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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.03.1870
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1870-03-04
- Erscheinungsdatum
- 04.03.1870
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- Deutsch
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726 Nichtamtlicher Theil. ^ 52, 4. März. i» dein letzten Drittheil in einen gewissen inner», ursächlichen Zu sammenhang zu bringen mit dem bedeutenden Unterschiede derSchrist- stetlerhonorarc in diesen beiden Perioden, welcher letztere wiederum offenbar zusammenhängt mit dem allmählichen Zurücktreten wenig stens des ärgsten Unwesens der Nachdruckerei, zwar »och nicht in folge durchgreifender positiver Gesetze, wohl aber infolge der immer stärker sich dagegen erhebenden öffentlichen Meinung. Wen» der Abgeordnete Braun — mit einer uns sonst an ihm nicht bekannten ideologisircndcn Richtung — gewissermaßen zu wün schen scheint, das geistige Produciren möchte überhaupt keines solchen materiellen Antriebes, wie Schriftstellcrhonorare re., bedürfen, und wenn er sich dafür auf Beispiele des Altcrthums beruft, so wäre es (abgesehen von der thcilwciscn Unrichtigkeit dieser Anführungen) aller dings ja ganz schön, wenn alle geistig begabten und zum schriftstelle rischen oder künstlerischen Produciren angelegte Männer auch ma teriell so situirt wären, daß sie das Schaffen von Schrift- oder Kunst werken lediglich als angenehme Erholung und zur Befriedigung eines inneren Bedürfnisses betreiben könnten. Aber Or. Braun mit seinem praktischen Sinne weiß am besten, daß es gerade bei uns in Deutsch land so nicht steht. Er weiß und deutet es selbst an, daß wir hier nur die Wahl haben zwischen dem, was er zwar ein „Monopol" nennt, was wir aber nur als den gerechter Weise, gesicherten Ertrag der Thätigkcit des Schriftstellers betrachte», nämlich einem wenig stens einigermaßen auskömmlichen Honorar, und einem System ent weder der „Nationalbelohnungcu" oder — der Belohnung durch Fürstcugunst. Nun, was die letztere betrifft, so kann I)r. Braun selbst — nach den politischen Anschauungen, die wir an ihm kennen — unmöglich für Deutschland ein siede cio Tonis XIV wünschen, oder jenes stolze Wort unsers Schiller Lügen strafen wollen: „Keines Mediceers Gnade leuchtete der deutschen Kunst." Aulangcnd aber die „Natio- ualbelohnungcn", so wird ihm vielleicht nicht unbekannt sein, mit welcher Entschiedenheit gegen den einst gemachten Versuch, solche (unter der Firma einer mit der Schillerstiftung zu verbindenden „deut schen Akademie") ins Leben zu rufen, gerade von vielen der ehren- wcrthcstcn deutschen Schriftsteller protcstirt und polcmisirt worden ist. Wie bei dem Mäcenaten- und Mediccerthum ein Einzelner, so ist cs bei den sogenannten Nationalbelohuuugen nur allzu leicht eine bloße Cliguc, welche über den Werth und die Belohnung eines Schrift stellers entscheidet. Wird nicht der Französischen Akademie derar tiges häufig nachgcsagt? Besser ist's, der Schriftsteller steht dem ganzen Publicum gegenüber und hat von ihm den Lohn für seine Ar beiten in der Form des Honorars zu erwarten, das ja doch im We sentlichen durch die Nachfrage nach einem Werke bedingt ist.s Und hier möchten wir schließlich noch Braun den Juristen und Braun den Volkswirth fragen: warum es ihm denn gar so irratioucll erscheint, wenn die Gesetzgebung dahin zu wirken sucht, daß nicht der eine (der Autor und sein rechtmäßiger Verleger, d. h. Abkäufcr) die Arbeit ohne entsprechenden Lohn, der andere aber (der Nachdrucke:) einen Lohn oder Gewinn ohne entsprechende Arbeit haben solle, ob nicht vielmehr diese Tendenz ebensowohl mit dem obersten Vernunft- Postulat des Rechts, wonach Jeder so viel Recht und Eigenthum haben sollte, als er Thätigkcit aufwcndct, als auch mit dem bekannten Fun- damcntalsatzc der Nationalökonomie von Leistung und Gegenleistung im vollkommensten Einklänge steht? Der Schutz des Urheberrechts. Unter dieser Aufschrift veröffentlicht das Leipziger Tageblatt folgende Stimme aus dem Leipziger Buchhandel: „In den hiesigen buchhändlerischcn Kreisen ist man höchlich verwundert und