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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.04.1870
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- 1870-04-02
- Erscheinungsdatum
- 02.04.1870
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1134 Nichtamtlicher Thcil. ^ 75, 2. April. des Verjähre»-, wir stehen vor einer einheitlichen Civilprozeßordnung. Der Grund nämlich, warum das Strafrecht und daö Strafverfahren in Nachorucksachcn eine so große Rolle spielt, ist ja — darüber werden wir nickt in Zweifel sein — der, weil unser gegenwärtiger Civilprozeß zu mangelhaft und zu schleppend ist, als daß man auf ihm schnell dem ver letzten Berechtigten Genüge schaffen könnte. Wenn wir nun also einen Civilprozeß bekomme», der das zu thun im Stande ist, dann fällt ja der Grund, daS Strafrecht bis zu dem Grade hereinzumeugcn, weg. Außer dem aber, meine Herren, halte ich einen solchen Gcsctzcntwnrf nickt für sehr werthvvll, sobald die Sachen nicht vor einen einheitlichen, obersten GcrichtShoj kommen, der eine gleichmäßige Rechtsprechung sichert. Wir wollen doch einmal erst über diesen Punkt klar sehen; dann wollen wir darüber klar sehen, ob die Nachdrucksachen als Civilrechtssachcn, oder ob sic als Handelssachen behandelt werden. Meiner Meinung nach müssen wir sie zu Handelssachen qualisicircn; wir müssen die Verleger und Buchhändler vollständig cinrangiren in den Stand der Kauslcute; wir müssen überhaupt dem Buchhandel einen mehr kaufmännischen Charakter zu verschaffen suchen, wir müssen ihm denselben dadurch verschaffe», daß wir kaufmännische Buch führung auch sür den Buchhandel verschreiben, was nebenbei auch dazu dienen wird, das Verhältniß zwischen Verleger und Autor evident zu halten und die vielen Mißbräuche abzustcllcn, die in der Beziehung obwalten. Ich will da einen Punkt des Entwurfs nur beiläufig berühren. In dem Entwürfe steht: Wen» der Verleger mehr Exemplare druckt, als ihm der Schriftsteller verkauft hat, so ist das Nackdruck. Ja, meine Herren, das ist kein Nachdruck; dann würde ja der Mann sich selber Nachdrucken; das ist Betrug, das ist entweder civilrcchtlicher, oder criminalrechtlich strafbarer Betrug. An dem einen Beispiele sehen Sie, in welche verkehrte Sackgassen inan kommt durch solche Casuistik, die jeder priiizipiellcu Entscheidung auö dem Wege geht und nur darauf aus ist, den einzelnen Fällen nachzulaufcn. Ich könnte Ihnen solche Beispiele noch zu vielen Dutzenden anführen; da ich aber nur darauf aus bi», Ihnen darzuthun, daß wir wohl daran thun, die Sache, che wir im Plenum abstimincn, einer gründlichen CommissionS- prüfung zu unterziehen, wird es hoffentlich auch an diesen wenigen Bei spiele» genug sein. Ich fürchte, meine Herren, daß ich Ihre Aufmerksamkeit schon leider allzu lange und allzu sehr in Anspruch genommen habe; aber ich plaidire dafür mildernde Umstände. DaS, was ich am 21. Februar ge sprochen habe, ist in so cntstclltci Weise in die Welt getragen worden — cS ist mir zur Last gelegt worden, ich sei ein absoluter Feind alles Autorrechts, ich wolle die Schriftsteller und die Verleger brotlos machen u. s. w., — daß ich in der That genöthigt war, mich wenigstens Ihnen gegenüber in Betreff dieser Punkte näher zu crplicircn; denn wenn ich von dieser Stelle aus spreche, so spreche ich zu den Herren Mitgliedern des Hauses und zu sonst Niemand, — wenngleich cö mir sehr lieb ist, wenn cö die Andern auch hören und berücksichtigen. (Heiterkeit.) Ich will nicht zurückgchcn auf die Widerlegungen, die vorgestern gegen meine Rede vom 21. Februar vorgcbracht worden sind; cS ist daö etwas spät. Sonst herrschte ja hier im Hause unmittelbares und mündliches Ver fahren und nicht Schristenwechscl mit vicrwvchcntlichen Fristen; allein, da mir ausnahmsweise