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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.06.1868
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1868-06-22
- Erscheinungsdatum
- 22.06.1868
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
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141, 22. Juni. Nichtamtlicher Theil. 1639 zurückgcnommen wird nichts! Welcher Sortimenter macnlirt nicht alljährlich eine ganze Anzahl solcher werthloser Bücher, um nur den Acrger ein für allemal los zu sein. Der Verleger leidet kaum mehr durch die faulen Sortimenter, als der ordentliche Sortimenter, denn dieser wird durch seine faulen College» in Mitleidenschaft gezogen; er muß für deren Fehler mit büßen; darum keine Rücksicht mit den letzteren, wohl aber Rücksicht, Einsicht und unter Umständen sogar auch Nachsicht (z. B. im Gestat ten von Disponenden) für ordentliche Handlungen. Die Verleger könnten wohl Unterschiede machen, wie sie es leider oft nicht machen. Wenn einzelne unsolide Handlungen in ungehöriger Weise disponiren, so ist es nicht gerecht, allen Disponenden zu verwei gern, wie dies leider von Jahr zu Jahr allgemeiner wird. Man muß vielfach Bücher, die sichern Absatz versprechen, remittiren, be stellt sie gleichzeitig wieder und siehe da, das Remittendcnpackct ist manchmal noch gar nicht aus dem Hause, so sind dieselben neubestell ten Bücher schon wieder angekommen! Oder die Verleger bieten sie sofort nach der Messe mit freundlichster Bitte um gefällige Verwen dung ä cond. an. Welcher Zeit- und Geldverlust bei einem ohnehin so mühsamen, arbeitsreichen, vcrdienstarmen Geschäft! Es ist daraus zu ersehen, daß die meisten der undisponirbaren Bücher nicht in den Auflagen zu Ende gehen, sondern daß eben der Verleger dem faulen Sortimenter mißtraut; der solide muß darunter leiden. Besonders bei den Leipziger und Berliner Verlegern bürgert sich dies Verfahren ein; die Herren haben auch nicht die lheure Fracht und die hohen Commissionsspcsen zu tragen, wie die meist entfernt wohnenden Sortimenter. Ein ganz neuer Grundsatz scheint bei Einigen in Aufnahme zu kommen: nämlich nur Verlag des laufenden Jahres ä cond. zu geben. Der Sortimenter kann also neu zuziehendcn Kunden, z. B. Philologen, Theologen, Nova vom vorigen Jahr gar nicht mittheilen, während sich solche sonst leicht absctzcn ließen. Welche Beschränkung für einen thätigen Buchhändler! So sehr es zu billigen ist, wenn die Verleger ihre Conti ein schränken und faulen Sortimentern das Conto schließen, so ist cs doch nicht billig, in gleicher Weise gegen ordentliche Handlungen zu verfahren oder nur damit zu drohen, wenn sie das'Disponendenverbot überschreiten, Weil nach auswärts versandte Bücher beim besten Willen nicht zur Messe zurückzuerlangen sind, oder wenn einmal die Wagschalc des Absatzes zu leicht befunden wird (was allerdings Wohl ausnahmsweise hin und wieder passircn kann); das Verhältniß muß — einen wirklich absatzfähigen Verlag vorausgesetzt — sich durchschnittlich jedenfalls günstig gestalten. Es wird oft gesagt, daß im kaufmännischen Verkehr außerhalb unseres Buchhandels mehr Präcision, mehr eracte Geschäflsnormen herrschen. Zugegeben — aber es herrscht auch seitens der Fabrikanten mehr Gefälligkeit, mehr Entgegenkommen, mehr Rücksichten und Ein gehen auf die Wünsche der Kaufleute, als bei einem großen Theil der Verleger; ich betone es nochmals: besonders der kleineren. Hr. Haendcke bringt in Nr. 120 des Börsenblatts einen sehr prakti schen Reformvorschlag in Anregung. Wäre es möglich, daß Hand lungen, die wenig verlegen, ihre Bücher nur durch die Commissio- näre debitirtcn und diese Herren in die Lage versetzten, diese Artikel mit mindestens 25"/o zu liefern, so hätte man statt einiger Schock kleiner Verleger doch nur mit einigen Leipziger Commissionären zu thun, und das wäre auch kein zu verachtender Zeit- und Arbeitsge winn; eine Menge Aergcr würde wegfallen und die Herren Kom missionäre wissen am besten ordentliche und unordentliche Sortimen