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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.03.1870
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- 1870-03-07
- Erscheinungsdatum
- 07.03.1870
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- Deutsch
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JL 54, 7. März. Nichtamtlicher Theil. 759 Nichtamtlicher Theil. Das Urheberrecht vor dem Reichstage des Norddeutschen Bundes, s Die in der Reichstagssitzung vom 21. Februar stattgehabte erste Berathung des Gesetzentwurfes, betreffend das Urheber recht, hat einen so wunderlichen Verlauf gehabt, daß es bei der hohen Wichtigkeit, welche die Angelegenheit nicht nur für Schriftsteller, Künstler und Buchhändler, sondern für das gesammte gebildete Publicum hat, sich wohl verlohnt, etwas näher auf jene Ver handlung cinzugehcn. Der größte Theil der Sitzung wurde durch die Rede des Reichstags-Mitgliedes Or. Braun ausgcfüllr. Zu bedauern bleibt es, daß ein so hochbegabter und gewandter Redner wie vr. Braun, der noch dazu Jurist ist und in der Rede selbst hervorhob, er glaube über die ciuschlagcndcu Fragen durch längere Studien wenigstens einigermaßen informirt zu sein, so buntscheckig sprach, daß man kaum annehmcn kann, er habe zuvor ernsthaft über Ort und Zweck seiner Rede nachgedacht. Wie ein Jurist heutigen Tages überhaupt dazu kommt, den Begriff des geistigen Eigen thums, also des Urheberrechts, d. i. des Rechts, welches der Schrift steller (Eomponist, Künstler) in Betreff der Vervielfältigung seiner Werke besitzt, auf solche Weise in Frage zu stellen, wie vr. Braun es gcthan, läßt sich nicht leicht fassen. Die gediegenen Arbeiten, welche gerade deutsche Juristen dem freilich sehr schwierigen Thema so reichlich gewidmet haben — wir erinnern nur au Jolly, Wächter, Mandry,' Schäffle, Hcydemann, Dambach, Kühns, Klostermann — bürgen doch dafür, daß jenes von all den genannten Autoren und nachgerade von den Gesetzgebungen aller Culturstaatcn anerkannte Recht nicht auf einer eigensinnigen Fiction, sondern auf thatsächlicher Nothwcudigkcit beruht, wenn nicht der Gang der gesammte» Geistesarbeit, deren Werth ein Jurist doch wahrlich nicht unterschätzen sollte, aufs ernsteste ge fährdet werden soll. Wenn Hr. Or. Braun emphatisch und verwundert ausruft: „Eigcuthum an einer Idee, was ist das?" so kann man ihm, dem gewiegten Rechtsanwalt, nur erwidern, daß das Urheber recht bekanntlich niemals die Idee an sich, sondern immer nur die schriftstellerische oder künstlerische Form schützt, in welcher eine Idee in die Erscheinung tritt und in solcher verkörperten Gestalt, sei cs als Gedicht, Erzählung, Drama, Predigt, sei es als musi kalische Composition, als Statue oder Gemälde Gegenstand des Verkehrs wird. Das sind alles Elementarbegriffe, die Jedem hinlänglich geläufig sind, der überhaupt mit dem Gegenstände sich beschäftigt hat. Sollten diese Elementarbegriffe einem so ge wandten Juristen wie Hrn. 4)r. Braun wirklich unklar oder gar unverständlich geblieben sein? Während der Dundescommissar Hr. Geh. Rath I)r. Dam bach in seiner Einleitung Mit Recht auf die bewundernswürdige einheitliche Organisation des deutschen Buchhandels hinwies, welche naturgemäß auch auf die Erreichung einer Einheit in der den Buchhandel so eng angehenden Gesetzgebung hinstreben muß, hob Hr. v>. Braun dagegen nur hervor, daß die Blüthe des Buchhandels in Frankreich und England eine glänzendere sei als in Deutschland. Damit ist aber der Ansicht von dem Werthe der Organisation des deutschen Buchhandels gar nicht wider sprochen. Die Blüthe des Buchhandels in Frankreich und Eng land liegt vielmehr lediglich in dem Massenconsum der literari schen Producte in jenen Ländern, es liegt jene höhere Blüthe einfach darin, daß in Frankreich und England der Buchhändler mit einem vorwiegend bücherkaufenden, der deutsche Buch händler aber leider mit einem vorwiegend bücherlescnden Publicum zu thun hat. Es sind das Verhältnisse, die so oft schon besprochen und so oft in Erwägung gezogen sind, daß diese Betrachtungen dem Dr. Braun bei seiner anerkannt großen Be lesenheit doch kaum entgangen sein können. Möge indessen der Reichstag sich um die Zukunft des deutschen Buchhandels nicht ängstigen. Der deutsche Buchhandel besitzt eine so respcctable Anzahl intelligenter Kräfte, daß er auch unter einer veränderten Gesetzgebung fortzuwirken im Stande sein wird. Den Hauptnachdruck legte Hr. vr. Braun sowohl wie Hr. v. Hcnnig, zum Theil auch Hr. Duncker auf die ihrer Ansicht nach übermäßig lange Dauer der Schutzzeit für das Urheberrecht (bekanntlich bis 30 Jahre nach dem Tode des Autors). Diese durch die Bundesbescklüsse und durch das preußische Gesetz vom 11. Juni 1837, hinterher von allen deutschen Particulargesetzen gleich mäßig anerkannte Schutzzcit zu ändern, hat der jetzt vorliegende Entwurf lediglich aus dem Grunde nicht vorgeschlagen, um an dieser nur sehr schwer hcrbeigeführten übereinstim menden Grundlage der deutschen Gesetzgebungen (die sich in diesem Punkte auch fast mit allen außerdeutschen Gesetz gebungen in Ucbercinstimmnng befinden) nicht zu rütteln. Es mag diese Schutzfrist an sich lang erscheinen, immerhin kommt sic aber nur bei sehr wenigen Productcn in Frage. Wir lassen uns bei dieser Gelegenheit nur immer zu leicht durch die drei Namen Lessing, Goethe und Schiller blenden. Sehen Wir uns aber im übrigen deutschen Parnaß um, so sind es außerordentlich wenige Werke, welche neben jenen drei Heroen nach Ablauf jener 30jährigen Schutzfrist einen großen Reiz für allgemeinere Ausbeutung darbictcn. Nachdem jetzt über zwei Jahre seit Aufhören der Schutzfrist für die Werke aller vor Ende 1837 verstorbenen Autoren verflossen sind, überschauen wir heut leicht die Auswahl, welche dem Lcsepublicnm an billigen Ausgaben dargeboten worden ist. Man wird gestehen müssen, daß die Zahl der Werke, welche auf die Speculation bis dahin nicht dazu berechtigter Verleger eingewirkt hat, ungemein dürftig ist. Nicht minder ist das in Hinsicht auf die musikalischen Com- positionen der Fall. Hier begegnen wir wieder den drei Heroen, Beethoven, Weber, Schubert, alles Uebrige ist kaum nen- nenswerth, denn Bach, Händel, Gluck, Haydn, Mozart lebten in der glücklichen Zeit, wo sie sich nach vr. Braun's Theorie nach einer — Nationalbelohnung umschauen konnten, einen Verleger mit anständigen Honorarzahlungen konnten sie zu ihrer Zeit, wo alles Gedruckte sofort dem Nachdruck verfiel, natür lich nicht finden. Jedenfalls würde eine Verkürzung der Schutzfrist das Ein kommen der Schriftsteller und Künstler schwer schädigen und die Verleger nur abhalten, weit aussehcndc Speculationcn gut oder auch nur angemessen zu honoriren. Der Vortheil, den aber die Leserwelt im Großen und Ganzen davontragen würde, wäre ein mehr als geringfügiger, denn — das beherzige man doch — Leute wie Lcssing, Goethe, Schiller sind eben nicht unter uns, überdies aber ist das literarische Leben und Treiben heut ein viel rascher pulsircndes, als im Anfänge dieses Jahrhunderts, und der literarische Ruhm verfliegt heutzutage viel rascher als vor 50 oder 100 Jahren, die Fälle sind also selten genug, wo der Werth der Werke und zugleich die Gunst des Publicums auf eine so lange geschäftliche Ausnutzung Aussicht bietet. Darum gönne man wirklich verdienten Autoren resp. ihren Erben doch ja den fortlaufenden Genuß eines Honorars bis auf 30 Jahre nach dem Tode. 108*
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