die Ehre zu Thcil geworden ist, mit so posthumen Ant worten beglückt zu werden, so werde ich mich dafür dankbar erweisen und meine Dankbarkeit vor allen Dingen dadurch kundgcbcn, daß ich nicht auf eine Widerlegung der vorgestern gehaltenen Reden cingche, sondern einfach constatirc, was ich will, und was ich in meiner ersten Rede bereits angc- dcutct habe, jedoch damals mit Wahrung derjenigen Schranken, die eine bloße erste Berathung, welche ja nur den Gegenstand ansegeln aber nicht erschöpfen soll, verschreibt. Ich habe allerdings bei der ersten Berathung die Sache mit etwas groben Strichen und grellen Farben an die Wand gemalt, und Diele sage», das sei unrecht. Ich bin Ihnen die Gründe jchuldig, warum ich das gcthan habe, und erwarte dann Ihr Urtheil darüber. In dieser ganzen Frage hat bisher die öffentliche Meinung geschlafen; sie ist nur behandelt worden von den Interessenten und zwar von einem ganz kleinen Kreise von Interessenten; daS große Publicum kümmerte sich nicht darum, und deshalb hielt ich cS sür meine Verpflichtung, mit Drein- fctzung der eigenen Person, gegenüber dem bisherigen traditionellen Dogma, wie es nicdergelegt ist in dem Bundcstagsbcschlusse von 1837/45, und wie es nicdcraclcgt ist in diesem Entwurf, einmal einen ganzen schrille» Ton des Zweifels auSzustoßcn; denn ohne Zweifel und ohne Discussion und ohne Anscinandcrstoßen der Gegensätze, mit dem vorigen Vertuschen der Dinge und mit Versteinerung dessen, was einmal da ist, damit gelangen wir nicht zur Wahrheit und damit gelangen wir nicht zur Reform. Das ist der Grund, warum ich so gesprochen habe, selbst auf die Gefahr hin, mich Mißverständnissen auözusctzcn. Sie, meine Herren, werden aber sehr gut wissen, daß ich geschlossen habe etwa mit folgender Conclusiou: Ich habe gesagt, der Begriff des geistigen Cigenthums ist in soweit zu be zweifeln, als mau ihn nicht idcntificiren kann mit dem körperlichen Eigcnthum; beides sind zwei grundverschiedene Dinge, und müssen deshalb auch nach ganz andern Prinzipien wissenschaftlich construirt werden. Ich habe also diesen traditionellen Begriff allerdings angezweifclt, ich habe Ihnen gesagt, es kömmt vielleicht eine Zeit, wo man ihn entbehren kan», ich habe aber auch ausdrücklich gesagt, wir sind jetzt noch nicht so weit in unserer Culturcnlwickelung vorgeschritten; die geistigen Urheber müssen belohnt werden; sic müssen für ihre Arbeit bezahlt werden, das fordert nicht allein deren Interesse, daS erfordert unser Aller Interesse, da« erfordert daS Inte resse des Publicums, das erfordert daö Interesse der Nation, daS erfordert daS Interesse des Staates. Ich habe gesagt, es sind auch andere Systeme denkbar, wie z. B. das der Nationalbelohnung. Im Augenblick ist das auch noch nicht realisirbar, also halten wir fest an dem Autorrecht; aber, habe ich fortgcfahren, ich zweifle sehr, ob derjenige Schutz, der wirklich den Autoren selbst zu gute kömmt, enthalten ist in dem Bundcstagsbeschluß von 1837/45 und folge- weise auch in dem Entwurf, der mit diesem Beschluß identisch ist. Ich kann mir ganz andere Wege denken, womit mau den Autoren wirklich zu dem jenigen verhilst, was ihnen zukommt, und zwar nickt allein den Schrift stellern, sondern auch den Musikern, den Componistcn, den dramatischen Dichtern, den Malern, den Architekten, den Bildhauern und (sage ich immer Luv kiouli) auch den Photographen. Ich denke mir die Sache so und unterbreite Ihnen diese Idee, deren Erfinder ich ebenfalls nicht bin — daS muß ich wieder Denjenigen sagen, die mir immer so außerordentlich neue Gedanken zuschrcibcn, auf die ich gar keinen Anspruch mache —; ich sage, wenn wir eine kurze Prohibitiv-Schutzfrist machen, wie ich in meiner vorigen Rede sagte, eine Schutzfrist von zehn Jahren, und geben nur für diese