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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.03.1911
- Strukturtyp
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- 1911-03-25
- Erscheinungsdatum
- 25.03.1911
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- Deutsch
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^ 70. 25. März 1911. Nichtamtlicher Teil. Börlenblakt d. Dtschn, vuchhanbel. 8751 Leider sind die Erwägungen der Negierung hierüber noch nicht abgeschlossen. Es handelt sich hier um eine Frage der Volks wirtschaft und um eine ideelle Frage. Die Abonnentenver- sicherung schädigt die Interessen des Publikums und die Solidität der Presse durch einen unlauteren Wettbewerb. An der Be kämpfung dieses Unfugs haben alle Parteien das gleiche Interesse. Durch die gesetzlichen Bestimmungen über den un lauteren Wettbewerb können wir dem Übel nicht steuern. Es muß ein selbständiges Gesetz erlassen werden. Wir wollen vor allem den Arbeiter, Landwirt und Handwerker schützen. Wenn ich auch nicht so weit gehen will, in dieser Versicherung einen Volksbetrug zu sehen, so muß ich doch sagen, daß es sich hier um eine Täuschung und Schädigung des Publikums handelt. Dieses ganze Versicherungswesen beruht auf einer ungesunden Basis. Die Abonnenten werden gegen Tod und Unfall, z. B. mit 1000^, ver sichert; in kleiner Schrift ist hinzugefügt: sin der Regel«. Man operiert hier mit einer tatsächlichen Täuschung. Unter hundert Abonnenten läßt sich kaum einer die gedruckten Statuten kommen; die Abonnenten lesen nur die großsprecherische Reklame, daß sie eine Versicherungssumme von 1000 ^ erhalten. Zwischen Ver legern und Versicherungsgesellschaften bestehen vielfach sehr ver fängliche Vertragsbestimmungen, wonach z. B. die Versicherung nicht gezahlt wird, wenn der Versicherte das sechzigste Lebensjahr überschritten hat. Alle diese Fußangeln kennt der Abonnent nicht. Außerdem enthalten die Statuten noch so viele Ausnahmen, daß die Auszahlung der Versicherungssumme nicht die Regel, sondern die Ausnahme ist. Diese Versicherungen schaden den soliden Zeitungen, dem guten Ruf der Versicherungsgesellschaften und vor allem Handwerkern, Arbeitern und Landwirten; darum ist es notwendig, diesem groben Unfug so bald wie möglich ein Ende zu machen. Abgeordneter vr. Junik (nl.): Von einem »groben Unfug« möchte ich nicht sprechen, überhaupt ist uns der Antrag des Zentrums viel zu radikal, denn er trifft Gerechte und Ungerechte gleichmäßig. Man muß unterscheiden zwischen solchen Ver sicherungen, wo der Verleger die Abonnenten selbst versichert, und solchen, wo der Verleger Schutz bei Versicherungsgesellschaften sucht. Dieser letzte Weg ist unbedenklich. In diesem Falle ist der Verleger der Versicherungsagent, Akquisiteur. Aufgabe des Aufsichts amts ist es, die Interessen der Versicherten zu wahren. Es hält ja auch darauf, daß der Verleger keine Reklame treibt, die im Widerspruch steht mit den Bedingungen der konzessionierten Versicherungsgesellschaft. Es wacht auch darüber, daß die Ver- sicherung nicht plötzlich aufhört. In dieser Beziehung bestehen also keine Bedenken. Gegen die Akquisition läßt sich vom Standpunkt der guten Sitte nichts einwenden. Es würde sogar unsozial sein, solche Versicherungen zu verbieten. Wir sind vom liberalen Standpunkt dagegen, daß solche Er scheinungen einfach totgeschlagen werden. Auf einem anderen Blatt steht die Versicherung der Abonnenten durch den Verleger selbst; hier können Mißstände hervortreten. Zeitungs verleger und Versicherungen sind zwei ganz heterogene Dinge; die Versicherung ist immer etwas Selbständiges. Zunächst wollen wir einmal klar sehen, wir wollen das Aussichts amt fragen, ob ein solcher Eingriff der Gesetzgebung schon not wendig ist; mit bloßem sittlichen Pathos läßt sich die Frage wirklich nicht erledigen. Wir bitten daher, unseren Antrag wegen Vorlegung einer Denkschrift anzunehmen. Mit dem Antrag auf ein Verbot kommen Sie auch nicht weiter. Politisch ist die Sache nicht; wenn man die Presse aller Parteien ansieht, gilt das Wort: ?6eoa>t>ur intia inuros et extra Direktor im Reichsamt des Innern EaSpar: Auf den Beschluß vom vorigen Jahre hat der Reichskanzler die Meinung der Bundesregierungen über die Abonnentenversicherung einge holt. Es hat sich dabei herausgestellt, daß die vom Abgeordneten Junck geäußerten Gegengründe weitaus überwiegen, und daß nennenswerte Mißstände sich bei der Abonnentenversicherung überhaupt nicht ergeben haben. Sie hat aber für Kreise der Be völkerung große Bedeutung, die sonst von der Versicherung keinen Gebrauch machen können. Es sind ganz erhebliche Beträge den Kreisen des Mittelstandes zugeführt, in den Jahren 1908, 1909 und 1910 rund 7,6 Millionen. Die vom Abgeordneten Marcour hervorgehobenen Mißstände sind nicht drückend und treten bei der Abonnentenversicherung nicht schärfer hervor als bei anderen Versicherungen auch. Die anscheinend rigorosen Bestimmungen gelten für die Privatversicherung ebenso wie für die Abonnenten versicherung. Abgeordneter Tchwartz - Lübeck (Soz.): Die Abonnenten versicherung ist eine der übelsten Blüten am Baume unseres mo dernen kapitalistischen Zeitungswesens. Jede anständige politische Zeitung müßte ein solches Mittel zum Abonnentenfang grund sätzlich ablehnen. Kaum einer der Abonnenten hat einen Blick in die Bedingungen getan, und es handelt sich vielfach um offen baren Schwindel. Abgeordneter vr. Potthoff (fortschr. Volksp.): Wir stimmen für die nationalliberale Resolution, obgleich es auch nicht nötig wäre, daß wir, nachdem wir zwei Jahre über die Sache debattiert haben, noch eine besondere Denkschrift verlangen. Die ver bündeten Regierungen glauben anscheinend überhaupt nicht an Mißstände auf diesem Gebiete, und diese Stellungnahme scheint uns denn doch etwas optimistisch zu sein. Die Zentrums resolution geht zu weit, denn sie würde auch verbieten, daß Ver sicherungsgesellschaften Zeitschriften an ihre Versicherungsnehmer herausgüben. Gegen den Schwindel auf diesem Gebiete sind wir ebenso entschieden wie irgendeine andere Partei des Reichs tages. Die Gerichte könnten diesem Schwindel auch ohne neue gesetzliche Bestimmungen zu Leibe gehen, wenn sie nur die Vorschriften über die Verstöße gegen die guten Sitten streng zur Anwendung brächten. Alle solche Verlags-Nebengeschäfte müssen dem Reichsaufsichtsamt unterstellt werden. Stellvertreter des Reichskanzlers, Staatssekretär des Innern, Staatsminister vr. Delbrück: .... Die Schwierig keit der Abonnentenversicherung liegt für uns ja einmal darin, daß wir vor die Frage gestellt sind, ob wir auf Grund einer einzelnen Entscheidung des Reichsgerichts, die ich auch nicht ohne weiteres für ganz zutreffend halten möchte (Hört! hört! links), schon an eine gesetzgeberische Regelung der Sache herantreten wollen, und zweitens darin, daß es für uns nicht leicht ist, tatsäch lich ein Bild von dem Umfange dieser Versicherungen und ihrer wirtschaftlichen und sozialen Wirkungen zu bekommen, weil eben ein Teil dieser Versicherungen, soweit sie nicht beaufsichtigt sind, sich im allgemeinen unserer Kenntnis entzieht, und das ist auch der Grund, warum wir nicht ohne weiteres in der Lage sind, die Übersicht vorzulegen, die der Herr Vorredner eben als etwas ganz Selbstverständliches von uns verlangt hat. Ich bin aber gern bereit, durch eine Umfrage bei den Bundesregierungen zu ver suchen, ein möglichst vollkommenes Bild von dem Umfange und Versicherung zu gewinnen, und werde mir gestatten, bei gegebener Gelegenheit dem Reichstage von dem Ergebnis dieser Umfrage Mitteilung zu machen. (Bravo!) Abgeordneter GieSberts (Zentr.): Die kleinen Zeitungs verleger werden von den Erklärungen des Ministerialdirektors Caspar mit Vergnügen Notiz nehmen und sie zu Reklamezwecken benutzen. 99 Prozent aller Organisationen sind für ein Verbot der Abonnentenversicherung. Es handelt sich hier um einen Schädling am Baum der deutschen Presse; er muß einfach tot gedrückt werden. Wir begegnen jetzt sogar einer Kredit abonnentenversicherung, der eine Verleger sucht dem anderen es vorzutun. Das ist eine Krankheit im deutschen Preßwesen, die Presse ist aber wie ein Geschäft, und wir sollten alles daran setzen, zu verhindern, was die Presse in ihrer Entwicklung hemmen könnte. Wenn der Ministerialdirektor Caspar gemeint hat, es seien keine Beschwerden über die Abonnentenversicherung eingegangen, so möchte ich ihn darauf Hinweisen, daß der Ab geordnete v,-. Marcour ein reichhaltiges Material gesammelt hat, und daß die sächsische Landwirtschaft ein strenges Vorgehen gegen die Abonnentenversicherung gefordert hat. Eine gründliche Untersuchung wird zeigen, daß hier gar nichts anderes hilft als eine Radikalkur. Wir dürfen die Presse doch nicht beurteilen vom Standpunkt des Heringsgeschäfts; die Presse ist doch ein Kulturfaktor ersten Ranges, sie ist der Vermittler unserer geistigen Kultur, der Vermittler unserer politischen Ideen. Be deutungsvolle politische Zeitungen haben die Abonnentenversiche rung aus Gründen der Vornehmheit nicht eingeführt, und die sie haben einführen müssen, beklagen sie jetzt; der Verleger muß die etwaigen Verluste doch irgendwo herausschlagen, 487*
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