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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 30.10.1936
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- 1936-10-30
- Erscheinungsdatum
- 30.10.1936
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Nummer 354, so. Oktober IMS Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel Neue Wege zum Jugendbuch Von Fritz Lelke Wir veröffentlichen nachstehend einen Aufsatz von Fritz Helle, der schon mehrfach im Börsenblatt zu dem Problem des Jugend schrifttums Stellung genommen hat. So unerfreulich die Bilanz noch aussieht, die Helle in diesem Aufsatz zieht, so dringend nötig ist es, die so wichtige Frage des Jugendschrifttums so lange mit Ernst und Verantwortung zu behandeln, bis eine sichtbare Änderung auf diesem Gebiet in dem von der Reichsjugendführung gewünschten Sinne ein getreten ist. Wir geben den Ausführungen Fritz Helles daher Raum, auch wenn wir nicht in allen Einzelheiten mit dem Verfasser übereinstimmen. D. Schriftltg. * Die Herbstproduktion an Jugendbüchern, die jetzt zum größten Teil vorliegt, gibt uns Veranlassung, nachzuprüfen, inwieweit es der Einwirkung der Hitler-Jugend bisher gelungen ist, an den mit Recht beanstandeten und häufig kritisierten Zuständen etwas zu ändern. Das Ergebnis solcher Nachprüfung ist verblüffend und niederschmetternd zugleich. Von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, scheint durchaus alles beim Alten geblieben zu sein. Es ist deshalb notwendig, den vielen theoretischen Erörterungen, die im Laufe der letzten Jahre rund um das Jugendbuch geführt worden sind, eine Auseinandersetzung mit den praktisch gegebenen Tatsachen folgen zu lassen. Die Dinge sind mittlerweile soweit gediehen, daß längeres Ausweichen weder sinnvoll noch überhaupt möglich erscheint. Es muß vielmehr nun nach Mitteln gesucht werden, die offenbar bestehenden Hindernisse auf dem Wege einer besseren Entwicklung zu beseitigen. Wobei es zunächst einmal keine Rolle spielt, ob irgendwelche Sonderinteressen dadurch berührt oder sogar bedroht werden. Wenn man als selbstverständlich voraussetzt, daß das Jugend buch dazu bestimmt ist, einen wesentlichen Dienst an der Jugend zu leisten (und welch anderen Zweck hätte es sonst zu erfüllen?), dann wird man nicht umhin können, sich zunächst einmal mit der Jugend, der man dienen will, mit ihrer Mentalität, ihrem Wesen und ihrer Aufgabe auseinanderzusetzen. Hier aber zeigt sich bereits die erste entscheidende Fehlerquelle, die dann im Ergebnis zu den be klagenswerten Erscheinungen führt, die zu bekämpfen und zu beseiti gen wir uns entschlossen haben. Das deutsche Jugendbuch, wie es sich auch in diesem Jahre wieder Präsentiert, mutet in Inhalt und Form in seinem über wiegenden Durchschnitt an wie ein Überbleibsel aus längst überwundenenundvergessenenTagen. Es liegt (selbst verständlich nur vor Ostern und Weihnachten) in den Fenstern der deutschen Sortimente, ganz, als habe es niemals eine national sozialistische Revolution gegeben, als habe sich nicht ein Umbruch voll zogen, der gerade in der Jugend die tiefgehendste und innerlichste Wandlung vollbracht hat, der überhaupt jemals eine junge deutsche Generation unterworfen wurde. Diese Feststellung gilt, wie gesagt, für den Durchschnitt. Die wenigen Autoren und die wenigen Verlage, die die Zeit und ihr trei bendes Gesetz begriffen haben, werden sich von selbst nicht getroffen fühlen, weil sie ja aus der gleichen Erkenntnis heraus zu neuen Wegen gelangt sind. Es ist aber mit dem Nichtbegreifen keineswegs getan. Wir kom men vielmehr nicht um die Feststellung herum, daß vielerorts sehr wohl begriffen wurde, daß aber eine radikale Abkehr vom Gewesenen und Hinkehr zum Neuen augenscheinlich eine Revolutionierung der eigenen Arbeit und des eigenen Betriebes bedeutet hätte, die man sich einfach nicht zutraute. Und so griff man da, wo man überhaupt etwas tun zu müssen glaubte, zum Kompromiß. Man glich sich äußerlich an. Es soll im Rahmen dieser Darlegungen nicht mehr über das ausgesprochene Konjunktur-Kitschbuch gesprochen werden. Hingegen muß die weit ernstere und verhängnisvollere Tatsache Erwähnung finden, daß auch Leute, denen gewißlich jede Konjunkturmache fernlag, aus Mangel an Verständnis oder aus Angst vor »Experimenten« Wege wandelten, die zumindest hart die Grenze des Kitsches