zehn Jahre ein prohibitivcS Recht, und dann geben wir aber das Recht der Vervielfältigung frei, und führen die Tantismc ein, — der jenige, der von der Vervielfältigung Gebrauch macht, muß dem Dichter, muß dem Schriftsteller, muß dem Componistcn, muß dem Dramatiker, muß dem Maler, muß dem Bildhauer, muß für neue Pläne auch dem Architek ten eine Tantieme, die so und so berechnet wird, — über die Details muß man sich verständigen — unter allen Umständen bezahlen; ja dann, meine Herren, wenn die Interessen der Produccntcn, wenn die Interessen des PublicumS, wenn die Interessen des Cnlturfortschrittö gewahrt sind, dann, meine Herren, bin ich sogar im Stande und söhne mich mit der Ewigkeit des Herrn vr. Klöster aus, dann ist sie ungefährlich, dann kommt sic dem Autor zu gute, ohne das öffentliche Jtercssc zu beschädigen. (Sehr richtig!) Sehen Sic, meine Herren, daS ist der harmonische Punkt, den ich gesucht habe, in welchem sich die Interessen der Nation, die Interessen der Künstler aller Art und die Interessen Derjenigen, die sich ihrer Werke erfreuen wollen, ausglcichcu; daS ist der Weg, aus welchem der Autor direct zu seiner Be lohnung kommt, weil er einen Anthcil hat an dem Werthc des Werkes, welches er hcrstellt, und weil dieses Werk nicht ausgcbeutct und nicht ver trieben werden kann, ohne daß allemal der Obolus von dem, was daraus erlöst wird, in des Urhebers eigene Cassc fällt. Halten Sic denn dieses System für so verwerflich, daß es der Mühe lohnt, deshalb ein solches Geschrei zu erheben gegen Jemanden, der sich keine« weiteren Verbrechens schuldig gemacht hat, als zu zweifeln an der Weisheit des Bundestages und an dem Dogma der Schutzfrist von zwei bis drei Mcnschenaltern? So, meine Herren, werden wir Production und «omsumtion mit einander in ein einheitliches Interesse versetzen, wodurch die Cultur, die wissenschaftliche und die künstlerische Cultur einen unge ahnten Aufschwung nehmen werden, so werden Sie Jbr Ziel wirklich er reichen. DaS gebe ich ja zu, daß, wenn man zu diesem Prinzip übergeht, daß dann geeignete Controlmaßregeln und außerdem schonende Uebergangs- bcstimmungen getrosten werden müssen, allein darüber kann man sich "ja verständigen. Ich habe also erstens den Grundsatz und die Tendenz, das harmonische Prinzip zu finden, in welchem die sich jetzt untereinander kreu zenden Interessen sich conccntrircn, und deshalb proponire ich Tantieme; ich habe aber weiter das Interesse, eine internationale Verständigung hcrbei- zuführen, — und die internationale Verständigung, meine Herren, wenn Sie die außerdeutsche Gesetzgebung vergleichen, werden Sie finden, die wird niemals stattfinden auf Grund dieser Schutzfristen, woran zwar Frankreich, der llrtypus des Schutzzolls und der Monopolsucht jener Bourgeoisie, die alle Welt zu ihrem eigenen persönlichen Vortheile auSbeutet, festhält, von der aber alle übrigen Länder mit jedem Tage mehr abgehen. Uns kann aber an einer internationalen Verständigung mit Frankreich sehr wenig ge legen sein, dabei wird Deutschland nur geringe Vortheile haben, — wir müssen die internationale Verständigung suchen mit den germanische» Staaten und Ländern, und zwar namentlich mit denjenigen Staaten und Ländern, in welchen wir ein zahlreiches Contingent deutscher Landsleute haben, welches, wenn es sich auch von unserem Staate separirt hat, in der Cultur, in der geistigen Entwickelung noch auf das innigste mit dem Puls schlage seines alten Vaterlandes zusammenhängt, und in der Literatur nur vielleicht deshalb weniger, weil die Einrichtungen bei uns so sind, wie sic eben sind; die Deutschen in Amerika könnten ja ihre deutschen Bücher auch aus Deutschland beziehen, wenn sic dort so billig wären, wie sie sie zu
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