Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.09.1856
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1856-09-17
- Erscheinungsdatum
- 17.09.1856
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18560917
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-185609174
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18560917
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1856
- Monat1856-09
- Tag1856-09-17
- Monat1856-09
- Jahr1856
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
116, 17. September. Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 1735 anfüllen. Die Buchhändler geben es sogar mehr und mehr auf, neue Wecke in den täglichen Blättern anzeigen zu lassen; einer der thäligsten Buchhändler hier sagte mir kürzlich, daß er nie mehr An zeigen mache als in den De'bats, weil die Leser der übrigen Zeitun gen so wenig Bücher kaufen, daß es nicht der Mühe wecth sei. Man erfährt daher nur sehr zufällig, was erscheint, wenn man nicht die trockene wöchentliche Liste des Journal de la Librairic liest. Was am meisten Leben im Buchhandel zeigt, sind die wohl feilen Sammlungen, welche beweisen, daß cs doch eine sehr zahlreiche Elaste von Lesern gibt, deren literarische Bedürfnisse aber von der gewöhnlichsten Art sind. Die erste und beste dieser Sammlungen war die von Charpcntier; die neueste ist die von Michel Lcvy, deren Preis 1 Fr. für den Band ist, und die meistens aus Romanen be steht; man kann für das Geld nicht mehr verlangen, aber die Qua lität ist sehr mittelmäßig, die Auflage besteht immer aus wenigstens 10,000 Exemplaren, weil sie sich sonst nicht bezahlte; aber für Bü cher, die es der Mühe und Zeit werth wäre zu lesen, ist selten Platz in solchen Sammlungen. Ein anderer und ähnlicher Zweig der Literatur ist im Zuneh men, nämlich die Journale für 5 und 10 Centimen, die man auf den Straßen kaufen kann. Dies ist eine Industrie, die im Jahre 1848 entstanden ist und seitdem sich sehr ausgebreitet hat; man sinvet viele Buden, oder vielmehr offene Schoppen, die mit nichts als diesen Journalen gefüllt sind, von denen viele gar kein jährliches Abonnement haben, sondern nur auf der Straße gefunden werden. Ich habe kürzlich auf einem Gang durch die Stadt 21 derselben ge kauft, um zu sehen, aus was sic bestehen. Zwei derselben sind der Naturgeschichte und populären Physik gewidmet; aber bei weitem die meisten bestehen ausschließlich oder hauptsächlich aus Romanen, welche in Capueln nach und nach erscheinen; eines scheint lauter religiöse Romane zu enthalten; die meisten sind mit Holzschnitten verunstaltet; das beste davon ist lo.lournal pour tous, das zu 120,000 Exemplaren verkauft wird; es enthält zum Theil Romane, zum Theil Notizen aller Act. Eine andere Literatur derselben Elasse ist die, welche in Lieferungen zu 20 Centimen erscheint, und die fast immer mit Holzschnitten begleitet ist. Im Allgemeinen besteht sic aus Ro manen von DumaS, Sand, Sue rc., mit denen die Lesecabinetrc längst überfüllt sind, und die jetzt directc Käufer suchen; sic erschei nen in großem Quartformat, mit 2 Spalten. Ich habe mit Ver wunderung gesehen, daß sich die Memoiren des Hrn. v. Sk. Simon auch in diese Sammlung verirrt haben; sie sind mit Holzschnitten ungefüllt, die einem das Lesen dieses merkwürdigsten aller Bücher über französische Geschichte entleiben könnten. Wenn sie sich wirklich verkaufen, so würde es beweisen, daß die Leser, auf welche diese Sammlung berechnet ist, zu einer bessern Kost reif sind als der, welche man ihnen gibt. Uebrigcns ist St. Simon plötzlich sehr in Gunst gekommen; es erscheinen in diesem Augenblicke fünf verschie dene Ausgaben, zu allen Preisen, von 24 dis zu 300 F.; drei davon sind nur verschiedene Drucke derselben Ausgabe, die auf einer ge nauen Vergleichung mir der Handschrift beruht und von Hachette herausqegeben wird. Der Unterschied zwischen ihr und den übrigen ist nicht sehr beträchtlich, doch ist sie hinlänglich besser, um den Vor zug zu verdienen. Eine Zeitlang war die Mode aufgekommen, Bücher als Prä mien für Abonnement auf Journale zu vertheilen; anfangs waren es Ausgaben, welche keine Abnehmer gefunden hatten, und die auf diese Weise einen Scheinwerth erhielten; später druckte man eigene Sammlungen dafür, wozu man meistens den Satz der Romane, die in Feuilletons erschienen waren, b> nutzte, und einigemal gab man neue Werke, wie z. B. der Constitutionnel eine Zeitlang die Ge schichte der Türkei von Lainarunc in 6 Bänden seinen neuen Abon nenten schenkte; es war freilich ein klägliches Buch, das wohl kaum Käufer gefunden hätte, und im Allgemeinen bestehen natürlich solche Prämie» aus der untersten Classe von Lesecabinetslitcratur. Diese heillose Mode scheint aber auszusterben, und was noch von dieser Art Büchern vorhanden sein mag, wird wohl an die Packträger überge hen, welche die eigentlichen Buchhändler des Landes außerhalb der Städte sind. Diese versahen früher die Bauern mit einer höchst traurigen und oft sehr unmoralischen Literatur. Seit einigen Jahren dürfen sie nur Bücher vertrödeln, die von einer Commission erlaubt und auf dem Ministerium des Innern gestempelt sind. Der Zweck der Maßregel war, politische Schriften und besonders socialistische Broschüren auszuschließen, und die Commission verfährt sehr will kürlich in ihrer Ausschließung; aber es hat doch die gute Folge ge habt, daß eine Menge höchst verderblicher und unanständiger Bücher, die früher einen großen Theil der Lectüre des Volkes bildeten, schwe rer verbreitet werden. Im Allgemeinen gibt es keine Volksbücher in Frankreich, sondern diese bestehen in Büchern, die für die höhern Classen geschrieben waren, und von denen einige, man begreift oft gar nicht wie und warum, populär geworden sind. Diese werden dann jährlich auf dem Land in Tausenden von Exemplaren auf eine schmähliche Act gedruckt, denn sie Pariser Pressen sind viel zu thcuer für diese Literatur. Uebrigens werden sie auch für andere Bücher zu theuer, und die Buchdruckcrei zieht sich schnell in die Umgegend, seitdem das Leben und besonders die Wohnung durch das systemati sche, halbverrücktc Niederreißen der Stadt die Industrie hinaus drängt. Nicht nur werden gegenwärtig die meisten Romane in der Umgegend gedruckt, sondern die große Fabrik theologischer Bücher des Abbe Migne ist außerhalb der Stadt; Didot druckt einen großen Theil seines Verlags ebenfalls in einer Druckerei, die er einige Stun den von hier eingerichtet hat, und in der er nur Frauen und Mädchen beschäftigt, und sogar die ganz gelehrte Buchdruckcrei ist gezwungen auszuwandern, sodaß man jetzt außerhalb der Stadt Arabisch, Chi nesisch und sogar Japanisch druckt. Nichts kann den Unterschied der lesenden Welt in Frankreich und in England besser zeigen, als der Zustand der Leihbibliotheken in beiden Ländern. Hier besteht eine Leihbibliothek aus einem Lese cabinet, in welchem Journale aufliegen, und aus einer Sammlung von Romanen, welche von den Portiersfrauen, Mägden, Ladcndie- nern und bisweilen den Damen der Umgegend bandweise gemieihet werden. Die bessern enthalten auch die gelesensten historischen Werke, oder neue Bücher über Literatur oder Kunst, aber in geringer Zahl. Im lateinischen Quartier sind einige auf Studenten und ihre Be dürfnisse berechnete, und im Palais Royal einige, welche großeSamm- lungen von Zeitungen und Zeitschriften enthalten; aber die Zahl dieser etwas bessern ist sehr klein, und im Allgemeinen besitzt eine französische Leihbibliothek wenig anderes als Romane; sie haben wohl monatliche Abonnenten, aber ich habe nie einen gekannt. Dagegen ist in England jede Familie bei einer Leihbibliothek abonnict, und bezahlt 1—8 Pfd. Sterling jährlich, wofür sie eine kleinere oder größere Anzahl Bände neuer oder alter Bücher erhält und jeden Augenblick gegen andere vertauschen kann. Wer auf dem Lande lebt, erhält zwei Kisten, welche mit Büchern gefüllt hin und her gehen, und ich kenne Engländer hier, welche regelmäßig alle Mo nate eine Kiste Neuigkeiten von ihrer Leihbibliothek in London erhal ten und die vom letzten Monat zurückschicken. Abonnenten, welche die höheren Preise (von 3 bis 8 Pfd. jährlich) bezahlen, wird jedes neue Buch, das sic verlangen mögen, sogleich geschickt. Diese großen Lesecabinelte kaufen neue Werke, veren Ti-el oder Verfasser auf zahlreiche Leser schließen lassen, zu Hunderten von Exemplaren; ich meine hier nicht blos Romane von Bulwer, Dickens oder Tbackcray, sondern sehr ernsthafte Bücher; z. B. eines derselben kaufte 800 Exemplare von Layard's Niniveh und 2850 Exemplare von Macau- lay, und so im Verhältniß historische, naturgeschichtlichc, philosophi- 242*
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder