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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.10.1938
- Strukturtyp
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- 1938-10-15
- Erscheinungsdatum
- 15.10.1938
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- Deutsch
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wochenlang Sturm- und Regentage dahinbrausen. Inmitten dieser Felder liegt das Dorf Barrt, wo der Dichter geboren wurde. Hier haben schon seine Vorfahren die Jahrhunderte hin durch gelebt — sie alle Dithmarscher, Söhne jenes Volksstam mes, der ehemals den dänischen König und die Fürsten des Nordens vernichtend schlug und sein angeborenes, germanisches Wesen bis auf den heutigen Tag erhalten hat. Gustav Frenssen kam als Junge von dreizehn Jahren in die Quinta der Meldorser Lateinschule. Er litt darunter, einige Jahre älter zu sein als die Klassenkameraden. Aber vor allem litt sein lebenshungriger Geist darunter, daß ihn fast ein Jahr zehnt lang das lebensferne, wissensmäßig erstarrte Durchein ander vergangener und sremdgeistiger — antiker und christlicher — Lehren einengte. Und aus die Lateinschule folgte, auf Wunsch der Erlern, das Lheologicstudium. Noch ungefestigt in sich, spal tet sich seine Natur: hier Schüler und Theotogiestudent — und dort die Bilder und Träume feiner Phantasien, das Leben im Dorfe, die ernsten und freundlichen Tagelöhner, die breiten, lachenden Bauern, die Fahrten mit ihren Söhnen zu Tanz und Gelag, die Liebesstunden, die Gewitternacht, drei, vier Brände am Horizont, das Begräbnis des großen Bauern, Pflügen, Säen und Ernten, und das Leben draußen in der Wett, Wande rungen von Tübingen aus durch das schwäbische Volkstum, Ber lin, die Erscheinung des alten Kaisers oder Bismarcks . . . Erst allmählich, nach vielem mühseligem, oft verzweifeltem Grübeln, erstarlte seine Natur und fand durch das Gestrüpp fremder Lehren hindurch auf das freie Feld, wo sie wieder sicher und eins mit sich selbst atmen konnte. Dieser Durchbruch eignen Wesens gelang zum ersten Male im »Jörn Uhl«. Er legte sein Pastorenamt nieder, das er in zwei Dörfern Norderdithmarschens innegehabt hatte, wohnte vorübergehend als freier Schriftsteller in Meldorf und Blankenese und kehrte nach Barlt zurück, wo er fortan im Hause seiner Eltern lebt. »Es schien mir, wenn ich in der Fremde war, als würde alles unwirklich und als wäre ich verloren in einer schwankenden Welt. Nur da, wo kein Weg ist und lein Fleck Heide, über den nicht die Füße meiner Vorfahren gewandert, und keine Äcker im ganzen Gebiet, auf denen sie nicht ihre schwere Arbeit getan, nur da schien mir die Erde festzustehn. Nur da bewahrte ich mir den Glauben, daß ich nicht mit Unehren durchs Leben käme.« Er hat einmal gesagt: all seine Erzählungen seien dadurch entstanden, daß ein ungerechter Zustand, eine Not ihn quälten. Selber durch Nöte gegangen, weiß er, was ungehemmtes, wesen eigenes Wachsen bedeutet. Ein gütiger Helfer wurde er allen denen, die es schwer hatten. Jörn Uhl, Kai Jans, Klaus Hinrich Baas, Jan Guldt, Bismarck, der Pastor von Poggsee, Otto Babendiek, Dummhans, Mcino, die Witwe von Husum ... sie alle finden durch Not zu sich selber. Die Not aber, die ihn quälte, war immer, so oder so, die Not gehemmten Lebens. Nicht für einen bestimmten Stand, eine bestimmte Moral, ein bestimmtes Programm setzt er sich ein, sondern ausschließlich für das »Leben«. »Meine Sittlichkeit ist, nach meiner Natur, rein biologisch, nur biologisch bestimmt. Die Gesetze des Lebens, des kranken und gesunden Einzel- und Volkslebens, das ist göttliches Gebot, irgend etwas anderes nicht.« Er wurde deshalb von allen denen angegriffen, die das bluthaft Starke und Junge und Gesunde seiner Bücher, seinen Ruf nach Rasse, Volk und eigcnwüchsig deutscher Art nicht ver trugen. »Sie halten mich für einen Umstürzler und Revolutionär, weil ich an einige alte Köpfe geschlagen habe. Ich werde noch an einige andere schlagen und zeigen, daß sie leer und brüchig sind.