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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.08.1868
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1868-08-05
- Erscheinungsdatum
- 05.08.1868
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- Deutsch
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2074 Nichtamtlicher Theil. I? 179, 5. August. eines andern Mitgliedes des Buchhandels unsicher; jede Maßregel, jeder neue Schritt gegen den letzteren, jeder scheinbare Erfolg wird sofort großartig ausposaunt; wer wurde nicht bei allen diesen Eingriffen, Drohungen und Prahlereien mit Ekel erfüllt! Aber — wir schweigen, wir fühlen nicht, daß das alles ebenso viele Schläge gegen unser Aller eigenes Recht und eigene Freiheit sind; wir sehen ruhig der maßlosen Verfolgung zu und rühren uns nicht, wenn einer uusercrMitbürger wegen eines zum wenigsten zweifelhaften Unrechts bedrängt, geschädigt, ruinirt wird, —wegen eincrHandlung, die bis her nie und nirgends als Unrecht galt, die schon hundertmal ohne jeden Aufschrei in dieser oder jener Gestalt geübt wurde, ja noch mehr, wegen eincrHandlung, die dcrVcrfolgende selber schon straflos gegen eine andere Firma geübt hat! — Es muß auffallen, daß in einer Angelegenheit wie diese, die wegen ihrer Wichtigkeit für die allgemeinen Interessen des Buchhan dels gewiß einer ernsten Beleuchtung Werth war, bis heute sich keine competente Feder gefunden hat, die sich mit einer eingehenden und unparteiischen Untersuchung der Sache beschäftigt hätte. Man könnte auf Ursachen dieses Stillschweigens schließen, die dem deutschen Buch handel, ja dem deutschen Volke überhaupt nicht zur Ehre gereichen. So möge cs denn mir, einem der jüngsten und bescheidensten Mit glieder, gestattet sein, meine übrigens unmaßgebliche Meinung über den Streit zu sagen. Ich kenne keine der beiden Parteien persönlich, stehe in gar keiner Beziehung weder zu dem Verfolger noch zu dem Verfolgten und glaube daher unparteiisch urtheilen zu können. Ich nenne keinen Namen; denn cs ist mir um die Sache selbst und um diese allein zu thun, um dasRecht, um dieGewerbefreiheit als solche, so zu sagen, ui» den Fortschritt und die praktische Entwickelung des freiheitlichen Sinnes in Deutschland wider Engherzigkeit und Vor- urtheil, wider eine, wie mir scheint, unerträgliche Anmaßung und Selbst sucht. Ich verthcidige den Verfolgten nicht aus persönlichen Motiven irgend welcher Art, sondern lediglich, weil ich einer Sache dienen will, die nach meiner Anschauung aufs engste mit der Sache der ge werblichen Freiheit zusammcnhangt. Und nur von diesem Stand punkte aus bitte ich die folgenden Betrachtungen zu prüfen und das Beste zu behalten. Von der Unparteilichkeit einer geehrten Redaction des Börsenblattes, von dem Interesse, das auch sie an einer Beleuch tung des Falles haben muß, darf ich wohl die Veröffentlichung dieser Besprechung mit Sicherheit erwarten. Nachdrucksklagen sind in letzter Zeit nicht eben selten in dem Jnserateutheil des Börsenblattes ventilirt worden; es ist augenschein lich, daß zwei entgegengesetzte Prinzipien mit einander in Streit ge- rathen sind: die Anschauung der modernenZeit mit den noch verbrei teten Ideen der alten. Allein — auch wenn wir die letzten als maß gebend betrachten — was galt bis zum heutigen Tage als strafbarer und durch das Gesetz verbotener Nachdruck? Die unbefugte Verviel fältigung eines literarischen Erzeugnisses (oder Kunstwerkes), des geistigenJnhalts einer Schrift! Nie hat man noch davon ge hört, daß auch die Form, das rein Aeußerliche, wie Format, Umschlag, Titel, Lettern, Papier und dergleichen in der Nachahmung als „Nachdruck" im strafrechtlichen Sinne betrachtet, und als solcher bestraft worden wäre, wenn der Inhalt beider Schriften ein ganz anderer, verschiedener war. Wohl gemerkt, ich spreche nicht davon, ob es sittlich zu rechtfertigen ist, wenn ein industrieller Buchhändler das Aeußere einer verbreiteten Schrift eines andern bis aufs Ein zelnste nachahmt; die strenge Moral lasse ich hier ganz bei Seite; diese hat Jeder mit sich, seinem eigenen Gewissen und der öffentlichen Meinung abzumachen. Möge Jeder nach seiner Fayon moralisch sein! Das ist ein ganz anderes Capitel. Hier haben wir