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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.07.1858
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1858-07-14
- Erscheinungsdatum
- 14.07.1858
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- Deutsch
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^ 88, 14. Juli. Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 1259 Nichtamtlicher Theil. Der Berlagsbuchhandcl auf Actien. Die deutschen literarischen Zustände kennzeichnen sich bekannter Weise vornehmlich dadurch,.daß die schaffende Thäligkeit in Literatur und Kunst in ausgedehntem Maaßc zu einem fachgemäßen Brodcr- wcrbe gemacht ist. Wir haben eine zum Erschrecken große Menge von Lyrikern, Romanschrcibern, Thcatcrrcccnscnlen, scheinbaren Philosophen u. s. w., die, der Macht ihres Genies vertrauend, sich und der Welt genug zu sein glauben, wenn sic ihr ganzes Thun und Lassen dem „inneren Berufe" widmen. Wie viel Noth und Elend durch solch' leichtfertiges Hindämmern des bürgerlichen Da seins gefördert wird, davon kann der Buchhändler, zumal wenn er sich einigermaßen umgeschcn hat, traurige Dinge erzählen. Das deutsche Volk ist, wie man sagt, seit dem Jahre 1848 praktischer geworden; von den vormärzlichcn Untugenden hat es wenigstens Vieles verloren. Man sollte nun annehmcn, daß mit der Liebe des großen Haufens zu nebelhaften Anschauungen und Träumereien auch das Fachlitcratcnthum allmählig seinen Boden verlieren, und wenn nicht entschiedener literarischer Beruf vorlicgt, sich seiner Mehrheit nach einer nützlicheren und berechtigteren Thäligkeit zu- wcndcn müsse. Aber es scheint fast nicht. Gewisse Anzeichen drängen sogar zu dem Schlüsse, daß dasselbe sich mehr und mehr zur eigent lichen Zunft gestalten wolle. Man gründet Vcrsicherungscassen und sucht nach gewissen Eorporationsccchten. So z. B. behandelt man das sogenannte geistige Eigenthum beinahe wie eine Eorporations- sachc gegen den Buchhandel, und vergißt darüber, daß dieser gerade das größte Interesse an der Sicherung desselben zu nehmen har. Er ist es ja factisch, der am meisten zu dessen Förderung gckhan hat und unausgesetzt daran fortarbcitet. Das Literatcnrhum hat bis jetzt nichts gelhan, als mit Verachtung aller wissenschaftlichen Aus bildung dieser Rcchlsidee raison nirt und damit der guten Sache mehr geschadet als genützt. Ganz aus den nämlichen Zunftanschauungcn und Nergeleien gegen den Buchhandel entspringen die Projcctc der Actien-Vcrlags- handlungcn. Man macht damit den Versuch, die literarische Tätig keit, die im Großen und Ganzen nur eine Sache der Muse sein soll, zu einem sichern und verlässigen Broderwerb zu gestalten. Immer hin. Aber dabei sollte man wenigstens ehrlich genug sein, das wahre Wesen der Sache nicht hinter schönen Redensarten zu verbergen, und sich der Phrase enthalten, daß man eine Förderung der literari schen Interessen dabei im Auge habe. Als wenn es die gegenwärtige Gestaltung des Buchhandels und nicht vielmehr die ohne Ideal arbeitenden und nur auf den Erwerb ausgehenden Literaten cs seien, denen die seichten Productioncn, worüber man klagt, zunächst ihr Entstehen verdanken. Was kann in der Thal von einer Vcrlagslhätigkcit erwartet werden, die ihre Wirksamkeit in eine dem deutschen Buchhandel ganz widerstrebende industrielle Form zwängt? Doch wohl nur In dustrielles. Ein privater Verlagshändlcr handelt sehr viel aus lite rarischem Interesse, einer Lieblingsidcc bringt er oft große Opfer, und der Ehrgeiz spielt keine geringe Rolle bei uns; das sind Dinge, die eine Actien - Gesellschaft nicht kennen darf, sie muß bei jedem Schritt an ihre Rentabilität denken. Die Frage des Gewinns ist bei ihr allein entscheidend, nicht blos wenn sic den üblich großen Ver heißungen, sondern den allcrgcwöhnlichstcn Pflichten gegen die Actionäre gerecht werden will. Wir fragen, welches Heil kann der Literatur hieraus erblühen? Wohin führt dieser Genccalgrundsatz