Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.12.1858
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1858-12-22
- Erscheinungsdatum
- 22.12.1858
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18581222
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-185812227
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18581222
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1858
- Monat1858-12
- Tag1858-12-22
- Monat1858-12
- Jahr1858
-
2465
-
2466
-
2467
-
2468
-
2469
-
2470
-
2471
-
2472
-
2473
-
2474
-
2475
-
2476
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
157, 22. December. Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 2467 solchen allgemein gewährleisteten geistigen Eigenthumsrechte ein Vortheil erwachsen könne. Um hier mitconcurriren zu können, müßte eben Italien auf einer anderen Stufe stehen; denn Eoncurrenz ist hier wie da, wie bei Einzelnen so bei ganzen Nationen: die Stär keren erdrücken die Schwächeren, und in Geldsachen hört die Ge- müthlichkeit auf. Glauben die Italiener, daß französische und bel gische Verleger und Literaten diese Sache aus bloßer Begeisterung für die Verbrüderung aller Nationen angeregt? Industrie-Schriftsteller, Industrie-Künstler, Industrie-Musiker wollen größeren und gesicherteren Erwerb, eine Phalanx gut situirter Verleger rc. will Capitalschutz. Das ist des Pudels Kern. Wir ha ben durchaus nichts dagegen und finden das nach menschlicher Weise ganz in der Ordnung, weil wir recht gut wissen, daß der Eigennutz das Haupttriebrad der Welt und der Vater alles materiellen Fort schrittes ist. Diese Herren sehen das Ding prosaisch und geschäfts mäßig an, wie es sein muß in einem soliden Hause, und wenn ein hübsches Etikett darauf geklebt wird, so versteht sich das ebenso von selbst, wie bei der Flcckseife oder der Bartpomadc mit ihren rothen und goldenen Arabesken und ihrer französisch-vornehmen Benen nung. Wenn die italienischen Buchhändler selbst den ausgezeichnet sten Schriftstellern kein Honorar zahlen, wenn sie eingestandener maßen nur durch Subscriptionen und temporär zusammengetretenc Vereine mühsam in den Stand gesetzt werden können, ihre Werke zu veröffentlichen, was können sie von einem internationalen geist igen Eigenthumsrechte für Vorthcile ziehen? Was nützt mir das Recht, wenn ich kein Geld dafür erhalte?! Andere, bester situirte Herren, namentlich die Pariser Romanschreiber ic., wünschen eben dcßhalb, weil sie Geld bekommen, das Recht anerkannt; denn auf diese Weise würden sie noch mehr Geld bekommen. Wenn das in ternationale Eigcnthumsrcchl anerkannt ist, dann kann z. B nicht mehr Herr ...ini in Neapel, oder Herr ...ucci in Livorno ein beliebtes Theaterstück, einen französischen Roman so ungcnirt Nachdrucken wie bisher. Den genannten Herren bringt cs also Schaden; seinen Landsleuten aber, die ihr Geld nach Frankreich schicken, keinen Nutzen. Zuletzt läßt man aber doch am liebsten seine Landsleute leben. Oder wollen die italienischen Autoren fortan ihre Verleger im Auslande, etwa in Paris, Brüssel, Leipzig suchen? Da würden das Risiko der Verleger, die Schwierigkeit des Vertriebes nach Ita lien rc. doch manche Hindernisse in den Weg legen. Wie gesagt, so weit wir, aus der Ferne und nur nach den Aussagen der Einheim ischen urtheilcnd, die Sache überblicken können, kann denZtalienern, wenn sie praktischen Verstand haben, gar nichts daran gelegen sein, schon jetzt in irgend welchen internationalen Verband dieser Art einzutreten. Wenn sie cs vor der Hand dahin bringen, in Italien selbst bessere Zustände herbcizuführcn, namentlich aber den einzelnen Autor und Verleger vor Nachdruck zu sichern, so ist schon viel gewon nen. Wenn der Nachdruck unterdrückt werden kann, durch zesetzlichc Mittel und gleichförmige Polizei der verschiedenen Staaten, so wer den sich auch allmählig Verleger finden, die etwas daran waren, die Honorar zahlen rc. Mit der Honorarzahlung ergibt sich daan das geistige Eigenthumsrccht. Denn der Preis literarischer und künst lerischer Werke ist ein rein imaginärer, der durch die Umstärde be stimmt wird. Der Werth eines Buches, Kunstwerkes u. dgl. hängt weit mehr als jeder andere Gegenstand von Verhältnissen undCon- juncturen, namentlich von dem Geschmacke des Publicums ab und danach bemißt sich natürlich auch der Werth des Rechtes, der fatisch in vielen Fällen unter Null sein kann, selbst bei den größten alle ren Vorzügen. Die Geschichte von verhungerten Genies, vonvcr- kannten