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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 10.11.1856
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1856-11-10
- Erscheinungsdatum
- 10.11.1856
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- Deutsch
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2104 Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. M 139, 10. November. darum hat er das Recht auf persönliche Sicherheit, das Vermögen seine Anlagen frei zu gebrauchen, das Eigcnrhum seiner Person. Da er nun seine Anlagen besitzt, so besitzt er auch das, was er durch die Uebung derselben, durch die Arbeit erwirbt, möge nun das Ergebniß dieser Arbeit ein geistiges sein oder ein materielles. Das Eigenthum ist auf diese Weise eine Ausdehnung der Person: eine Sache ist nur dann dir eigenthümlich oder dein Eigenthum, wenn sie mit Hilfe der Arbeit aus dir hervorgeht; eine Sache wird nicht dein Eigen- thum, verwächst nicht mit deiner Person, wenn sie nicht aus deiner Person selbst hervorgeht. Das untrügliche Gesetzbuch des gesunden Menschenverstandes hat die Wahrheit geheiligt, daß die Wirkung ihrer Ursache angehört, und daß jeder hervorgebrachte Werth das Eigenthum dessen ist, der ihn hervorgebracht hat. Die Arbeit ist die Ursache des Eigenthums, der Grund seines Bestehens, jedoch nicht sein historischer Ursprung. Oester noch als die Besitznahme, ist die Arbeit, durch Uebermachung, der erste Rechlsgrund für das Eigen thum geworden; indessen muß man doch anerkennen, mögen Usur pationen stattgefunden haben, mag das Recht in Wirklichkeit ver letzt worden sein, es steht bei alledem in dem Bereiche der Vernunft gleich unerschütterlich fest. Es gehört also jeder neugeschaffcne Werth seinem Schöpfer an, wie die Wirkung ihrer Ursache: Arbeit verleiht Eigenthum. Jetzt zu unserem zweiten Satze, daß ein literarisches oder arti stisches Werk durch die Arbeit des Menschen hervorgebracht ist. Die ser Satz scheint anfänglich keinen Widerspruch Hervorrufen zu kön nen; denn was ist dem Menschen inniger angehörig, gleichsam persönlicher, als seine Gedanken, und wenn die Arbeit nur dadurch ein Eigenthumsrecht begründet, daß sie von der Person selbst aus geht, so scheint es keinen geheiligteren Anspruch auf Eigenthum zu geben, als die Arbeit des Gedankens. Jndeß begegnen wir bei die sem Satze so oft wiederholten Trugschlüssen, daß dieselben endlich eine gewisse Eonsistenz gewonnen haben. Während man gern zu gibt, daß der Autor allerdings Eigenthümer seiner literarischen oder artistischen Werke sein soll, weil er sie durch die Arbeit seines Geistes geschaffen hat, so behauptet man dagegen, daß er nicht der aus schließliche Eigenthümer derselben sein kann, weil er nicht der einzige Schöpfer derselben ist, indem die Gesellschaft an ihrer Herstellung Antheil hat; man geht sogar so weit, zu behaupten, daß sie den größten Antheil daran hat, und schließt daraus, daß sie auf die er zeugten Werke, wo nicht vollständiges Eigenthumsrechl, so doch we nigstens Anspruch auf Mitbesitz hat. Wir behaupten keineswegs, daß der Autor keine Idee aus'der Gesellschaft entlehne, daß er sich vollständig von der Gesellschaft abschließe, in deren Milte ec lebt; aber entscheiden, daß, weil er die Arbeiten seiner Vorgänger benutzt, weil er aus dem Geiste der Gesellschaft schöpfte, ec das Eigenthum an seinem Werke verliere, das hieße das Eigenthumsrechc selbst in seiner Basis untergraben. Denn in der Thal, in derselben Lage befindet sich ein jeder, welchen Werthgegenstand er immer erzeugen mag. Alle Arbeit hat ihren Ausgangspunkt in dem gegenwärtigen Zustande der Gesellschaft: jedes Werk, sei es ein geistiges oder Hän dewerk, wurzelt in der Vergangenheit. Der Mensch kann sich dem Einflüsse der Gesellschaft nicht entziehen; dieser Einfluß ist für ihn sogar die Ursache alles Fortschrittes, aller Vervollkommnung auf dem Gebiete der Künste, wie des Gewerbfleißes. Wenn der Mensch sich selbst überlassen und ohne Schutz der Herrschaft seiner Naturtriebe preisgegeben wäre, so würde er sich allmählig dem Thiere nähern; aber die Gesellschaft reicht ihm, wie eine sorgsame Mutter, die Hand, festigt seinen Schritt, bildet ihn durch die Erziehung, belebt und er wärmt ihn am Herde der Intelligenz, indem