Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.11.1869
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- 1869-11-24
- Erscheinungsdatum
- 24.11.1869
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3876 Nichtamtlicher Theil. ^f° 273, 24. November. die Mitglieder einander genähert nnd das gegenseitige Verhältniß immer freundschaftlicher gestaltet. Somit dürfe man mit Befriedi gung ans das verflossene Jahr zurückblicken; cs gebe die Ucberzcu- gung, daß es ernst gemeint sei mit der gestellten Aufgabe. Das heu tige Fest nnd die freundliche Theilnahme erfülle mit frischer Kraft und ncuerHoffnung,und mitfroherZuversichtdürfe man dem nächsten Jahre cntgegcnsehcn. — Mit einem kräftigen Hoch schloß die von leb haftem Beifall begleitete Rede. Inzwischen sind Depeschen und Gratnlationsschrcibcn cinge- trvsfen: Paris, Wien, Pest, Dresden, Magdeburg, Frankfurt a. O. bringen ihre Hochs zum neuen Vercinsjahr und wünschen Glück und Gedeihen. Die Kellner sind aufs neue geschäftig; die Buchhändler- Thealer-Zwischcnacts-Zcilung macht in zahllosen Exemplaren ihren Nnndgang und dient trefflich, die cingctretcne kleine Panse zu füllen. Sic kündigt dicAufführung cincsDramas an: „Der Nothbuchhänd- ler oder: So ist es gekommen", cingelcitct durch einen: „Schauerlichen Prolog" und versetzt dadurch in allgemeine Spannung. Aber auch an sonstigem Zündstoff fehlt cs ihr nicht; die Spaziergänge eines Krebs- Flaneurs verbreiten sich drastisch über das Treiben des Fest-Comitss und satirische Pfeile auf Verein und Buchhandel zielen und treffen. — Die Heiterkeit hatte sich denn auch dem entsprechend gesteigert, als jetzt ein zweites Tafellicd, nach der Melodie „Oauäeamu«" an gestimmt, zu dem bereits erwähnten Prolog überleitete, den Hr. Pactel von grün behangencr Tribüne herab mit einem dem Ernst der Situation angemcssencnAusdrucke vortrug. Noch hüllteSchwei- gcn den Saal nnd tiefes Ergrisfensein lag auf den Gesichtern Aller, als eine cingcwcihteHand die Lampen löschte. Der Vorhang rauschte empor und in trefflicher Beleuchtung zeigte sich ein künstlerisch aus- gcführtcs Transparent: „DcrKönig in Thule", während ein vorzüg liches Quartett den Gocthc'schcn Sang anstimmte. Ihm folgte: „Frisch auf,Kameraden", „DcrJägcrnndseinLieb", „DeutscheBur- fchcnschaft" von entsprechender hinter dem Vorhang gedämpft ertö nender Musik begleitet. Die Wirkung war eine ernste, feierliche; doch gar bald trat die heitere Stimmung des Abends wieder in ihr Recht. Hr. Pactel gedenkt der letzten Präsidenten; Hr. Weile toastet auf den Gründer des „Krebs" und Hr. Borstcll antwortet, indem er betont, daß jetzt der Schwerpunkt des Vereins in dem Nachwuchs, in den jüngeren Kräften zu suchen sei, und dem erfolgreichen Wirken dieser gilt sein begeistert aufgenommencs Hoch. Das schöne Lied: „Die Krebse haben eine saubere Zunft" erklingt und die von Hrn. Florian componirte und erccutirtc Krebs-Polka wirbelt über die Tasten. Weitere Toaste, Reden und Lieder helfen über kalte Speise, Butter und Käse hinweg, Las geistig und physisch anregende Fest- sonpcr beschließen. Nun gcht's zu den Aufführungen. Bei der gehobenen Stimmung unbemerkt, haben sich bereits die »ütwirkendcn Kräfte heimlich ent fernt, und während im Saale ungezwungene Fröhlichkeit Platz nimmt, pocht nnd hämmert's hinter dem Vorhang, und wundersame Gestalten stoßen und drängen sich, von dem Machtwort des Regisseurs B. ge lenkt. Nicht lange, und das Zeichen ertönt. Der Vorhang hebt sich, und wir sehen den Buchhandels-Aspiranten Windmeycr, wie er, von einem geflügelten Kellner gefolgt, verzweiflungsvolle Worte über sein Schicksal in die vier Coulissen hinaushaucht. — Es würde zu weit führen, wollten wir den Inhalt des Dramas des Näheren ver zeichnen; dasselbe zeigte uns das Bild eines Nothbuchhändlers, wie er ist nnd nicht sein soll, eines ehrsamen Buchbinders, dem das Ge- wcrbegesetz die Paradiesespsortcn des Buchhandels geöffnet. Der NothbuchhändlerBlechschädel, von unserm B. meisterhaft vorgeführt, der dem Laster des Lesens verfallene Lehrling Aujust, der Buchhan- dels-AspirantWindmeycr — waren Gestalten, deren drastische