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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.04.1870
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1870-04-02
- Erscheinungsdatum
- 02.04.1870
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- Deutsch
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1132 Nichtamtlicher Theis. -1L 75, 2. April. sich um ein Wochenblatt handelt, oder um eine ViertcljahrSschrift, oder um alljährlich erscheinende Annalen. Für letztere kann die Schuldfrist länger sein, als für die ersten, während man hier alles in einen Topf zu Wersen scheint. Alle diese Punkte sind in dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht hin reichend geregelt. Herr von Witzlebcn kommt denn auch in einer zweiten Abhandlung die gewiß nicht den Verdacht der Ketzerei gegen sich hat, — denn sie ist abgedruckt iu dem Börsenblatt für den deutschen Buchhandel und für die gcschaftsverwandten Zweige — zu dem Resultate, dah der vor liegende Äesetzentwurf, wie er ist, nicht acccptabcl sei, und daß es für den Reichstag außerordentlich schwierig sei, denselben jetzt schon in den Plenar- beratbungen zu amcndircn, weil in der That die Frage noch nicht vollständig reis sei, und weil im Augenblicke, wenn auch nicht an unserer formellen Cvmvctenz, so doch wenigstens an unserer materiellen Compctcnz ein ge linder Zweifel bestehen könne; Herr von Witzlebcn schließt dann seine Aus einandersetzung so: „Mit der Ansicht, die hin und wieder, wohl in Unmuth über die bisherige Verzögerung, laut wird" — man hat uns ja gedroht, man wolle uns bei den nächsten Wahlen das schätzbare Vertrauen entziehen, wenn wir nicht die Sache su bloo annchmcn . . . (Widerspruch.) Ja, meine Herren, das steht in den Zeitschriften, — ich bitttc nicht dazu den Kops zu schütteln, — wenn Sic nur das neueste Heft der „Grenzbotcn" eiuschcu wollen, so werde» Sie sich überzeugen, daß zu dem Kopfschütteln kein genügendes Motiv vorhanden ist. — Herr von Witzlebcn schließt also solgeudcrmaßcn.: „Mit der Ansicht, die hin und wieder, wohl in Unmuth über die bisherigen Verzögerungen, laut wird: lieber ein schlechtes und mangelhaftes Gesetz, als noch länger warten, sei cS auch noch so kurze Zeit, können wir uns nicht befreunde». Abgesehen davon, daß ein augenblick licher Nothstand, der einen so kurzen Aufschub bedenklich erscheinen ließe, nicht vorhanden ist, so halten wir cS der hohen Aufgabe deö Reichstages nicht entsprechend, sich von einer solchen Ansicht in seinen Beschlüssen be stimmen zu lassen." DaS sagt also ein Anhänger des Prinzips des gegen wärtige» Gesetzentwurfs, der aber das Prinzip ungenügend durchgcführt findet' DaS, meine Herren, ein Theil der Gründe, warum ich glaube, dah der vorliegende Gesetzentwurf nicht genügend vorbereitet ist, um jetzt schon im Plenum bcrathcn zu werden: Ich hatte nur einen Aufschub von 14 Tagen verlangt, auS den 14 Tagen sind 5 Wochen geworden. Innerhalb der 5 Wochen ist cs dieser freiwilligen Commission nicht gelungen, sich über das Ganze des Gesetzentwurfs schlüssig zu machen. Sie ist nur über einige wenige Paragraphen schlüssig geworden. Stimmen wir nun aber jetzt nur über diese — drei Paragraphen ab, so vinculircn wir die Commission, wenn wir eine solche demnächst »iedersetzen, bezüglich aller ihrer übrigen Schrille und Wege. Ich glaube, eine so vinculirle Commission kann nichts leisten. Geben 'Sic der Commission ihre Freiheit, und sic wird etwas leiste»! Die Commission, wenn ihr die§8. 