sie ihm alle moralische und materielle Schätze, welche die Zeit in ihrem Schooße angehäuft hat, großmülhig zur Verfügung stellt. Während nun die Gesell schaft solchen Einfluß auf alle ihre Glieder ausübt, so ist sie selbst nichts anderes, als das Organ dcrVorschung, das Werkzeug Gottes, welcher der Menschheit durch sein Wort, durch die Offenbarung, ihr sittliches Lebenselemenl verliehen hat. Ihm entquillt jener große Strom der Civilisalion, welcher Fruchtbarkeit und Fülle überall ausgießt. Eine endlose Kette verbindet alle Geister der Vorzeit mit den Geistern der Gegenwart; die Offenbarungen des Menschengeistes sind Entwickelungsstufen auf dem Grunde jenes Einflusses der Ge sellschaft, welcher in allen Werken des Menschen hervorlritt, in den materiellen und industriellen nicht minder, wie in den geistigen und künstlerischen; denn was in den erhabensten Kreisen der Intelligenz für die Wissenschaften und Künste wahr ist, das ist es auch für die niedrigste Sphäre des Gewerbfleißes, für das gemeinste Handwerk; das geringste Erzeugniß unserer gegenwärtigen Industrie hätte zur Zeit des Einfalles der Barbaren ebenso wenig geschaffen werden können, wie z. B. das edelste Kunstwerk, die heilige Familie von Raphael. Raphael ist Raphael geworden, weil ihm Perugino voran gegangen, und der Künstler der Gegenwart ist nur deswegen so ge schickt, weil ihm ein anderer in seiner Kunst bereits geschickter Arbei ter den Weg bahnte. Dies ist jedoch kein Grund, welcher uns zu dem Schluffe berechtigte, daß der Arbeiter nicht Eigenthümer des von ihm hervorgebrachten Werkes sei, möge dasselbe künstlerischer, gei stiger oder materieller Art sein: Her Schriftsteller ist Eigenthümer des geistigen Werthes, welchen er durch seine geistige Arbeit geschaf fen hat, der Handwerker der des materiellen Werthes, den er durch seiner Hände Arbeit erzeugte; denn ohne ihre Arbeit würde das von ihnen geschaffene Werk nicht da sein, und diese Arbeit begründet den Besitztitel. Das Werk eines Schriftstellers ist diesem nicht minder persön lich angehörig, obschon derselbe von den in der Gesellschaft herrschen den Ideen befruchtet wird. Denn er gibt diesen Ideen ihre Gestal tung, er prägt ihnen den Stempel seiner Persönlichkeit auf und macht sie dadurch zu den seinigen; was er der Gesellschaft entlehnt, gibt er ihr mit Wucher zurück; die Ideen, welche er der Gesellschaft verdankt, behält er nicht für sich zu eigenem, ausschließlichem Ge nüsse, sondern während er das Eigenthum an seinem Werke für sich in Anspruch nimmt, gestattet der Autor jedem Dritten, die Ideen zu benutzen, die er der Oeffentlichkeit übergibt; er verbietet demsel ben lediglich, sein Werk mit seinem Plane, seiner Schreibweise, kurz I mit dem Körper zu reproduciccn, den er ihm gegeben hat; er nimmt . mithin nichts weiter für sich in Anspruch, als seine eigene Schöpfung. Alle menschlichen Werke tragen das Gepräge der Gesellschaft i an sich, weil der Mensch nichts als das Kind der Gesellschaft ist; aber wenn es ein Werk gibt, welches außerhalb der Grenzen der gemeinen Ideen liegt, so ist es jedenfalls das eines Menschen von 1 Genie, welcher seiner Zeit durch den Gedanken vorauseilt. Dieser ist nicht von der Gesellschaft abhängig, er muß vielmehr gegen die- ' selbe kämpfen, und oft unterliegt er in diesem Kampfe als Opfer auf > dem Altäre der Vorurtheile und Lüge. Die geistige Arbeit ist unter ^ allen am unabhängigsten von der Gesellschaft, innerhalb deren sie I entsteht. Wollte man sagen, daß die Gesellschaft die Schöpferin aller I literarischen oder artistischen Werke ist, so hieße dies nichts anderes, als behaupten, daß Racine nicht der Dichter der „Athalia", Dante nicht der der „Göttlichen Comödie" ist, sondern daß der erste beste dasselbe hätte schaffen können, wenn zur Schöpfung von Meister werken die Benutzung der gemeinen Ideen genügte. Die großen Schriftsteller, Philosophen und Dichter wären dann nichts weiter, als einfache Ausfertiger, welche nach dem Dictale der Gesellschaft schreiben. Ek hieße förmlich das Genie leugnen, wenn man der Ge sellschaft Eigmthumscecht auf die literarischen oder artistischen Werke zugestehcn und dem Autor die Vaterschaft seiner Schöpfung abspre-
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