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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.06.1870
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- 1870-06-02
- Erscheinungsdatum
- 02.06.1870
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124, 2. Juni. Nichtamtlicher Theil. 1867 ruhig liege», und wenn eine gewisse Zeit vergangen ist, ohne datz Nach frage war, dann läßt er sie wieder einschmelzen- Wenn cs aber einiger maßen geht, dann läßt er wieder 200 Exemplare abziehen, und so immcr- sort nach Bedars, er zieht aber keineswegs, wie der Verleger eines Buchs, gleich eine größere Anzahl ab, sondern die Platte ist gleichsam eine Kuh, bie er melkt, so oft es nöthig ist. So liegt die Sache in Wirklichkeit- Nun nehmen Sie einmal die andere Eigenthiimlichkcit des musikali schen Verlags an. Sie wissen, die Musikalicn, die neu erscheinen, erschei nen meistens zum sogenannten musikalischen Nettopreise, der ein ganz enorm hoher ist, denn er beträgt sür die Folioscite 1 Sgr. 3 Ps. Ein gewöhnliches kleines Lied kostet also mindestens S Sgr., und wenn es mehr als 2 Seiten hat, so kostet cs 7^ auch 10 Sgr. Dieser ganz enorme Preis hat zur Folge, datz im Allgemeinen die große Masse der Novitäten sehr wenig gekauft wird und sehr wenig gekauft werden kann; er hat aber ferner zur Folge, daß die bedeutenderen Sachen, auch wenn sie sich ein gewisses Renommee angecignet haben, wegen des enormen Preises sehr schwer in die Masse des Publicums dringen. Nun, meine Herren, ist es ja eine Eigenthümlichkeit des deutschen Volkes — aber eine löbliche — daß sein Gcmüthsleben eine viel nähere Verbindung seines geistigen Lebens mit der Musik nöthig macht und seit langer Zeit nöthig gemacht hat, als es bei anderen Völkern der Fall isi. So kommt es nun, daß auch wirk lich bedeutende Compositioncn, so lange diese hohen Nettopreise eristiren, außerordentlich schweren Eingang finden. Was ist nun die Folge davon? Wenn ein musikalisches Werk gut geht, wenn cs durchdringt, wenn cs den Ruf einer wirklichen künstlerischen Bedeutung sich erobert hat, so wird der Verleger reich. So ist cs gegangen bei allen classischcn Compositione», die de» Autoren mit einem ganz lächerlich geringen Preise oder gar nicht be zahlt sind, während die Verleger, die dieses Privilegium 30 Jahre nach dem Tode des Autors gehabt haben, reich geworden sind, sic haben einen ganz enormen, wenn ich mich so ausdrückeii darf, Lottcriegewinn gemacht. Meine Herren! Sie könnten nun vielleicht sagen, jene Verleger hätten das Geschäft einmal gemacht, wir wollten ihnen de» Gewinn sehr gern lassen. Aber ich will Sic nur daran erinnern, daß die Verleger, obwohl im Besitz dieses Privilegiums, dem Interesse des Publicums zu dienen außerordentlich wenig geneigt gewesen sind. Sie glauben nicht, was im Gebiet des Musikalicnhandels an schlechte» Abdrucken ins Publicum ge macht ist, davon haben Sic in der Thal keine Idee. Eine sehr rcnvm- mirtc Handlung hier in Berlin hat von Webcr'schen Compositioncn Ab drücke »i die Welt geschickt — bloß weil cs ihr nicht 'genehm war, neue Platten machen zu lasten — die über jeden Bcgrifs gehen, Abzüge, wo aus einer Seite mitunter vielleicht einige Noten zu lesen, alles Ucbrige unleserlich war. So, meine Herren, sind diese eigenthümlich privilegirten Stellungen von den Musikalienverlegern ansgebcntct worden wie eine Gold grube, und wir finden keine Veranlassung, das so zu lassen. Nun sagt mir zwar der Commissionsbericht — den habe ich natürlich sehr aufmcrktam gelesen und geprüft, diese Argumentation sei sehr schön, aber sie sei doch widcrlcglich; cs sei nämlich bloß nöthig, daß die musika lischen Autoren von den Schriftstellern lernten, und daß sic anstatt wie früher ein sür alle