streiften. Wenigstens, soweit unsere Auffassung vom Kitsch in Frage kommt. Es konnte dies aber nur geschehen, well alle am Jugendbuch Betei- 950 ligten bei ihren Überlegungen ganz offenbar den wichtigsten Faktor außer acht gelassen haben: eben die Jugend, in deren »Dienst« ja der ganze Aufwand geschieht. Jugend Pflegte früher »erzogen« zu werden; zu diesem Zweck gab es staatliche und private Einrichtungen. Sie selbst hatte keine Mei nung, zumindest war eine solche Meinung ohne jede Bedeutung für die »Erziehungsberechtigten«, die durchaus unter sich ausmachten, nach welchen Grundsätzen »erzogen« wurde. Wenn man doch be greifen wollte, daß diese Zeit endgültig erledigt und überwunden ist. Es wäre mit einem Schlage anders. Es wären Verhältnisse, wie sie heute noch auf dem Gebiet des Jugendbuches an der Tagesordnung sind, nicht mehr möglich. Schon die Art und Weise, wie das durchschnittliche »Jugend buch« zustande kommt, ist geeignet, unseren Protest hervorzurufen. Man muß sich die Tatsachen, die hier gegeben sind, einmal in ihrer ganzen trostlosen Nüchternheit vor Augen führen. Verfolgen wir einmal den Weg, den so ein Durchschnittserzeugnis in der Regel nimmt. Es gibt Jugendbuchautoren und Jugendbuchverleger. Wobei es, um das gleich vorwegzunehmen, durchaus die Frage ist, ob solche Spezialisierung angesichts der heute herrschenden Verhältnisse noch sinnvoll und zweckmäßig ist. Der Jugendbuchverlag, der möglicher weise noch mit einer umfangreichen Druckerei verkoppelt ist, ist ge zwungen, aus Gründen durchaus merkantllistischer Natur im Jahre eine bestimmte Anzahl Bücher herauszubringen. Well nämlich die vorhandene Maschincnkraft ausgenutzt und die Belegschaft beschäftigt werden muß. Der Jugendbuchautor andererseits ist in den seltensten Fällen ein Dichter oder auch nur Schriftsteller von Format. Merk würdigerweise verlangt man das nicht einmal von ihm. (Es gibt noch mehr derartiger Merkwürdigkeiten auf diesem Gebiet.) Aber er ist, da seine Produktion m der Regel nur kümmerliche Auflagen er lebt, darauf angewiesen, im Jahr eine bestimmte Anzahl Bücher zu schreiben, und zwar ebenfalls aus rein merkantilistischen Gründen; er muß ja schließlich leben. Und die Honorare für Jugendbücher Pflegen nicht eben hoch zu sein. Die Interessen von Jugendbuchautor und Jugend buchverleger stoßen also auf einer bemerkenswerten Ebene, nämlich der des materiellen Ertrages, durchaus zusammen. Beide sind zunächst einmal interessiert an einer verhältnismäßig umfangreichen Produktion. Da wir in Deutschland beachtenswert viele Jugendbuch verleger und -autoren haben, liegt von vornherein auf der Hand, daß bei einer solcherweise in Gang gebrachten Produktion nicht eben viel Erfreuliches herauskommen kann. In der Regel Pflegt der »Herstellungsprozetz« — man muß solche Bezeichnungen schon gebrauchen — so vor sich zu gehen, daß Autor und Verleger sich über die Auswahl der zu behandelnden Stoffe eini gen, worauf der Schriftsteller die Feder ergreift, um zu einem, im voraus bestimmten Termin das fällige Manuskript abzuliefern, das dann nicht selten im Lektorat des Verlages noch eine mehr oder weniger umfangreiche Metamorphose über sich ergehen lassen muß, bis es »druckreif« erscheint. Ein in gleicher Weise verpflichteter Zeich ner liefert terminger echt mehr oder weniger schlechte Bilder und Zeichnungen (für das Umschlagbild ist Bier- und Mehrfarbendruck erwünscht), und das Buch wandert in die Rotationsmaschine. Stöße sonst nicht verwendbaren Holzpapiers warten auf Verarbeitung. Das fertige Produkt geht nun in die Sortimente, wo es, freilich nur zu gewissen Zeilen, der hohen Rabattsätze wegen nicht unbeliebt ist, es liegt in der Hochsaison einige Wochen aus und wandert dann unwiderruflich in die Mottenkiste, woraus ihm zur nächsten Saison nur in den seltensten Fällen eine Auferstehung beschieden ist, da als dann längst neue Stöße auf die geduldige Käuferschaft harren, die ja, wie man hört, grundsätzlich nur Neuerscheinungen kauft. Das Ganze ist, um nicht härtere Ausdrücke zu gebrauchen, eine einzige Trostlosigkeit, und doch scheint es bemerkenswert schwer, hier grundlegenden Wandel zu schaffen. Versuche, von der Jugend und von Autorenseite her unternommen, haben zu nichts ge führt. Wo Autor und Verleger sich einmal, einig in der Erkenntnis
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