es mit dem Strafgesetz zu thun und nur davon ist die Rede, ob die Nachahmung der äußern Gestalt eines Buches dem geltenden Gesetz über Nach druck gegenüber verurtheilt werden kann. Im Strafgesetzbuch finden wir nichts über ein derartiges Vergehen, weder unter dem Begriff des Nachdrucks, noch dessen, was dem Nachdruck gleich geachtet wird. Es könnte auch nur sehr uneigentlich „Nachdruck" heißen; denn nach- geahmt ist wohl, nachgedruckt aber im Grunde nichts von dem, was ein Buch zum Buche macht. Man sicht daher, daß in dem Falle, wovon wir sprechen, ein neues Element in den Begriff des Nach drucks und der Strafbarkeit gebracht, durch die Autorität und das Präcedens eines Gerichts dieser Begriff weiter ausgedehnt und die Freiheit des Gewerbebetriebes enger beschränkt werde» soll, und da gegen — nur dagegen will ich auftreten. Ich behaupte, daß die Nachahmung der äußern Form einer Druckschrift irgend welcher Art bisher nicht als strafbarer Nachdruck galt. In der That, wo sollte hierbei die Strafbarkeit anfangen? wo aufhören? — War es etwa nicht schon Nachahmung der äußern Form, als die Idee der Illustration von Zeitschriften — einmal ange wandt und im Publicum Anklang findend — so vielfach nachgcmacht wurde? Als vor 25 Jahren die Weber'schc „Illustrirte Zeitung" in Leipzig (in Nachahmung englischer und französischer Vorbilder) be gründet wurde und nach und nach, gewiß mit großen Anstrengungen und Kosten, alle entgegenstehenden Hindernisse überwunden und end lich starke Verbreitung gefunden halte — wer war cs, der im Jahre 1865 durch Einführung einer „Allgemeinen Jllustrirten Zeitung" mit derselben Tendenz, demselben Format und ganz ähnlicher Aus stattung dem früheren Unternehmen I I. Wcbcr's Concurrcnz zu machen, an der Verbreitung jenes Blattes Theil zu nehmen, und die schöne Idee, nachdem sie überall Eingang gefunden, für sich zu be nutzen suchte? Wer war es, der das „8ic vos oou vobis" wieder einmal illustrirte? Nur das Wort „Allgemeine" unterschied das neue Blatt in Gestalt und Ausstattung von seinem Vorgänger. War es nicht dieselbe englische Firma, welche heute wegen Nachahmung eines Kalenders, der im Grunde selbst weiter nichts ist, als eine Nachahmung des Wcber'schen „Jllustrirten Kalenders" (und des Pariser „^Imuvneb äs I'IIIlwtrstiau") — einen Kollegen, der sich dasselbe gegen sie unterfing, was sie selbst gegen einen andern gethan, aufs äußerste verfolgt, bei anscheinendem Siege ein gewaltiges Triumphgeschrei erhebt und alle Sortimenter wegen des Debits mit was weiß ich welchen Strafen bedroht? — Was du nicht willst, das man dir thu', das thu' auch einem Andern nicht! sagt ein gutes deut sches Sprichwort. Sieh doch zuerst den Balken in deinem Auge, eh' du den Splitter aus dem Auge deines Nächsten ziehen willst, mahnt uns die Schrift. O ihr Heuchler, die ihr stets vom Rechte sprecht, wenn es sich um euer Interesse handelt, warum wollt ihr einem Andern denselben Vortheil nicht gönnen, den ihr euch durch ganz die selbe Handlung, die ihr jenem mit solcher phrasenvoller Entrüstung vorwerft, doch selber verschafft habt! Erinnert es nicht an ein be kanntes Sprichwort, wenn Einer den Andern deshalb „Nachdrucker" schimpft, und würde dieses Wort in diesem Falle nicht zu einer wohl begründeten Jnjurienklage berechtigen? Die „Illustrirte Zeitung" ließ damals das Concurrcnz-Unter- nehmen gewähren, und besteht heute noch. Sie hätte auch schreien können: Die Käufer werden beide verwechseln und werden getäuscht! Ach Gott! Die Käufer sind heutzutage nicht so dumm, daß sie sich ein X für ein U machen und für ihr gutes Geld das erste beste Buch in die Hand stecken lassen. Und wenn auch im ersten Jahre hie und da einer getäuscht würde, im nächsten Jahre kennt schon Jedermann beide Unternehmen, der Inhalt bringt dann die Entscheidung. Der ganze heutige Skandal ist daher nicht einmal von wirklichem Nutzen für das Allgemeine; — er ist nichts als Reclame! Und dieser Privat - speculation sollten unsere Gerichte dienen?! Dieser sogenannte Sieg kann nur ein scheinbarer sein, selbst wenn er momentan, was er nicht ist, vollständig durchgesetzt wäre. Die Entwicklung der Industrie müßte ihn umwerfen. Alles in der
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