Mal, in« Künftige nur für eine feste Anzahl von Exemplaren Contract abschlietzcn. Meine Herren, diese Bemerkung der geehrten Commission ist — Sic verzeihen mir den Ausdruck — unendlich naiv. Nämlich das praktische Leben hat cs mit sich gebracht, daß ein sol cher Contract bisher nirgend geschlossen wird. Nun sagt die Commission: ja, er kann doch aber geschlossen werden; die Commission sagt also zum praktischen Leben: bleibe mir scrn, du störst meinen schöne» Gesetzentwurf — das praktische Leben paßt zwar nicht dazu, aber ich mache es so, als ob das praktische Leben so wäre wie ich es wünsche. Es ist aber nicht so, und cs wird auch schwerlich so werden, selbst wenn wir der geehrten Com mission in ihrem Vorschläge folgen; cs bleibt doch bei seinen Gewohn heiten. Denn, meine Heere», wenn die Musiker bisher einen derartigen Contract nicht geschlossen haben, so hat das nicht bloß in ihrem Willen gelegen, sondern das muß Gründe gehabt haben, und gestalten Sic nur, daß ich Ihnen die Gründe ganz kurz anführe, sic sind ungeheuer schlagend. Das Eremplificiren von dem Bücherverlag ans den Mufikalienverlag ist unberechtigt; erstens, weil die Coulrole, wieviel Exemplare von einer daliegcnden Platte abgezogen werden, ganz natürlich unmöglich ist. Ich will ,a zugebcn, daß fogar beim Bücherdrnck auch mehr Exemplare abge zogen werden können, ohne daß der Autor cs immer controliren kann; aber Sie werden mir zugeben, daß es sich da nur um eine Controle für einen Augenblick handelt, hier würde eine fortgesetzte Controle Jahre lang nöthig scur, um zu controliren, wieviel Abzüge von einer Platte nach und nach gemacht sind. Dann erwägen Sie zweitens. Die musikalischen Autoren stehen den musikalischen Verleger» gegenüber ganz anders da, als die Büchcraulorcn den Bücherverlegern gegenüber. Im Vergleich mit einander ist die Zahl der musikalische» Autoren gegenüber den Bücherantoren unendlich groß, und die Zahl der Musikvcrlegcr im Vergleich zu den Bücherverlegcrn ist unendlich klein. Also, meine Herren, das Verhältniß zwischen dem An gebot der musikalischen Werke und der Nachfrage seitens der Verleger ist hier ein völlig anderes und zwar ein ungünstigeres, zu Ungunsten der Autoren. Meine Herren, kleine, abgerissene Gedanken — im Gebiete des Schriftwerks dasjenige, was man vielleicht Broschüre nennen möchte, — das ist im Gebiete des ganzen Schristwerkverkehrs viel seltener, als — wenn ich mich so ausdrückeii darf — die musikalische Broschüre. Eine musikalische Kfeinigkeit, ein Lied, ein kleines Klavierstück, ein Impromptu u. s. w., — ja das find Sachen, die erscheinen in einer so unendlichen Zahl, daß Sie das mit der Broschüren-Litcratur im Gebiete des Schrift werks gar nicht vergleichen können. Es findet ja in diesem Gebiet eine Ueberproduction statt, über die ich nicht urtheilen will, die aber vom künst lerischen Standpuntte aus ganz entschieden zu beklagen ist. — Nun er wägen Sie, daß der musikalische Verleger — deren sind eben, wie ich mir schon zu sagen erlaubte, verhältnißmäßig sehr wenige im Vergleich zu den Büchervcrlegern — dem musikalischen Autor gegenüber, wenn ich mich so ausdrückcn soll, viel vornehmer dasteht. Wenn der musikalische Autor jetzt zum Verleger geht und sagt: ich gebe Dir nur tausend Exemplare zu ver legen, so setzt sich der Verleger auf's hohe Pferd und sagt: dann will ich mit Dir nichts zu thun haben. Höchstens würden ganz renommirte Au toren und Componisten vielleicht in der Lage sein, eine Aenderung herbei- zusühren. Aber, meine Herren, da wir doch nicht Gesetze für eine Zeit nach fünfzig Jahren geben, sondern für die gegenwärtige Zeit, so mache ich da rauf aufmerksam, daß es nach der gegenwärtigen Lage der Sache sehr wenig derartige Persönlichkeiten, oder