« Den Kirchen setzte er die tiefe Frömmigkeit des mühsamen, ernsten Volkes entgegen, der engen, welken »bürgerlichen Sitte« das natürliche, wohlgesittete Recht auf Lebensfreude und Ge schlechtlichkeit, den wissensmäßig eingestellten Schulen eine Er ziehung zum wirklichen Leben, der überalterten Justiz das Recht, das in unser aller Gemüt lebt, den Parteien die Forde rung nach sozialer Gerechtigkeit — »Regelung unseres kommu nalen und staatlichen Daseins nach dem sozialen Wert der Menschen« — und nach nationaler Geschlossenheit. »Für diese tief zuunterst liegenden, wahrhaft konservativen Mächte werde ich immer eintreten. Und so bin ich durchaus ein konservativer Mensch. Wenn ich einst aus der Gehässigkeit und dem Wirrwarr dieser Zeit herausgenommen sein werde, wird man das er kennen.« Kunst war ihm nie Selbstzweck. -Das I'art gour I'art ist eine völlig unwürdige Auffassung für die germanischen Völker, ganz und gar ungermanijch. Was hast du für reine und große Ge danken für dein Volk? Das sollten sic untersuchen, tadeln und loben.« Und so nahm er teil an seiner Zeit. »Meine Gabe, von der Natur mir geschenkt, war ein schlichter Geist, aber eine bilder reiche Seele, und ein verzweifelter Wille, meinem Volk zu die nen. Ich hatte keine andere Gabe für mein Vaterland. Ich habe sie ihm dargebracht.« Sein Werk ist eine Chronik deutscher Ge schichte in den letzten fünfzig Jahren von der Schlacht bei Grave- lotte bis zum Dritten Reich: es handelt von den sozialen Spal tungen früherer Jahre, die er beseitigen wollte, von Bismarck, vom Feldzug in Deutsch-Südwest, vom wirtschaftlichen Auf schwung der Borkriegsjahre, vom Skagerrak, von der Not und Tapferkeit an der Front und in der Heimat, von der Ruhr besetzung, von Verfall und Mutlosigkeit unseres Volkes, dem er immer neuen Glauben und Mut zusprach und handelt von der Zeit des neuen, gewaltig auflebenden Reiches, zu dessen Vor kämpfern er gehört und das ihn zu Büchern wie »Der Glaube der Nordmarl» anregte, einem Buch, das wiederum ungezählten deutschen Menschen unserer Tage Klärung, Befreiung und Stär kung brachte. Vor kurzem verlieh ihm der Führer die Goethe-Medaille. Diese Ehrung galt dem deutschen Manne, der sein ganzes Leben hindurch, von Mißverständnis und Spott unbeirrt, am Feuer deutschen Wesens Wache stand, galt dem Dichter, der in großen Erzählungen, Dramen, Grübeleien und gedanklichen Arbeiten vom deutschen Wesen mahnend und leuchtend gekündet hat und galt dem Vorkämpfer, der unermüdlich Erde herbeischaffte für neue Deiche, dahinter unser Volk sicherer und sauberer wohnen kann, und dessen Wollen in den Sätzen zum Ausdruck kommt, die der Dichter kurz nach dem Kriege schrieb: »Es muß eine große Änderung tommen. Die müßte bringen: Erstens, einen demütigen, aber stolzen Glauben an die menschliche Natur. Zweitens, darauf folgend, ein biologisch gesundes Volk. Drit tens, daraus folgend, eine biologische, vornehme Sachlichkeit in Sitte, Verwaltung, Justiz, Schule. Viertens, daraus folgend, ein stolzes Gefühl, in Einheit mit dem Willen des Alls, Gottes, zu sein. Und so wäre der Kreis geschlossen.« Und jetzt ist er fünfundsiebzig Jahre qlt geworden. Wie frü her, sitzt er noch heute Morgen für Morgen an der Arbeit. Nach mittags geht er gerne einmal durchs Dorf oder fährt durch die Köge und an den Deich, oder auf die windstillere, sonnigere Geest. Und abends liest er in Büchern, die aus der weiten Welt in das stille Haus kommen. So lebt er zurückgezogen und doch mit der Welt verbunden '). RummeNumsen. Wettbewerb „Vorbildliches Buchschaffen" Der im vergangenen Jahre mit so großem Erfolge durchgeführte Wettbewerb des Fachamtes Druck und Papier »Vorbildliches Buch schaffen« hat auch in diesem Jahr lebhaftes Interesse aller Kreise des graphischen Gewerbes, sowohl der einzelnen Fachleute als auch der Betriebsgemeiuschaften des Druck- und Verlags- sowie des Buch bindergewerbes gefunden. An die Druckereien und Verlage, die bisher ihre Einsendungen versäumt haben, ergeht deshalb noch einmal die Mahnung, bis zum Einseudungsschluß, am 20. Oktober 1938, ihre Bücher einzu- sendcn, um sie eiuer Bewertung durch ein aus besten Fachleuten zu sammengesetztes Preisgericht zu unterwerfen. (Die Bedingungen für den Wettbewerb sind im Börsenblatt Nr. 201 vom 30. August ver öffentlicht.) Alle Einsendungen zum Wettbewerb »Vorbildliches Buchschaffen« siud zu richten an das Fachamt Druck und Papier z. Hd. des Presse walters Erwin Preis, Berlin SW 61, Jmmelmannstratze 2, III. *) Dieser Tage erschien von Nnmme Numsen: »Gustav Frenssen. Die. Entfaltung eines Lebens« im Georg Trnckenmüller Verlag, Stuttgart. Nr. 241 Sonnabend, den 13. Oktober 1938 803
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