitung seiner Gedanken aber in einer fremden Sprache ist nicht sein Werk, nicht seine Arbeit. Wie die Idee des Urhebers das Ergcbniß aller derjenigen Einwirkungen ist, welche der Geist durch seine Ausbildung in der Wissenschaft und Kunst, durch seine Erfahrungen bei der Ausübung seines Wissens empfangen hat, der Urheber also insofern nicht Schöpfer, sondern Rcpcoduccnt ist, weil er das bereits Vorhandene, das ihm Gegebene benutzen muß, um sein Gcisteswcrk hcrvorzubringen, so nimmt wiederum das Nach barvolk aus seinem Werke die Bcstandtheilc, die cs bedarf, um vor wärts zu schreiten, auch nach der Seite hin, nach welcher hin ihm die ursprünglichen Kräfte fehlen. Daraus erklären sich die mannig fachen Bearbeitungen, thcilweisen Ucbcrtragungcn der fremden Werke über die verschiedensten Gegenstände der Wissenschaft, Kunst und der Industrie, wie wir sic in Deutschland neben einander für die verschiedensten Bestimmungen erscheinen sahen. Sie unterliegen künftig dem Verbote der Ucbersctzung nicht allein, sondern nament lich dem der Nachbildung in Betreff der dabei oft wesentlichen und darum unentbehrlichen Illustrationen. Dem französischen Hunger nach den „klingenden Früchten der Arbeit", die der Verfasser nicht liefert, ist die Möglichkeit geopfert, schnell die im Nachbarvolke ge machten Fortschritte auf dem Gebiete der Mechanik, Industrie und der Naturwissenschaften für die verschiedenen Bedürfnisse des deut schen Volkes zu benutzen, wie bisher. Und sollen wir daher ein Re- sume unserer Ansichten über die mit Frankreich abgeschlossenen Ver träge und namentlich den sächsischen geben, so ist es folgendes. Diese Verträge waren weder eine vom Verkehr, noch vom Rechte gebotene Nothwendigkcit für Deutschland. Sic beeinträchtigen den deutschen Buchhandel im Allgemeinen in ihrem Principe und ins besondere in der rückwirkenden Kraft, welche ihnen unbilliger und nutzloser Weise beigclegt worden ist. Will man dem sittlichen Kerne, welcher dem Verbote des Nachdrucks innen wohnt, sein gebührendes Recht über den Vortbcil des Verkehrs cinräumcn, so brauchte man nur das Verbot des Nachdrucks ohne rückwirkende Kraft zu erlassen, was man gut geheißen hätte, wogegen man das Vcrbictungsrecht des Verfassers gegen Uebersetzungen geradezu als eine mit dem gei stigen Wohlc des Volkes im dirccien Widerspruche stehende, ohne rechtliche Grundlage bleibende Maßregel bezeichnen muß. Diesem wird, bei dem schnellen Kreisläufe der Zeit, nicht durch die Kürze des Monopols abgeholfcn, denn jetzt gilt cs schnell das auftauchende Gut zu ergreifen, um cs als Stufe für Erreichung des Besseren zu benutzen. Diese Möglichkeit des schnellen Ancigncns fremder Er gebnisse einem Volke zum Vorthcilc ausländischer Verleger zu ent ziehen , dazu war in dem Verhältnisse des Urhebers zur Uebcrtragung kein maßgebender Grund vorhanden. Denn der Urheber eines Wer kes in einer Sprache ist der Uebcrtragung in eine andere durch einen Dritten so fremd, als der Erfinder der Dampfmaschine der Erfind ung des DampfwagenS. Der Erfinder des Dampfwagens steht auf den Schultern des Erstcrcn, aber dieser hak kein Vcrbictungsrecht gegen die Benutzung seiner Erfindung zum weiteren Fortschritte in der Mechanik. Er kann kein Recht auf einen Genuß aus der Ueber- setzung begründen; noch weniger aber ein Recht aufVerbietung der Bearbeitungen in fremder Sprache. Freiheit verlangen wir für ein je des Volk, von dem andern die Errungenschaften in Wissenschaft, Kunst undJndustric in seine Sprache durch seincArbeitauszunehmen, und wir schließen mit den Worten der Denkschrift des Börscnver- 103 *
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