gar keine gibt. Die Sache liegt also einfach so: Das tägliche praktische Leben lehrt uns, daß nirgends ein Contract auf eine bestimmte Anzahl von Exemplaren geschlossen wird. Die Gesetzgebung muß aber meines Erachtens, wenn sie bas Richtige treffen will, das gegenwärtige praktische Leben zum Aus gangspunkt nehmen, sie darf nicht einen Zustand in Erwägung ziehen, wie sic sich ihn denkt und wünscht, sondern sic muß ihn nehmen, sowie er jetzt ist. Wenn mir also gesagt wird: man müsse an die Möglich keit denken, daß sich die Sache im praktischen Leben einmal ändert, so gebe ich das zu, aber daraus folgt nicht, daß man eine Bestimmung trifft, die dem heutigen praktischen Leben vollkommen widerspricht. Ich habe schon gesagt, daß, wenn Sie die Bestimmung so annchmen „dreißig Jahre nach dem Tode", Sie den bisherigen Zustand fortdauernd machen, wie er z. B. bei den Classikcrn gewesen ist. Meine Herren! Wie lange hat cs gedauert, bis die wirklich classischcn Compositioncn, die Bcethovcn'schcn Sonaten, die Webcr'schen und die Schubert'schcn Com- positionen ins große Publicum gedrungen sind? Das hat dreißig Jahre gedauert, und wem z» Nutzen? Etwa den Autoren? Auch nicht un mindesten (denn die halten ihr Werk ein für alle Mal verkauft), aber zum Schaden des Publicums, denn das Publicum hat ganz unge- incsscu lange warten müssen, bis diese Sachen in seine Hände kamen. Ein Nachdrucker i» Braunschweig, der insofern für sein Land nicht behindert war, als in Brannschweig der Bundesbeschluß, ich weiß nicht ob mit Absicht oder aus Versehen nicht publicirt worden war, hat sich durch die Herstellung billiger Druckausgaben ein wirkliches Verdienst er worben. Diese Nachdrücke sollten freilich nicht über die Grenze des Lan des verbreitet werden, aber sie sind ganz munter vertrieben und haben, so weit es ging, dem Bedürsniß entsprochen. Als die Schutzfrist abgclaufen war, haben wir eine große Zahl der allcrschönstcn und billigsten Ausgaben bekomme». Jetzt sind die Sachen wirklich ins große Publicum gedrungen, und diesen Vortheil hätten wir ohne Schaden der Au toren, das betone ich immer, schon früher haben können, wenn nicht dies unberechtigte Privilegium den Verlegern zugcstandcn hätte, sic haben uns verhindert, diesen Vortheil früher zu genießen. Also, meine Herren, ich spreche hier nicht gegen die Autoren, denn die will ich nicht schädigen, aber ich spreche allerdings gegen das Interesse der Verleger zu Gunsten der Consuincntcn. Die Consnmcntcn sind in den Vorbcrathungcn der Conimissioncn, ich möchte sagen, nie recht zu Wort gelangt, die mögen hier wenigstens zu Wort gelangen. Meine Herren! Die Eigenthümlichkeit des Musikalienverlags bringt cs allerdings auch mit sich, daß jeder Verleger einen Schutz braucht, aber warum er die dreißig Jahre nach dem Tode des Urhebers noch haben soll, ist nicht abzusehen. Auch das Argument, hcrgenommen von den Fällen, in denen cs sich um eine Ausgabe der gesammelten Werke eines Autors handelt, welches bei de» Schriftwerken ein durchgreifendes Moment abgab, fällt hier fort. Auch da muß ich an das praktische Leben erinnern. Der artige gesammelte Werke eines Componisten haben wir beinahe gar nicht. Vor einigen Jahren ist i» Bezug aus Beethoven dieses großartige und schöne Unternehmen durchgeführt worden; allein cs ist das säst das einzige Beispiel einer wirklichen Sammlung aller Werke eines Componisten. Wir werden also berechtigt sein, hieraus bei den musikalischen Compositioncn ein entscheidendes Gewicht nicht zu lege». Andrerseits, meine Herren, wenn die Verleger einen dreißigjährigen Schutz sür das Werk haben, dann sind sie geschützt, so weit sie es irgend brauchen. Ich räume ein, daß eine 266*
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