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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.05.1857
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1857-05-25
- Erscheinungsdatum
- 25.05.1857
- Sprache
- Deutsch
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- Saxonica
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M 67, 25. Mai. Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 951 N ichtaintli Etwas über literarische Freibeuterei, mit besonderem Bezug auf „Meyer'S Neues Convcrsations- lerikon." Ein Beitrag zur Sittengeschichte des deutschen Buchhandels. Von E. A. Seemann. Jes. Sir. Cap. 20. Vers 12. 14. 15. Die Erfahrung, daß mit jedem Jahre sich die Zahl der inner halb zwölf Monaten erscheinenden Bücher steigert, läßt uns leicht den Trugschluß ziehen, als nehme die Uebcrproduction der deutschen Pressen in erschreckender Weise zu. Und doch ist, bei Lichte besehen, die Steigerung der Production gegen das Wachsen der literarischen Bedürfnisse des Volks nicht so groß, wie man gewöhnlich denkt, ja ich möchte behaupten, cs wird nicht genug, des Guten nicht ge nug gedruckt, um die steigende Nachfrage befriedigen zu können. Seitdem die Wissenschaft sich aus den engen Studierstuben hcrausgewagt hat und mit wahrer Begeisterung auch von denElassen der menschlichen Gesellschaft begrüßt wird, deren Beruf auf die Praxis des Lebens sich gründet, seitdem ist ein ganz neuer Zweig am Baume der Literatur in wunderbarer Schnelligkeit zur Entwickelung gelangt. Da das allgemeine Verlangen nach populär-instructivcn Büchern von den Männern der Wissenschaft nicht erfüllt wurde, so suchten Unberufene von der Tendenz der Zeit Gewinn zu ziehen, und das Heer schmarotzender Literaten, die mit jeder Materie, auch wenn ihnen das Wesen derselben noch so fremd ist, fertig werden, fand vollauf zu thun, um durch Compilationen und Plagiate die Lücken in der populären Literatur auszufüllen. Die literarische Charlatanerie, die von der Wissenschaft den äußern Apparat geborgt, hat sich auf dem deutschen Büchermärkte niemals so breit gemacht als jetzt und sucht das einmal eroberte Feld zu behaupten auch dort, wo ihr zweifelhaftes Recht zu existiren ver nichtet ist, indem das echte Wissen den usurpirten Platz zurückfordert. Der Kampf der Wissenschaft mit der Charlatanerie hak begonnen und der Buchhandel muß vor Allem bemüht sein, diesen Kampf mit ganzer Macht zu unterstützen. Leider aber zählt der deutsche Buchhändler zu seinen Genossen viele, denen es vollkommen gleichgültig ist, wie das Manuskript eines Druckwerkes zu Stande gebracht wurde, wenn nur der Autor die Grenze nicht überschritten hat, an der das Gesetz zum Schutze des literarischen Eigenthums mit Beschlagnahme und Vernichtung droht. Die gefährlichsten dieser Spekulanten sind diejenigen, deren ganzes Thun und Treiben ausschließlich auf Jdecnraub gerichtet ist. Sic sind es hauptsächlich, die die Solidität des Buchhandels unter graben, dem Verleger den Gewinn an einem verdienstlichen Unter nehmen schmälern, den Sortimenter zum Vertrieb billiger, wenig Gewinn abwerfendcr Waare nöthigen und das Publicum mit trü gerische» Prospekten und lügenhaften Anzeigen hintcrgchen. Im Allgemeinen lassen sich diese Bücherplündercr in zwei Clas- scn theilcn, die jedoch nicht immer streng geschieden sind. Zu der einen gehören die offenen ehrlichen Raubritter und Wegelagerer, die der öffentlichen Meinung und den Begriffen des natürlichen Rechts zum Trotz ihr Handwerk für ein Privilegium halten. „Sie neh men es den Reichen und geben es den Armen." Das ist ihre Ent schuldigung, wenn man sie des Nachdrucks bezüchtigt; ja sic wissen sich einen Anstrich von Liberalität zu geben, indem sie behaupten, für die Verbreitung des Wissens in den unteren