1., 3. und 8. mit feststehenden Prin zipien überwiesen werden, ist gebunden, sich diesen Prinzipien nach Möglich keit zu unterwerfen, und diese Prinzipien, die wir ja jetzt nur discutircn in Bctrcss der Schriftwerke, vielleicht etwa auch anzuwendcn auf Musik, aus das Drama, auf Malerei, aus Sculptur, auf Architektur, auf Photo graphie, kurz aus dieses stanze, enorme, weite Gebiet, bezüglich dessen wir diese Prinzipien ja gar nicht diSeutiren, nicht werden discutirt haben und nicht diöcutireu können aus dem einfachen Grunde, weil alles das ja gegenwärtig nicht auf. der Tagesordnung steht. Wie können wir also die Commission in der Weise vincnlircn wollen? Nun habe ich noch »inen weiteren Grund, die Verweisung an eine Commission zu wünschen, und das ist der: die Zeit des Plenums wird zunächst durch zur Berathnng reife dringliche Gegenstände in Anspruch genommen. Wenn wir diesen Gesetz entwurf von A bis Z, von seinem ersten bis zu seinem letzten Paragraphen im Plenum durchberathen wollen, so werden wir dazu mindestens vierzehn Tage Zeit nöthig haben, das wird Ihnen die gegenwärtige Berathung von nur drei Paragraphen zur Genüge bewiesen haben. Nun fragen wir aber, wie lauge sitzt denn der Reichstag überhaupt noch? und da läßt sich nur antworten mit dem alten Vers: Viku nostra dreviv S8t, Lrsvi Lniötur. (Heiterkeit.) Wir haben vor Ostern noch 14 Tage, dann kommt das Zollparlament am 21. April; und wenn wir nach dem Zollparlament — denn daß wir während des Zollparlamcnts hier noch große Sitzungen halten, das möchte ich, selbst wenn es irgendwo in der Absicht liegen sollte, bezweifeln — wenn wir nach dem Zollparlament von neuem tagen und dann doch unter allen Umständen im Mai zu schließen wünschen, so werden wir dann noch höchstens eine bis zwei Wochen haben; also haben wir für Plenarsitzungen doch nur drei bis vier Wochen Zeit. Nun bedenken wir aber, was wir sonst noch für Aufgaben haben. Wir haben zunächst den Bundeshaushalt fcstzustcllen und alle die Finanzfragen, die mit ihm im Zusammenhänge stehen. Wir haben zweitens noch die wichtigsten Themata der Gesetzgebung zu erledigen. Wollen Sie etwa das Strafbuch zurückstellen zu Gunsten dieses Gesetzes? halten Sie denn dieses Gesetz für so eilig, das doch in der That an dem schon bestehenden wenig oder gar nichts ändert? — denn der Herr BundeScommissar, der das Gesetz vertritt, hat uirs ja in der Sitzung vom 21. Februar ausdrücklich erklärt, daß das Gesetz sich daraus beschränkte, den bestehenden Zustand zu codificiren und einige Controversen abzuschneiden. DaS ist in der That ganz richtig. — Wollen Sie nun ein solches Gesetz vorziehen dem Strafgesetzbuch, dessen Zustandekommen so sehr zu wünschen ist, nicht allein des Strafgesetzbuchs wegen, sondern weil das ganze übrige Fortschreiten auf dem Wege der einheitlichen Rechtsgesetzgebung von dem Zustandekommen des Strafgesetzbuchs bedingt ist. Denn von dem Straf- csetzbuch hängt ab die Strafprozeßordnung'; von der Strafprozeßordnung ängt ab die Civilprozeßordnung; von der Civilprozcßordnung hängt ab die Gerichtsorganisation u. s. w. u. s. w. Wollen wir alle« das retardiren? Wollen wir die übrigen Gesetze bei Seite werfen, wie z. B. das Gesetz über den Unterstützungswohnsitz, das wirklich eine unabweisbare Nothwcndigkcit ist, und mit dem wir uns eilen müssen, um die öffentliche Meinung mit der Freizügigkeit auszusöhucn ? denn es bildet allerdings ein durchaus noth- wcndiges Supplement der Freizügigkeit. Sie sehen ja an unserer heutigen Berathung, daß einem wirklich, selbst wenn man von Hause aus den Muth gehabt hätte, das Gesetz durchzuberathcn, dieser Muth verloren geht. Be trachten Sie sich doch einmal dieses schwach besetzte Haus! Sehen Sie doch einmal die Art, wie wir unsere vorgestrige und heutige Debatte führen! Sie haben ja vorgestern ausgezeichnete Monologe von hochverdienten Schrift stellern und Dichtern gehört; aber hat denn eine Debatte