Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.11.1856
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- 1856-11-24
- Erscheinungsdatum
- 24.11.1856
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- Deutsch
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2216 Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 145, 24. November. Rechte ungeschmälert zu erhalten, so ist die Höhe derselben durch eine Jury zu bestimmen. Die Zusammensetzung diesecJury kann keine Schwierigkeiten barbieren: denn wie man zur Expropriation von Immobilien die Mitglieder der Jury unter den Besitzern von Im mobilien wählt, so wird man gleicher Weise zur Expropriation der Äutorcnrechle die Jury aus den Besitzern derselben Werthobjecte wählen, und Frankreich wenigstens ist reich genug an Künstlern und Männern der Wissenschaft, um diese Jury leicht vollzählig zu machen.*) Die Bestimmungen unseres Gesetzentwurfs sind insgesammt aus dem Principe des literarischen Eigenlhums hervorgegangen. Wir haben es für unnöthig erachtet, dasselbe für die Werke der Li teratur und für die verschiedenen Arten artistischer Werke einzeln zu wiederholen. Anstatt für jedes einzelne dieser Werke eine besondere Abcheilung zu machen, haben wir dieselben insgesammt unter eine einzige, allgemeine Regel gestellt. Das ausschließliche, beständige Eigentumsrecht, das der Autor an seinem Werke hat, welchem Be reiche der Künste oder Wissenschaften es auch angehören möge, ge stattet ihm die gerichtliche Verfolgung eines Jeden, der dasselbe auf feine Kosten ausbeuten wollte. Der Autor kann sein Werk stets als seine Arbeit in Anspruch nehmen, unter welcher Gestalt man es immer reproduciren möge, sei es in einer verschiedenen Kunstform, wenn es sich um ein artistisches, oder in einer Ucbersetzung in eine fremde Sprache, wenn es sich um ein literarisches Werk handelt; der Autor kann sein Gut überall beanspruchen, wo er es findet, und darf alle Diejenigen, welche seine Rechte usurpiren, wegen be trügerischer Nachahmung gerichtlich verfolgen. Die Rechte der Li teratur, der Wissenschaften und Künste stehen in der Thar vor dem Gerichte gleich; die Autoren haben ein ausschließliches Recht nur auf die pecuniäre Ausbeutung ihrer Werke, und dem Publicum steht es *) Ware uns die unmittelbare Ausführung dieses Gesetzentwurfs übertragen, so würden wir den gegründeten oder ungegründeten For derungen des öffentlichen Wohles noch in einer anderen Weise Nachkom men. Da nämlich der Gesetzgeber die Aufgabe hat, die Grundsätze der Vernunft, das philosophische Ideal mit dem Zustande der Gesellschaft, mit der Wirklichkeit in Einklang zu setzen, so würden wir zufolge einer- rein persönlichen Ansicht, welche von der Commission nicht angenom men ist, für das Princip der Fortdauer des literarischen Eigenthums eine Modifikation eintretcn lassen: um nämlich die frühere Gesetzgebung nicht auf einen Schlag zu vernichten, um nicht durch eine zu plötzliche Erschütterung von einem Extreme zum anderen überzugchen, würden wir, im Falle der Cessio» an Dritte, die Dauer des Rechts auf 99 Jahre beschränken und diesen Gesetzesparagraph so fassen: „Für den Fall, daß das vollständige Eigenthumsrecht an einem literarischen oder musikali schen Werke, oder das Recht der Reproduktion eines Werkes der Zei chenkunst, Malerei, Bildhauer- oder Baukunst, durch Cession, Licitation oder auf irgend eine andere Art in die Hände eines Dritten übergeht, so soll die Dauer dieses Rechtes auf 99 Jahre beschränkt sein, von dem Tage der Erwerbung desselben an zu rechnen." Durch diese Modifika tion wollen wir alle Schwierigkeiten heben, welche die Ausführung des Gesetzes Hervorrufen könnte, alleVorurtheile verwischen, welche eine bestän dige Ausübung von Rechten Hervorrufen möchte, die sich in das Dunkel der Vergangenheit verlören, während wir andererseits mit gleicher Festig keit den Grundsatz der Fortdauer aufrecht erhalten, den wir zum uner schütterlichen Strebepfeiler unseres Gesetzentwurfs machen. Diese An- . ordnung würde in der That die geheiligten Rechte der Autoren oder ihrer Erben in keiner Weise beeinträchtigen, denn letztere würden ihre Rechte auf 99 Jahre eben so thcuer verkaufen, wie auf alle Zeiten. Hun dert Jahre sind eine Ewigkeit, besonders in unseren Tagen, wo die Be wegung des Handels mit dem Ungestüm eines Stromes vorwärts geht, und wo das Vermögen des Geschäftsmannes binnen so kurzer Zeit sich hebt oder verschlungen wird. Diese Beschränkung würde in Wirklichkeit nur die Buchhändler treffen; denn diesen würde es unmöglich gemacht, einen maßlosen Gewinn aus Werken zu ziehen, die sie um einen geringen Preis erkaufen, indem sie auf die Armuth der Autoren speculiren. Diese Beschränkung des Princips der Fortdauer würden wir übrigens nur Vor schlägen, um den Uebergang von der alten Gesetzgebung zur neuen zu erleichtern, und in der Hoffnung, dieselbe bald verschwinden zu sehen. stets frei, literarische oder artistische Inspirationen daraus zu schöpfen als aus einer reichen Gedanken- und Gefühlsquelle. Insofern nun der Autorim ausschließlichen Eigenthumsgenusse seines Werkes steht, hat er auch allein das Recht, dasselbe zu über setzen oder übersetzen zu lassen. Durch die Uebersetzung wird in Wirklichkeit nicht ein neues Werk geschaffen, sondern das Original in seiner Ganzheit nach Plan, Ideen, Styl und Ausdrücken repro- ducirt: die Uebersetzung ist nichts als eine genaue Eopic, ein treues Abbild des Originalwerks. Mir schlechten Uebcrsetzungen ist dies nun allerdings nicht so, allein wäre es recht, zu Gunsten dieser eine Ausnahme zu machen? Eine Uebersetzung wechselt nur die Wörter, die Laute mit denen des Originals; das fremde Idiom ist nichts als ein transparenter Schleier, der, wenn er nicht zu ungeschickt über das Original gebreitet ist, dasselbe überdeckt, ohne es zu verbergen, und seineFormen,seineSchönheit, seineAnmuth, seineFarben wiedergibt. Die Uebersetzung stellt das Original vollständiger dar als oerKupfer- stich das Gemälde: sie ist eine Durchzeichnung, ein Abdruck, eine Reproduktion, eine Eopie, und als solche kann sich die Uebersetzung dem Rechte des literarischen Eigenthums nicht entziehen, denn dieses ist eben selbst nichts anderes als das Recht, Copien abzunehmen. Das ausschließliche Recht der Autoren auf ihre Werke erstreckt sich gleicher Weise auf mündliche Compositionen, auf die Reden; der Autor darf keineswegs des Rechts beraubt werden, das Werk seines Gedankens auf jede beliebige Weise zu reproduciren und zu veröf fentlichen, lediglich aus dem Grunde, weil er dies bereits mündlich einmal gethan hat. Sein unkörperliches Recht*) bleibt unversehrt. Was die in den Kammern gehaltenen Reden und dieVcrtheidigungs- reden der Anwälte anlangt, so verlieren dieselben ihren Privatchacak- ter, denn sie gelten als Urkunden, in welchen sich der öffentliche Cha rakter ausprägt. Die in den beiden Kammern gehaltenen Reden dürfen zugleich mit dem Gesetze, und die Verthcidigungsreden der Anwälte mit den Richtersprüchen der Gerichtshöfe veröffentlicht wer den, ohne daß jedoch der Autor das ausschließliche Recht verliert, die selben als ein besonderes Werk zu veröffentlichen. Den literarischen und gelehrten Gesellschaften haben wir ein beständigesEigenlhumsrechtaufihreWerke zuerkannt. Denn warum sollen wir zu ihrem Nachtheile einem allgemeinen Rechte Abbruch rhun? Ist hier nicht derselbe Eigenthumsgrund vorhanden ? Liegt nicht hierin eine entschiedene Triebfeder, die Gesellschaften zum Druck ihrer Schriften zu veranlassen? Sind doch ihre Schriften im allge meinen besser ausgearbeitet und nützlicher für das öffentliche Wohl, als andere. Dadurch daß die Gesellschaften vermöge der Vereinigung mehrerer Intelligenzen Schwierigkeiten besiegen können, an denen die Einzelkraft scheitern würde, sind sie im Stande, große Werke zu schaffen, welche die Kräfte eines einzelnen Autors überschreiten. (Fortsetzung in Nr. 148.) Misccllen. Mailand, 4. Nov. Eesare Eanlü klagt im Octoberheft der hiesigen „Annali di Statistica" über den Nachdruck im Königreich beider Sicilicn. Das literarische Eigenthum des ganzen übrigen Italiens sei dort schutzlos, also ganz so, wie bis in die letzte Zeit das französische im freisinnigen Belgien und das deutsche in Frankreich waren, welch' letzterm Uebelstand die jetzige französische Regierung ihrerseits zwar abzuhelfen bemüht ist — ein Bemühen, in welchem ihr aber noch nicht alle deutschen Regierungen entgegengekommen *) Dieser Ausdruck ,,unkörperliches Recht" ist durch de» Gebrauch geheiligt; er bezeichnet ein Recht, welches vermöge seines Gegenstandes, des Gidankens, unkdrperlich ist; obschon derselbe in der buchstäblichen Bedeuwng des Wortes keinen Sinn haben würde, da jedes Recht an sich urkörperlich ist.
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