der Plusmachcrei ein Unternehmen, den es nicht verlassen kann, ohne in sich selbst zu zerfallen? Wenn der Buchhandel im Allge meinen von einem solchen Ealcül des nächsten und dircctcn Vor- thcils ausgchcn wollte und könnte, so mag Gott wissen, um welchen Theil der Literatur wir ärmer wären. Um den schlechten wahrlich nicht, denn dieser hat noch immer leidlich rcntirt, wenn nicht gar ersprießlichen Gewinn «angebracht. Wahrscheinlich aber um den besseren, der vcrhältnißmäßig die meisten, vor Actionärcn gar nicht zu rechtfertigenden Opfer erheischt, und welcher daher durch eine Actien-Gesellschaft schlechterdings nicht zu fördern ist. Die Lage des Schriftstellers soll durch die Actien-Veclagshand- lungen verbessert werden. Er empfängt deßhalb kein voraus be stimmtes Honorar, sondern 60 Proc. Gewinn nach dem Geschäfts- rcsultate. Bei der pecuniärcn Stellung der meisten Schriftsteller wird sich dieser Grundsatz in der Praxis sehr gcmüthlich ausnchmen! Nach einem allgemeinen Handclsgrundsatze hat nun derjenige, welcher am Gewinn theilnimmt, auch für den etwaigen Verlust cinzustchcn. Freilich verzichtet der Actien-Autor in solcbcn Fällen auf jede Ent schädigung für seine Arbeit. Aber wie kann diese Verzichtlcistung in Anschlag kommen, wenn z. B. bei Unternehmungen von etwas complicirter Herstellung der effektive Verlust das Zehnfache des eventuellen Honorars übersteigt? Sollen hierfür die Actionäre allein aufkommcn? Nimmermehr. Wenn diesen Recht geschehen soll, so hat der Acticn-Autor, welcher günstigen Falles 60 Proc. Gewinn ein- zicht, auch, wenn es schlecht geht, den verhällnißmäßigen Verlust zu tragen. Dieses Verlangen beruht auf einem Grundsatz von so unangreifbarer Wahrheit, daß er sich nicht durch einen willkürlichen Statuten-Paragraph umstoßcn läßt. Die Betheiligung des Autors am Gewinn ist etwas, dem von gewisser Seite schon lange nachgestrcbt wird, und man hört denn auch, daß einzelne Verlagshandlungen eine solche „naturgemäßere Einrichtung" bereits getroffen haben. Das Börsenblatt selbst brachte in einer der letzten Nummern ein Aktenstück, wonach eine Verlags- Handlung in Lahr für wissenschaftliche Lehrbücher in Collcctionsform den Autoren auf diesemWegc 87*/» Thlr. pro Bogen in Aussicht stellt. Bei den bekannten üblichen Honorarzahlungen muß cs nach einem solchen Zugeständnisse von buchhändlerischer Seite sonnenklar schei nen, daß die Autoren bei der bisherigen Weise ganz maaßlos über- vorthcilt worden sind. Doch wollen wir einmal nachrcchncn, wie sich das glänzende Anerbieten nach den gewöhnlichen praktischen Resultaten stellt. Die Nerlagshandlung in Lahr wünscht Lehrbücher ä 12 Bogen, die sic in der Eollection zu 1>/z Thlr., apart zu 2 Thlr., im Preise be stimmt. Nebenbei bemerkt, ist das ein auffallend hoher Preis, denn für den Scparatbezug kommt der Bogen auf 5 Ngr. zu stehen! Es liegt daher die Vermuthung nahe, daß die Druckbogen in Lahr etwas länger sind, als die Leipziger. Für einen Druckbogen, der so ausgedehnt ist, daß das Publicum 5 Ngr. dafür zu zahlen Willens ist, zahlt der gewöhnliche Verleger, wenn er mittelmäßig zahlt, gern 12 Thlr. Honorar. Angenommen nun, ein solcher wollte 12 Bände einer wissenschaftlichen Eollection, wie die Lahrcr erscheinen lassen, so würde er auf 12 Bogen 144 Thlr. pro Band, für die 12 Bände zusammen also 1728 Thlr. zu zahlen haben. Die Lahrcr Vcrlagshandlung dagegen zahlt nach dem Resultate des Absatzes den halben Reingewinn, also bei 2000 zu obigem Preise abgcsetzten Exemplaren 87Vs Thlr. pro Bogen. Wo ein Werk seine Kosten nicht erreicht oder gerade deckt, hat sie natürlich nichts zu zahlen, wo ein Werk 40 oder 60 Proc. Gewinn macht, zahlt sie die Hälfte hiervon rc. Nack der Erfahrung würde sich der Absatz einer solchcnEollection imDurchschnilt etwa folgendermaßen stellen: 2Bände erreichen die Kosten nicht, 2 decken die Kosten, 2 machen 40 Proc., !74*
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