Künstlern, von der Unverständigkeit des Publicums - so alt, als Menschen zurückdcnken können. Es scheint uns aber u ge rechtfertigt, zu glauben und zu erwarten, daß die staatliche Gewhr leistung eines allgemeinen geistigen Eigenthumsrechls hierin besn ders viel ändern und etwa einen bestimmten Werth des Pceiswüc- digen herbeiführen werde. Dieses Recht ist vorläufig nur für dieje nigen, die bereits im Besitze sind, für gelesene Schriftsteller, gefeierte Künstler und wohlhabende Geschäftsleute, nicht aber für verleger- lose Literaten, arme Maler und Musiker, welche leicht in eine noch schlimmere Lage kommen können, weil die Kaste der Privile- girten sie erdrückt oder ausschließt. Welchen Werth man auch der Verbrüderung aller Buch- und Kunsthändler beilegen mag, für die Italiener scheint es vortheilhafter, wenn sie zuerst im Kleinen an fangen und in ihrem Lande, vielleicht erst in einem Staate, eine feste Ordnung begründen. Wenn die italienischen Verleger und Buchhändler erst eine solide Körperschaft bilden, ist der Anschluß an das Ausland und an das internationale Schutzrecht eine leichte Sache. . . (Nach einer Schilderung von dem allbekannten Verlaufe des Brüsseler Eongresses fährt sodann das Magaz. fort:) Sollen wir den allgemeinen Eindruck wiedergebcn, den dieser Congreß machen muß, so ist es vor Allem der der Verwirrung, wie überhaupt die ganze Sache diesen Charakter an sich trägt. Praktische Uebelstände, Billigkcitsfragen und Rechlsbegriffe sind in einen wüsten Knäuel gewirrt, und nun zerrt der Eine hierhin, der Andere dorthin. Man sieht, daß die Frage erst in den ersten Stadien der Ent wickelung steht und nur tumultuarisch und ohne leitende Grund- I sähe angegriffen wird- Ist cs nicht eine Gedankenlosigkeit sonder gleichen, daß die Annahme, als wären die Interessen des Pcoducenten, d. h. des Schriftstellers und Künstlers, und die des Verlegers und Kunsthänd lers identisch, ganz unschuldig und ohne Weiteres acceptirt wird? Ist denn wirklich der Buch- und Kunsthändler so unbedingt der Mandatar und Sachwalter des Autors, daß Letzterer sich vertrauens voll unter seine Flügel begeben kann? Vermischen sich ihre beider seitigen Interessen wirklich in dem gemeinsamen Rechtebes geistigen Eigenthums? Wir dächten doch, Beide hätten sehr verschiedene Interessen, und ihr beiderseitiges Verhältniß wäre nicht immer das einer rosenfarbenen Gemächlichkeit. Was Buch - und Kunsthändler für ein Interesse haben, ein geistiges Eigenthumsrecht zu wünschen und sestgcstcllt zu sehen, liegt auf der flachen Hand. Kapital- und Jndustrieschutz; ganz dasselbe, was man früher Privilegium nannte. Das Wort „geistiges Eigenthumsrccht" ist nichts als eine Etikette im Geschmacke unserer Zeit und heißt auf deutsch „Pxivilegium eines Verlegers u. s. w. auf einen nutzbaren Autor". Wäre der Letztere wirklich im freien Besitze seines geistigen Eigenthums, so bedürfte es eines so vorsorglichen Gesetzes nicht, welches der Dauer desselben Fristen setzt. Ein Schriftsteller z. B., der entweder seine Werke selbst hcrausgibt oder seinem Verleger immer nur Eine Auf lage verkaufen würde, bleibt von selbst im immerwährenden Besitze seines Rechtes und könnte dasselbe testamentarisch an Kinder oder jeden beliebigen anderen Erben vermachen. Hier wäre wirklicher Be sitz vorhanden, der auf keine Weise streitig gemacht werden könnte. Andererseits kann aber derselbe Schriftsteller sein Werk und sein Eigenthumsrccht dem Verleger für eine runde Summe dergestalt abtreten, daß er allen weiteren Ansprüchen entsagt; natürlich ist dann der Verleger der Besitzer, und sein Recht auf Herausgabe des Buckes, so oft und wann er will, kann keinem Bedenken unterliegen. Hier ist aber nicht mehr von einem geistigen Eigenthumsrechte die Rede, das ja mit dem Rücktritte des wirklichen geistigen Eigenthümcrs er lischt, sondern von dem Benutzungsrechte einer Sache. Nicht das Geistige gilt etwas, sondern das materielle Buch, so und so viel Loth oder Pfund bedrucktes Papier u. s. w. Sckiller's und Goethe's Werke rangiren hier vollständig mit Schuhen, Stiefeln, Seife, Pomade u. s. w.; der Buchhändler handelt nicht mit Geist, sondern mit bedrucktem Papiere. Was den Preis und Markt desselben macht, 338'
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Keine Volltexte in der Vorschau-Ansicht.
- Einzelseitenansicht
- Ansicht nach links drehen Ansicht nach rechts drehen Drehung zurücksetzen
- Ansicht vergrößern Ansicht verkleinern Vollansicht