stattgefunden, bei der die Geister aufeinander platzen? Ist denn der Stofs dialektisch irgend wie weiter entwickelt und gefördert worden? Und wollen Sic nun im Plenum dieses müde Tagewerk weiter schleppen, wodurch doch durchaus nichts erreicht, wodurch eine Reform des Bestehenden nicht erzielt wird, und wodurch Sie auch nicht einen Abschluß in der gegenwärtigen Zeit erzielen? Ich stehe in dieser Sache auf einem ganz unparteiischen Standpunkte; ich bin weder Verleger, noch bin ich Schriftsteller. (Oh! im Centrum.) So ist es. Denn das Bißchen, was ich geschrieben habe, das ist nur für den Augenblick bestimmt, und cö kann Niemand gründlicher davon überzeugt sein als ich, daß eS sehr bald im wechselnden Tanze der Horen klanglos zum^Orkns hinabgeht. Ich werde dabei auch gar nicht in eine sentimentale Stimmung gcrathen. Ich mache gar keinen Anspruch auf die Unsterblichkeit, weder auf die ewige, die uns Herr Ilr. Köster vorschlägt, noch auf die Iongi8simi tsmporis, die uns Herr v>. Stephani vorschlägt, noch aus des Herrn Wehrenpfennig immort-Uitas lonxft tsmporis, noch auf die immortallt-rs oräin-ri'ia, die uns der Herr Abgeordnete Duncker vorschlägt und mit der ich mich zu befreunden noch am ersten im Stande sein würde. Aber wenn wir vorgestern diese kläglichen Schilderungen des Schriftstellcrelendö gehört haben, so frage ich erstens: wird ihnen durch die sen Entwurf abgeholfen? Ich beantworte diese Frage mit Nein; denn der Entwurf versteinert ja nur die bestehenden Einrichtungen; er schasst ja gar nichts Neues. Wenn also die Schriftsteller hungern, jetzt hungern, so werden sic auch nach diesem Entwurf hungern; aber, meine Herren, werden denn die Schriften um der Schriftsteller willen geschrieben, oder werden sie geschrieben um derjenigen Leute willen, die sie lesen sollen und die sic lesen werden, wenn sie im Stande sind, sich in den Besitz zu setzen? Ich will den haarsträubende» Schilderungen von dem Schriftstellerelcnd gegen über doch auch eine kleine Erinnerung an die Hand geben von dem Leser- elend. Wir, die wir hier an einem Knotenpunkt der Civilisation und Cultur sitze», welchen alle möglichen öffentlichen Bibliotheken zur Hand stehen, ja wir sind ja sehr gut daran, wir schwimmen bezüglich der Zeitschriften und Bücher in einem wahren embarras -l« riollsass. Aber, meine Herren, bedenken Sic doch einmal den einfachen Dorfarzt, bedenken Sie doch den biedern Landgeistlichcn, betcnkcn Sie auch den Einzelrichter, der in irgend einer Wildniß haust, oder auch den Kreiörichter, der in einem kleinen Land- städtchcn sitzt! Das sind doch alles wissenschaftlich gebildete Männer, Männer, die sich weiter wissenschaftlich bilden wollen; und der Staat und das Pu blicum haben das höchste Interesse daran, daß die wissenschaftliche Fortbil dung dieser Männer nicht gestört wird. Sollten sie denn nicht auch einiges Interesse haben, daß man die Auflagen stärker und die Bücher billiger macht, damit diese Leute nicht in ihrer geistigen Entwickelung gehemmt sind? Sie kennen diese Noth des Daseins nicht, — ich nehme mich aus, ich habe sie empfunden, ich habe jahrelang auf einem einsamen Wcsterwalder Dorf ge sessen und weiß, wie eS einem da zu Muthe ist an einer solchen Stelle, wohin man geschickt ist, um eine Art von Zobelfang zu besorgen. (Heiterkeit.) WaS nun die Schutzfrist anbclangt, so will ich mir nur beiläufig eine kleine Bemerkung erlauben. Es ist da eine ganze Reihe von Beispielen an geführt worden. Ich gebe das ja zu. Es kommen Fälle vor, daß ein Schriftsteller sehr lange Zeit braucht, um durchzudringcn. Aber, meine Herren, man muß die Gesetze geben nach der Regel und nicht nach den
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