ter zu unterscheiden. Ich habe nur einige mir augenblicklich vorschwcbende Punkte aufgcführt; es wäre aber wohl wünschenswert!), wenn viele Stimmen von Sortimentern laut würden und Unzuträglichkeiten und Unbillig keiten aus ihrer Praxis veröffentlichten; cs gibt wohl keinen, dev sie nicht bitter empfindet und darunter leidet; dadurch könnte viel leicht manchem Uebel abgeholfen werden. Es wäre ferner wünschens- Werth, wenn die kleinen Schwierigkeiten, denen sich der Sortimenter im Kundenverkehr unterwerfen muß, die vielen Gefälligkeiten, die er den Kunden zu erweise», die vielen Rücksichten, die er zu nehmen hat, den Verlegern recht anschaulich vor die Augen geführt würden (denn dafür scheint das rechte Vcrständniß zu fehlen), — sie würden dann hoffentlich auch ihrerseits billige Rücksichten üben. 6. r. Die Besorgung der Zeitungen durch das Postamt. II.*) Weshalb das Postamt mit Zeitungen und Zeitschriften handelt, hat einen tiefen politischen Grund, den wir am besten verfolgen können, wenn wir in Betracht ziehen, wie manche Staaten ihren Un- terthanen die geistige Speise verabreichen. Je größer die Despotie, desto spärlicher, karger die geistige Nahrung. Das sehen wir an Rußland; da wird die Regierung zum Drucker und bekleckst die Zei tung mit großen schwarzen Pflastern, die dem Publicum nur sagen: „Hier steckt etwas darunter, das für deinen Verstand gefährlich ist, und deshalb habe ich es ausgekratzt"; das ist nach Art der Kosaken und kennzeichnet ihre geistige Stellung in Europa. Man sieht also, Rußland betreibt diese Maßregel ganz systematisch, die Regierung liest für das ganze Land und bestimmt das Quantum von Wissen, welches eingelassen werden soll. Nach Rußland darf gar keine Zei tung, die nicht bei der Post bestellt ist und durch das Postamt abge liefert wird; jedes andere Zeitungsblatt, welches sich inderPost zeigt, wird confiscirt. Die Presse also ist mit einem Worte „prohibirt". In Frankreich dürfen wir uns keinen Rath holen. Die Presse ist dort in einem ganz unwürdigen Zustande, sie steht unter der Polizei und der Willkür eines Ministers, sie ist so maltraitirt und mißhandelt, daß man nur sein tiefes Bedauern darüber ausdrückcn kann; es eristirt dort für die Presse eine eigene Guillotine: eins, zwei, drei — da liegt der Kopf! Seit gestern erst soll dieser Zustand aufhören, wir wollen sehen! In Deutschland herrschte etwas Aehnlichcs, denn wie wir sag ten, es liegt der Zeitungsbesorgung durch die Post eine politische Idee zu Grunde, vermöge welcher eine Regierung jeder Zeitung den Hals umdrehen konnte, wenn sie nicht mehr nach der Pfeife tanzen wollte. Diese Pfeife war die Ccnsur, sie ist Gott sei Dank ver schwunden, auch kann man eine Zeitung nicht mehr so mir nichts dir nichts ausblasen wie früher — aber man kann sie immerhin noch zu leicht unterdrücken, die alte Maschinerie ist dazu noch sehr brauchar—, und um dies ganz zu verhindern, ist es nothwendig, daß die Polizei- lcchkcit bei Preßangelcgenheitcn ganz aufhört, daß die Preßgesetze geregelt und bestimmt werden, und jeder Prozeß von der Jury ent schieden werde. Je entschiedener die Presse unter die Landesgesetz gebung gestellt wird, desto entschiedener wird der Vorthcil für die freiheitliche Entwickelung der Presse und desto dringender das Be- dürfniß, daß das Postamt keinen Einfluß auf die Expedition der Presse ausübt und ausüben kann. Gegen diese Einrichtung der Post muß die deutsche Presse ebenso energisch Opposition machen, wie sie es gegen dic Censur that, denn im Grunde genommen ist das Prinzip gleich gefährlich. Das Postamt ist noch heute ein Bedienter der Po lizeianstalt, denn es hat die Macht, die Besorgung einer Zeitung zu verhindern; diese Macht darf und soll sie nicht haben. Die Post soll nichts sein, als was ihr wirklicher Beruf ist, ein staatliches Beförderungsinstitut, ein Vermittler der Korrespondenz und aller Communicationen; sie muß allen Zwecken dienen, bereitwillig. ') l. S. Nr. 131 d. Bl. 248*
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