Komik, von vortrefflicher Darstellung getragen, zwerchfellerschütternd wirkte. Aberanch die F ... er Schnellpost, Frau Pieseke, erwarb sich lebhafte Sympathien, und in der That — nicht leicht finden wir eine ähnliche Verkörperung geistiger Anmuth und zarter Weiblichkeit. Als Blech schädel den Schmerz über das Mißlingen des Planes, den re. Wind- meyer an sein Geschäft zu fesseln, durch eine passende Ohnmacht ge dämpft, senkt sich der Vorhang unter lebhaftem Beifall derZuschauer. Nach einer kurzen Kunstpause öffnet sich die Scene von neuem. Der elastische Leicrmann Acpfel-Nante und seine Gemahlin präscntiren sich den bewundernden Blicken. Nante weiß sein Instrument mit vollendeter Grazie und höchstem Ausdruck zu handhaben, während seine Gattin mit Lucca-Stimme Buchhändlers Lebenslauf „Neu- Nuppin hat ihn geboren" re. nach der Melodie su voZus: „Der Hauptmann mitdcm Schnurrbart" vorträgt, von Zeit zu Zeit wie er klärend an ein großes Tableau schlagend. Frau Nante erregt, trotz dem sic wenig disponirt, rauschenden Beifall, und die große Heiter keit, welche ihren Abgang begleitete, war so recht dazu angethan, auch den als Beschluß folgenden Schattenbildern zuSchillcr's „Gang nach dem Eisenhammer" eine günstige Aufnahme zu bereiten. Mit dcr Vorführung der fromm durchgeistigten Züge Fridolin's, dcrcbignon- bchaftcten Gräfin, des energischen Grafen re. halten die officiellen Aufführungen ihr Ende erreicht. Was nun noch folgte an Soli, Quartetten, Liedern, Toasten, Pianofortebcstrebungen — steigerte sich zu einer solchen Quantität, daß wir uns der Masse gegenüber- äußer Stand sehen, beschreibend zu folgen. — Noch gelang cs Hrn. Bette, mit einem Toast auf die Darstellenden und dasComitö durch zudringen, Hrn. Mühlbrccht mit einer Aufforderung zur Sammlung für den Unterstützungsvcrein. Während der lyrische Schluß des Abends sich üppig entfaltete, war bereits ein Theil der Fcstgenossen aufgebrochen; die übrigen blieben noch lange bei anregenden Ge sprächen nnd Gesang zusammen, und dem jungen Morgen war es vergönnt, heiter auf die letzten Thcilnehmcr hcrabzulächcln. — So endigte das schöne Fest. Möge es zur Mehrung des collcgia- lischenSinnes unter den Berliner Gehilfen beigctragcn haben, möge es noch oft in gleicher Weise wiederkehrcn! F. M. Für ttnserc Gehilfen. Ueber das Salariren der Gehilfen brachte Nr. 262 des Börsen blattes einen Artikel, der von Seiten der gut situirtcn und wohl habenden Prinzipale alle Beherzigung verdient, der aber diejenigen Kollegen nicht berühren kann, die selbst mit Mühe und Beschwerden arbeiten, um ihr und ihrer Familien Dasein zu fristen, also auch ihre Mitarbeiter nur im Verhältniß des eigenen geringen Verdienstes besolden. Einsichtsvolle Gehilfen wissen und werden solche Ver hältnisse stets zu würdigen wissen; dagegen erweckt ein anderer Ucbel- stand, dem Gehilfen zuweilen unterworfen sind, welche Logis im Hause ihres Prinzipals haben, die bitterste Verstimmung. Es ist dies der oft verkommende dürftige und ungemüthliche Zustand, in welchen: sich die dem Geschäftspcrsonal zugewicsencn Stuben befin den, ihre so klägliche Einrichtung, daß sie eher für Dienstboten als für gebildete junge Leute bestimmt zu sein scheinen. Man verlangt keine eleganten Zimmer, aber doch anständige und reinliche; ebenso die Möbel, meist alte Stücke, zu schlecht, um sic noch in der Rumpelkammer aufzubewahren, aber dennoch gut ge nug befunden für die Stube eines Gehilfen. Ein angemessen einge richtetes und freundlich tapezirtcs Stübchen, mit reinen Gardinen versehen, dessen saubere Instandhaltung seitens der Dienerschaft die Hausfrau selbst überwacht, ist für einen soliden jungen Mann ein so angenehmer Aufenthalt, daß er seine Freistunden lieber darin als auf der Bierbank verbringt. Aber leider bezeigen sich manche Prin zipale in Betreff des Logis höchst rücksichtslos, ohne den billigsten und auf das bescheidenste vorgetragcnenWünschcnGehör zu schenken. Sic lassen es geschehen, daß die, vielleicht seit einem Menschenalter nicht mehr neu gestrichenen oder tapczirten Stuben der Gehilfen, an
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