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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.10.1868
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1868-10-14
- Erscheinungsdatum
- 14.10.1868
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- Deutsch
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dessen Verse werth sind, sobald als möglich der Vergessenheit über geben zu werden. Armer Schiller! in deinem Leben bist du von einem Herzog von Württemberg mißhandelt worden, und heutiges Tages, 100 Jahre nach deiner Geburt, mußt du in die Hände eines Dicnstmanns fallen, um von diesem noch im Grabe verunglimpft zu werden! Wir Andern, die wir keine sentimentalen Weiber, nicht einmal Leute sind, die sich in literarischen Dingen dem Weiber-Urtheil unter werfen, sondern Männer, die schon aus ihren eigenen Lebenser fahrungen wissen, daß der Mensch, und zwar der bedeutende Mensch am meisten, einen Entwicklungsgang durchzumachen hat, der durch seine Erziehung bedingt ist, zu seinem innersten Wesen gehört und eben den Mann zum Manne macht — wir, die wir uns nicht durch hohle Phrasen benebeln, noch unser gesundes Urtheil beeinflussen lassen — wir sagen: Nie und nimmer hat Schiller seine Feder befleckt, — am wenigsten, als er seine Räuber schrieb und in dieser grandiosen Darstellung zum ersten Male die zählende, glühende, aber geist- und gemüthvolle reiche Welt seines Innern offenbarte! Will ein feindseliger und gehässiger Kritiker einzelne Poesien, in welchen ein Dichterjüngling sich abarbeitet, diese seine innere Welt in Formen zu gießen, roh nennen, so läßt uns dieser Vorwurf gleichgültig; kein Dichter ist a priori ein Gott. Aber des wegen weil ein junger Poet eben auch ein junger Mann ist und unter anderem auch die Naturgabe des jungen Mannes, die Sinn lichkeit in den Dichtungen dieser Periode ein Wort mitsprechen läßt — deswegen Len Dichter und seine Jugendwerke schmutzig nennen und sich mit der Prüderie einer alten Jungfer, mit eklem „ü äouo!" von der,.Besudelung" abwcnden —das zeugt —mitErlaubnißl —von einer geradezu lächerlichen, unmännlichen Pcdanterci und einer Phi- listerhaftigkeil ohne Gleichen! Schiller bleibt immer Schiller, auch in seinen Jugendwerkcn; auch die heikelsten Gedanken und Gefühle der Menschheit hat er als ein Schiller behandelt; wir Männer werfen keinen Stein auf ihn, weil ihm „uil llumsni ulieuuru" war. Eben darum wollen wir auch nicht das Geringste seiner Producte der Ver gessenheit überliefert wissen. Schiller, der uns Männern in allen Perioden seines Lebens, in der Kraft der Jugend, wie in der Weis heit des Alters gleich verchrungswcrth ist und trotz Hrn. Diezmann bleibt, — dieser eine Schiller ist uns auch in seinem ganzen Ent wicklungsgänge hoch interessant, und wir Männer danken Dem, der sich das große Verdienst erworben hat, alle die, wenn auch nicht ver borgenen, so doch selten gewordenen und vielfach zerstreuten Producte aus dieser Entwicklungszeit mit Liebe und Hingebung, mit unge wöhnlicher kritischer Gründlichkeit und eigenen großen Opfern in ein wohlfeiles Bändchen gesammelt und den Freunden des Dichters in die Hände gegeben zu haben. ,,Wir Männer", sage ich, und „den Freunden". Damit meine ich also nicht den hausmütterlichen (und dabei doch so neidisch-bos haften) Weiberkreis eines Modchclden in der „Gartenlaube". Glück licherweise sind nicht alle Bücher, die in der Welt geschrieben und ge druckt werden, für den Leserkreis der „Gartenlaube" bestimmt, wie Hr. Diezmann indeß anzunehmen scheint! Für Weiber und Kinder (auch geistige Kinder) wird nur ein sehr kleiner Theil der Literatur gedruckt, dem Himmel sei gedankt, daß es so ist! Wo blieben sonst vor dieser wahrhaft muckerhaften Censur alle unsre Dichter— der Heros Goethe vor Allen! Wie würden alle die zahlreichen Verleger blamirt, welche deren Jugendwerke herausgegeben haben! Uebrigens — wir be merken das nur beiläufig — kennen wir von Schiller keine „schlim men und schlimmsten" Gedichte. Nicht ein einziges Schiller'sches Product ist der Art, daß ein reines gebildetes Weib es nicht lesen dürste. Der „Venuswagen", „Männerwürde" u. drgl. sind Apolo gien der Sittlichkeit! Hr. Diezmann hat — um seines schönen Zweckes willen — ins Blaue hinein geredet — alias Schiller ver leumdet! Was ein Schiller geschrieben, das durfte Hr. Hempel ge trost drucken lassen. Und wenn Hr. Diezmann vornehmlich deshalb mit Ach und Weh gen Himmel schreit, weil die „Nationalbibliothck" Hrn. Hem- pcl's auch die von Schiller selbst „verworfenen", d. h. nicht in seine erste Sammlung aufgcnommenen Gedichte abgedruckt hat, so schlägt er damit vor Allen den intimsten Freund Schillcr's, Körner, der in die nach Schillcr's Tode veranstaltete Sammlung eine ganze Reihe von Schiller selbst „verworfener" Gedichte ausgenommen hat; er schlägt in zweiter Linie auch I. G. