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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.01.1917
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1917-01-26
- Erscheinungsdatum
- 26.01.1917
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Digitalisat
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- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19170126
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2l, W. Januar 1817. Redaktioneller Teil. werden konnte. Das Lokal, das übrigens höchstens süns Meter im Quadrat umfaßte, erinnerte mich lebhaft an das Kaffee »Hiddi- gcigei» aus der schönen Insel Capri bei unseren ehemaligen treu losen Bundesgenossen, nur daß dort die Mischung eine noch viel stärkere war. Da sah man in buntem Gemisch einige Stühle und Tische sür das Kasfee, dazwischen Fässer mit Wein und Bier, Schuhe, Hosen, Strümpfe, Hemde», Branntwein, Delikatessen, Hosenträger, Frutti di Mare, Bücher, Zeitungen, Zeitschriften, Äpfel und Birnen, Trauben, Orangen, Hüte, Mützen, Schirme, Kvrallenarbeitcn, Andenkengreuel, Postkarten, Spazierstöcke, Kra gen, Manschetten u. a. m. Dazwischen trank man seinen Kasfee. Na, jedes Land hat seine Sitten. Hier sind mir allerdings der artige wunderbare Gebilde noch nicht ausgctaucht, dafür ist die Verbindung von Zcitnngs- und Zeitschristcnverkaus mit Zigaretten, Zigarren usw. gang und gäbe. Viel ist dagegen auch nicht zu sagen, da die Leute von dem täglichen Verkauf von einigen Dutzenden Zeitungs-Nummern nicht fett würden. Wieviel sranzösische Bücher hier vor dem Krieg verlangt wurden, erfährt man, wenn man hört, daß die griechischen Händ ler beinahe alle ihre großen Vorräte an französischen billigen Roman- und Novellensammlungen aufgebraucht haben und kein Mittel sehen, Ersatz zu bekommen. Allerdings hört man hier täg lich mehr deutsch reden, und beinahe in allen Schaufenstern prangt ein Plakat: »Hier wird Deutsch gesprochen». Wir dürfen uns aber keineswegs einbildcn, daß dies ausschließlich unserer schönen Augen zuliebe geschieht, nein, es ist ein Wink an die vielen deut schen und österreichischen Offiziere und Soldaten, gesälligst herein- zuspazieren und sür teures Geld die ausgclegtcn Ladenhüter, die zwar seit Beginn des Kriegs nicht mehr erneuert wurden, aber gleichwohl die neuesten Kriegspreise ausweisen, zu erwerben. I» türkischen Kreisen wird allerdings sehr viel deutsch gelernt, ebenso wie in den deutschen Kreisen türkisch. Die deutsche Schule gibt zu ganz billigen Preisen deutschen Unterricht, und die Nach richtenstelle der deutschen Botschaft kündigt sogar unentgeltliche Untcrrichtskurse in Deutsch an. Mehr kann nian nicht verlangen. In nächster Zeit wird der sehr rührige Dürerbund eine Bilderausstellung, hauptsächlich in ganz billigen, aber guten Künstlcrstcinzeichnungcn bestehend, veranstalten. Dieselbe Aus stellung wird dann in Stambul, später noch in anderen Städten wiederholt werden. Hassen wir, daß diese Ausstellung den selben Erfolg haben werde wie die vor einiger Zeit veran staltete Zeitschriften- und Zeitungsausstellung. Der Dürerbund sorgt überhaupt sür die Ausbreitung des Deutschtums. So will er seine Bibliothek, die jetzt hauptsächlich den Soldaten dient, „ach dem Kriege der Öffentlichkeit zugänglich machen. Er hat eine» Zeitschristenlcjczirkcl gegründet, der in der Hauptsache künstlerische Zeitschriften enthält, und veranstaltet diesen Winter einen Zyklus von Konzerten. In Kürze werden wir hier eine groß angelegte Rote Halb mond-Ausstellung in den prächtigen Räumen des Galata-Serails zu sehen bekommen. Da jetzt während des Weltkriegs die Verbindung mit Europa, hauptsächlich insvlge der häufig slattsindenden Truppentransporte, noch langsam ist und auch manche Sendung unterwegs verloren geht, so entsteht die Doktorfragc, wer die verloren gegangenen Sendungen, Zeitschriften, Zeitungen bezahlt. Der Herr Ver leger sendet seine» Auszug, der Herr Sortimenter erklärt, die und die Nummer nicht erhalten zu haben. Meist kommt ein Ver gleich zustande, sagen wir, auf der Basis von k>0^>. Es kommen aber auch die üblichen Korrespondenzen vor, die zuerst sehr höf lich und lieblich den sehr geehrten Herrn Kollegen darauf auf merksam machen usw. Der Ton der Schreibe» wird dann, wie man weiß, immer schärfer und bewegt sich zum Schluß kaum noch in parlamentarischen Grenze». Und zum Schluß ist Lord Grcy. wie am Weltkrieg, so indirekt auch an dieser Korrespondenz schuld! Das Papier ist hier, wie überall, ein sehr kostbarer Stoff geworden. Wünscht man die Ausführung der oder jener Druck- nrbcit, so kann man gleich hören: Aber sür