befremdet über die am letzten Montag im Reichstag begonnene Be ratung des Nachdruckgcsctzes. Der Abgeordnete Braun-Wies baden, welcher die Discussion cinleitete und der Hauptredner blieb, bewies eine Unkenntniß der Materie und einschlagenden Rechtsver - hältnisse, daß wir dem ersten, allerdings sehr mittelmäßigen Referat der Berliner Börsen-Zcitung kaum Glauben schenken mochten. Jn- deß die Bestätigung fand sich nur zu bald. Das Autor- und Ver lagsrecht hat gerade in Deutschland eine reiche Literatur; umso mehr ist der Muth zu bewundern, womit Braun cs bei seinen Aus rüstungsmitteln gewagt hat, als erster, die Führung übernehmender Redner auf der Tribüne des Reichstags zu erscheinen. Hr. Braun thut im Anfänge so, als wenn es sich um die Frage handle: ob Rechtsschutz oder nicht? Diese Frage steht in Deutschland gar nicht auf der Tagesordnung. Dabei ruft er emphatisch aus: ein literarisches Eigenthumsrecht behauptet keiner unserer heutigen Nechtslehrer. Wir erbieten uns, an verschiedenen deutschen Univer sitäten Vertreter dieser unserer Ansicht nach allerdings abgethanen Theorie zu nennen. Die Schutzfrist bis 30 Jahre nach dem Tode des Autors macht ihm namentlich Bedenken. Es ist eine alt herge brachte Bestimmung, gegen die sich bis jetzt kaum eine Controvcrse geltend gemacht hat. Wie sollen namentlich Verleger wissenschaft licher Literatur es wagen können, bei einigermaßen schwierigen Un ternehmungen Verträge zu schließen, wenn die Schutzfrist kürzer ist, da ja der Autor sofort nach der Contrahirung sterben kann? Der artige Unternehmungen decken oft in kaum 10 Jahren die Herstel lungskosten. Von Ursprung und Entwickelung des Autor- und Ver lagsrechts scheint Hr. Braun nach seinen historischen Bemerkungen überhaupt keine Idee zu haben. Deshalb ist er sogar unvermögend, die allgemeine Tendenz der Gesetzes-Vorlage richtig zu würdigen; denn während er die Sache so hinstellt, als wenn hier die Interessen des Verlagshandels einseitig begünstigt werden sollten, geht die Tendenz der neueren preußischen Gesctzgebungsarbeitcn, von wel chen diese Vorlage als Fortsetzung zu betrachten ist, bekanntlich dahin, immer mehr den Autor, statt, wie es das preußische Land- recht that, den Verleger in den Vordergrund zu stellen. Hr. Braun versucht den Umstand zu ironisiren, daß die officielle Vorlage sich auf die Entwürfe des Börscnvercins der deutschen Buchhändler stützt. Kennt er diese Entwürfe und weiß er die Meinung unserer ersten Rechts-Autoritäten harüber? Und worauf sollte sich die offi- cicllc Vorlage sonst stützen, wenn nicht eine rein bürcankratischc Ar beit beliebt wird? Was Hr. Braun dem Reichstag über die Orga nisation des deutschen Buchhandels, die literarischen Productions- und Absatzvcrhältuisse in Deutschland, Frankreich und England u. s. w. sagt, entspringt Begriffen, die er sich nach leichtfertigen Feuilleton- Notizen gebildet hat. Von dem wahren Vcrhältniß hat Hr. Braun keine Ahnung, was ihm schon die Kölnische Zeitung theilwcisc ge zeigt hat. Wir empfehlen ihm u. a. die Lcctürc von Proudhon's Schrift: Tss mngornts Utterairos, worin er neben vielem anderen Interessanten auch eine interessante Aufklärung über die Art der Honorarverhältnisic Victor Hugo's findet, auf die er sich ja in sei ner Rebe bezieht. Wahrscheinlich werden ihm danach die deutschen Verhältnisse in einem anderen Lichte erscheinen. Die Sache wäre nicht des Aufhebens wcrth, aber schon die Kölnische Zeitung hat cs für nothwendig befunden, ihrem Freunde Braun in anderthalb Spalten ihres riesigen Formats entgegenzutrcten. Das Bedenkliche an der Sache ist, daß die übrigen Redner sich ebenfalls wenig oricn- tirt zeigten und die Braun'sche Rede Erfolg im Reichstag gemacht hat. Die Berliner Börsen-Zcitung meinte sogar, daß Hr. Braun nie besser gesprochen habe als bei dieser Gelegenheit. Wenn das etwas anderes als Ironie ist, dann wache der Himmel über Deutsch land bei den Arbeiten seiner Gesetzgeber neuesten Datums! Wir wollen hoffen, daß die Verhandlungen, wenn sic in acht Tagen von neuem ausgenommen werden, mehr Sachverständniß zeigen. Anders
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