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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 10.06.1868
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1868-06-10
- Erscheinungsdatum
- 10.06.1868
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- Deutsch
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1514 Nichtamtlicher Theil. .15 131, 10. Juni. wurden die Bücher mir richtigen Preisen bezahlt, was sich nicht von vielen Auktionen behaupten läßt. Welche enorme Preise einzelne Werke aufbrachlen, möge aus einigen Beispielen erhellen. Sc ergab der 8xe§l>vl äor bsllonäsnisss, 40 x. b'ol. — eines der interessan testen, aus der Coster'schen Officin hervorgegangenen Bücher — 7500 fl. (aus Speculation von Quaritch in London gekauft); ferner ein kleines „^bsosänrium" von 8 in kl. 12. auf Perganienl 1000 fl. (wahrscheinlich das älteste mit bewegbaren Lettern gedruckte Buch); eine holländische Ausgabe des „Alten Testaments" auf Per gament mit circa 100 Federzeichnungen aus dem 15. Jahrh. 2000 fl. (von Asher L Co. in Berlin gekauft) u. s. w. Derzeit veröffentlichte Hr. Fred. Müller in Amsterdam seine Wahrnehmungen, die er bezüglich der Preise bei dieser Auction ge macht hatte, im Druck, und es finden sich darin so interessante Ge sichtspunkte ausgestellt, daß es auch unsere deutschen Leser gewiß interessiren wird, in dem Nachstehenden im Auszuge die Ansichten des Hrn. Müller, eines der gewiegtesten Antiquare, über die Bücher preise kennen zu lernen. Die sicherste Manier zur Erlangung von Bücher- und Preisen- kenntuiß ist, die Preise hervorragender Auctionen in einem umfassen den Hauptkataloge aufzuzeichnen und stets nachzutragcn. Es soll das nicht mechanisch geschehen, sondern stets muß neben dem Preise auch der Titel genau ins Auge gefaßt werden, und namentlich bedarf es daneben auch eines ernsten, gründlichen Studiums der Literatur geschichte und berühmter Kataloge, wie z. B. Brunet's Nauusl, Grässe's Brösor äs Iivre8 u. a. Die Literaturgeschichte sagt uns, welche Bücher geschrieben sind, die Kataloge weisen uns die ver schiedenen bestehenden Ausgaben nach und unsere eigenen handschrift lichen Notizen bringen uns die Preisschwankungen und besondere Umstände beim Verkauf wiederholt vor Augen. Man lernt da leicht, ohne daß man die betreffenden Bücher selbst sieht, welche Werke häufig Vorkommen und welche selten sind. Es ist das gewissermaßen die zurPraris vorbereitende Theorie; denn betheiligt man sich in Person an einer Auction, so bleibt beim Bieten selten Zeit, einen Auskunft gebenden Katalog nachzuschlagen, da muß das Gedächtniß gut aus gerüstet und schlagfertig sein. Bei diesen Preisauszeichnungen muß auch genau der äußere Zustand des Buches angemerkt werden, wenn er Einfluß auf den Preis hatte. So ging z. B. in der Auction Enschede der Preis für eine Nr. schon bis 700 fl. hinauf, als man entdeckte, daß eine Seite in dem Buche fehlte, wonach er sofort auf 500 fl. herabsank. Brunet macht in der lehrreichen Vorrede seines Nnnusl besonders darauf aufmerksam, daß bei der Beurtheilung der von ihm ange gebenen Preise der äußere Zustand der Eiemplare Hauptsache ist. Und das ist wohl natürlich, wenn man erwägt, bei welcher Art von Büchern es sich um den äußern Zustand handelt, und welche Bücher Brunet in seinem Llsnnsl nennt. Das sind nicht wissenschaftliche, überall vorkommende, moderne Bücher, Bücher die man sucht, um aus derenJnhalt etwas zulernen,oder sie zu gebrauchen, ebenso wenig sind es die hervorragendsten Literaturerzeugnisse, denn gerade diese, von der Bibel herab bis zu dem besten elastischen Autor der alten oder neueren Zeit, sind die ain meisten verbreiteten und deshalb billigsten Bücher. Nein, es sind die sehr alten, seltenen, wenig neugedruckten, oder die besonders kostbaren, oder bizarren, auch Wohl die obscönen Bücher, die stehen am höchsten im Preise. Alles was nicht von Jedermann, nicht allgemein begehrt wird, bedingt einen höheren Preis je nach der Seltenheit, dem Geschmack und a.m. Solche Bücher werden beinahe nur aus Luxus gekauft; nöthig sind sie fast nirgends, ausgenommen (und das ist eine Seltenheit), wo cs sich um die Aufklärung eines in der Geschichte dunkeln Punktes handelt. Bei solchen Büchern treten Literaturkennlniß und Wissenschaft weit hinter der Bücherliebhaberei (oder, wenn man will: Liebe zu den Büchern) zurück. Der Gelehrte kauft die Bücher, die er lesen und gebrauchen will, der Liebhaber will eine Sammlung an leg en, einerlei, ob er die Bücher lesen kann oder will- Der Erstere sieht auf das Innere, der Andere auf das Aeußere. Und ebenso wie man eine Gemäldesammlung nicht mit wenig Mitteln zusammen bringt, so darf auch ein Bücherliebhabcr, der Cnriositäten sammelt, nicht eine schlecht versehene Börse haben. Was Wunder also, wenn denn einmal die Bücher ihres Aeußern wegen begehrt werden, daß man dann auch vom äußeren Zustande des Eremplarcs den Preis abhängig macht! Was soll ein Elzevier- Sammler z- B. mit einem schmutzigen, starkbcschmttencn, geschmack los gebundenen Exemplar von Molierc, das seine ganze Sammlung schänden würde! Dafür gibt er keine 10 Thlr., während er für ein tadelloses Exemplar gern 75 Thlr. aufwendet. Und wer nun erst auf die Abstammung der Bücher Werth legt! Da haben einzelne durch den Besitz von Brunet geadelte Bücher in der PariscrAuction wahnsinnige Preise aufgebracht. Bietet solchen Liebhabern morgen dieselbenBücher in gewöhnlichen, ebenso guten Exemplaren, dochohne den handschriftlichen Namen von Brunet, ohne die Provenance von Choiseul, du Thou, Longepierre — nicht den fünfzigsten Theil wer den sie aufbringcn! Ganz natürlich: wen dcrJnhalt interessirt, der ist mit jedem Exemplar jeder brauchbaren Auflage zufrieden; wer das Buch aber der Seltenheit wegen kauft, dem kommt's auf Geld nicht an; das Geld kann er missen, das Buch aber nicht ; denn wenn einmal ein glücklicher Mitbicter ihm das Exemplar vor der Nase wegschnappt, da reicht oft das Doppelte und Zehnfache nicht hin, um ihm einen Schatz, wie ihn sein Nebenbuhler besitzt, zu ver schaffen. Der Liebhaber achtet das Geld nicht, sondern folgt dem Strome und dem Geschmacke seiner Zeit, indem er kauft, was seine Zeit für schön, kostbar und selten hält. Für die Kenntniß nun dieses stets sich verändernden Geschmackes und Geistes der Zeit, dem wir alle, Bürger und Gelehrte, Bücher liebhaber und streng wissenschaftliche Männer, unterworfen sind — für die Kenntniß dieser interessanten Unterabtheilung der allgemeinen Geschichte ist die urtheilsfähige Kenntniß der Bücherpreise und ihres Steigcns und Fallcns von Wichtigkeit. Man beurtheilt im Allgemeinen die Entwickelung des literari schen Geschmackes eines Volkes in einem gegebenen Zeitraum nach den in den betreffenden Jahren erschienenen Büchern ; es gibt einen viel besseren Maßstab zur Würdigung früher erschienener Bücher, der aus den Preisen hervorgeht, die sie aufbringen. In der Literatur am meisten gilt Schiller's Ausspruch: „die Weltgeschichte ist das Weltgericht". Bei den gewöhnlichen, ja den meisten Büchern wird der Werth durch den Preis bestimmt, durch die mehr oder weniger anhaltende Nachfrage, wenn sich der Reiz der Neuheit verloren hat. Welchen Erfolg hatten ihrer Zeit Ilnels Dom's endin, Victor Hugo's Nissrnblss, Sue's 8ept päelrös onpitnux u.a., welcher Sturm erhob sich bei deren Erscheinen! Wer fragt jetzt noch nach den Büchern? Wird die Literaturgeschichte den Werth dieser Bücher hoch anschla gen? Die Preise, wofür man sie jetzt haben kann, hervorgegangen aus der Mißachtung, mit der sie angesehen werden, würden jedes Lob Lügen strafen! Aber der größte Vortheil der Kenntniß der Preise alter Bücher (wenn mit Verständniß angewandt) ist der: daß diese Preise den Zeitgeist, die Würdigung und Ausübung jeder Wissenschaft in die sem oder jenem Zeiträume uns zeigen. Wir wollen das durch einige Beispiele beweisen. Nehmen wir z. B. die katholische Literatur. Man kennt die ^otn 8nnotorum von 1643 bis 1793 in 53 großen Foliobänden; im vorigen Jahrhundert stand dies Werk gut im Preise, nach der Aufhebung des Jesuitenordens 1763 sank es großentheils im Werthe
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