das Papier müssen Sie selbst sorgen! Wenn mir der geehrte Vorredner nur sage» wollte, wie. Aber das weiß er selber nicht. Merkwürdigerweise ist Satz und Truck sowie die Anfertigung von Klischees hier viel teurer als in Deutschland, obgleich die Arbeitskräfte, meist Griechen und Armenier, keine 27>X, Lokal zuschlag erhalten, wie in manchen Großstädten bei uns. Eine neue Zeitung in französischer Sprache ist hier als Abend blatt ins Leben getreten: Der »Soir«, ein fehr gut redigiertes, deutschfreundliches Blatt, das auch Klischees, und zwar sehr gute, bringt. Samstags eine Modebesprechung und von Zeit zu Zeit gute Karten. Das Blatt hat in den ersten paar Wochen seines Erscheinens sich gleich über 3000 Abonnenten erworben, ein Be weis, daß es einem wirklichen Bedürfnis entsprach. An Bibliotheken ist hier kein Mangel, jede Moschee besitzt eine solche, und doch fehlt ein Institut im europäischen Sinn, das eine große Lesehalle, eine reichhaltige Nachschlagebibliothek und eine größere Anzahl europäischer, auch deutjcher, Bücher enthält. Die große Bajasidie bei der Bajasidmoschee besitzt gegen 3S000 Bücher, allerdings großenteils in türkischer und nrabifcher bzw. persischer Sprache. Dann kommen die Büchereien der Aja Sophia und der Mehmedije. Alle diese, sowie auch die anderen kleinen Bi bliotheken sollen in einem Zentralbibliotheksgebäude nntcrgebracht werden, das vom Efkafministerium erbaut wird. Natürlich hat der Weltkrieg auch hier eine Verzögerung hervorgerusen. Auch das Haus der Freundschaft, das auf dem Divan Jolu in Stambul errichtet werden wird und das die Türkisch-dentschc Vereinigung baut, wird eine Bibliothek erhalten. Außerdem haben die ver schiedenen Universitätsabteilungen mit Gründung von Biblio theken begonnen, wobei nur die Transpvrtverhältnisse noch eine unliebsame Rolle spielen. Interessant ist die Art und Weise, wie die Bücher in den türkischen und arabischen Bibliotheken aufbewahrt werden, soweit es Bücher dieser beiden Literaturen sind: Jeder Band steckt in einem ledernen Behälter, wobei der Titel auf den Schnitt des Buches und des Etuis gezeichnet ist. Die Bücher werden in den Schränken übereinandergelegt, und zwar so, daß der Beschauer von außen die Titel lesen kann. Man kann nur in der Bibliothek selbst lesen, ausgeliehen werden Bücher nie. »Wird erst derllKrieg vorbei sei» und das Marschieren aus, Dann werd ichZwieder treu sein, dem blonden Lieb zu Haus!» schallt es in dumpfen Bierbässen durch die große Perastraße. Es find deutsche Truppen, die gegen den zehnten Feind, die treulosen Rumäne», ziehen. Auch türkische Soldaten ziehen vorüber, von ihren Spielleuten mit einer monotonen Marschmelodie begfeitct, im rhythmischen Schritt der kampfgewohnten Truppen, die schon die Flucht der Engländer und Franzosen vor den Dardanellen sahen. Auch drüben in Haidar Pascha, aus der asiatischen Seite, find Zeltlager zu sehen. Ein Märchen aus dem Orient: Im Glanz der milden Herbstsvnne liegt das Lager da, Gewehrpyramiden sind geschichtet, mit gekreuzten Beinen sitzen die Soldaten des Padischahs und sehen zu, wie Geschütze und Pferde auf die Damp fer verladen werden. Andere stimmen melancholische Lieder an: sind es Abschiedsworte an die Heimat, an die Lieben zu Hause? Wer weiß es? Ein Haufen steht um einen Schleisstein, den ein hünenhafter Neger dreht. Sie schärfen ihre Bajonette, glänzender Stahl stößt aus Stein, es gibt Funken — es wird später, Blut geben! > In der Sonne lagern mit geknickten Beinen lange Kara wanen anatolischcr Kamele. Seltsam gesonnte Lasten aus dem Rücken, Uniformstückc, Munition, Proviantkisten und manches andere. Die Kamele liegen unbeweglich, ruhig wiederkäuend, mit ihrem teils sanstcn, teils spöttisch und unendlich überlegenen Ausdruck schaue» sie ins Weite. Ein sctter Hammel, der aus dem Bratspieß sich dreht, ist bald so weit, verzehrt werden zu können. Inzwischen knabbern die Mannschaften genügsam an derRinde ihres harten, flachen Maisbrotes und trinken dazu Wasser aus den tiefen Zisternen, die sich in der Nähe befinden. Ein behaartes Ziegenfell wird in die Tiefe hinabgelasse» und kommt wieder herauf, mit einer brauneu Brühe gefüllt, in der eine Menge Wasserslöhe herum rudern. Aber das schadet nichts. Schon ihre Urväter haben es getrunken. Hier sieht man erst, welch gewaltigen Wert im Felde eine solche Genügsamkeit der Soldaten hat. Wir fahren wieder zurück nach Galata und steigen an der neuen, von der Augsburg- Nürnberger Fabrik erbauten Brücke aus. Welch ei» unendliches Leben! Dampfer kommen und gehen, flinke Kaiks schießen wie
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