Volksschichten be sorgt zu sein. cher Th eil. Die zu der zweiten Classe gehören, sind furchtsame Taschen diebe, ängstliche Gauner und Schleichhändler, die sich vor der öf fentlichen Blamage fürchten, wenn sie bei ihrem säubern Handwerk von einem kritischen Schutzmann überrascht werden. Aus diesem Grunde suchen sie sich, so gut es geht, durch Helfershelfer zu decken. Letztere haben das Amt, die gestohlene Waare umzusetzen oder un kenntlich zu machen, damit sie, auf diese Weise auf den Markt ge bracht, als echt und originell passtren könne. Die der erstcrcn Classe nngehörigen Individuen haben den lei digen Vorzug, daß sie kenntlich sind, wenigstens im Buchhandel kenntlich. Aus ihren Werkstätten gehen billige Sammelwerke her vor, belletristische, naturwissenschaftliche, geschichtliche und andere Volksbibliothekcn. Doch pflegen sie in ihrer lobenswerthen Sorge für billige Literatur an der Stelle Hall zu machen, wo der Undank der Nation mit dem lästigen Nachdrucksgcsetzc ihr Wohlthun zum Verbrechen stempelt. Bei weitem größer ihrer Zahl nach ist die Classe der verschämten, mit falscher Maske bei Nacht und Nebel umhcrschleichendcn, nach einem Fange spionirenden Büchermacher, welche gemeiniglich einen, zwei oder eine ganze Schaar Skribenten in Sold haben. Wittern sie ein Werk aus, bei dem es sich der Plünderung verlohnt, so wer den die literarischen Fanghunde darauf losgelasscn. Diese plündern und berauben ihr Opfer, leimen die zerrissenen Bruchstücke der Beute unter Zusatz einiger Lappen, die sie an anderen Orten geborgt haben, zusammen, staffircn den Wechsclbalg mit einigen verlegenen Bildern, gleichviel ob sie zum Ganzen passen oder nicht, aus, — und das neue Opus geht in die Well, billig, bunt und ausposaunt als das „>on plus ultrs" seiner Art. Darf es uns wundern, wenn Bücher dieser Act „brillant ge hen"? Gewiß nicht! Die populäre Literatur wird von der Kritik in den meisten Fällen als bedeutungslos zur Seite geschoben. Und wenn sich wirklich unsere kritischen Journale und diejenigen Zeit schriften, die Literatur und Kunst feuillctonistisch behandeln, die Mühe nehmen wollten, die LIironigus sosnäsleuse des LiterakenthumS ins Bereich ihrer Besprechungen zu ziehen, so würde nur in den sel tensten Fällen der Artikel von dem gelesen, für den er von Wirkung ist, denn die große Menge der Zeitungsleser und namentlich Leser innen pflegt Bücherrecensionen als ungenießbar zu übergehen. End lich aber — und das ist am meisten zu beklagen — sind viele Re- censcnten leichtfertig genug, den Prospekt eines von ihnen ober flächlich durchblätterten Buches zur Grundlage ihres Referats zu machen. Doch es kann nicht meine Absicht sein, hier eine Kritik der Kritik zu üben, so interessant und nützlich auch eine Umschau auf diesem Gebiete des Journalismus sein möchte. Es handelt sich nur darum zu untersuchen, was etwa vom Buchhandel aus geschehen könne, um das schamlose Treiben gewisser Leute zu Nutz und From men des Ganzen zunichte zu machen. Was zunächst die Verleger anlangt, so wäre cs zu wün schen, daß manche, die nur auf höhere, für exclusive Leserkreise be stimmte Verlagswcrke bedacht sind, die Tendenz der Zeit verfolgend, mit ihren Autoren bisweilen einige Stufen Herabstiegen und durch Herstellung populärer Schriften das Geschäft feiler Skribenten zum Banquerott brächten. Dann aber ignorire man auch nicht den lite rarischen Raub und scheue sich nicht, für sein eigen Recht offen auf- zutrelen, damit Jeder erfahre, vor welchen Namen er sich zu hüten habe. Leider kommt es ja so oft vor, daß junge Verleger sich durch den Namen eines Autors verführen lassen, der zufällig ein gang bares Buch zusammengestoppelt hat, während sie doch besser thäten, 135^
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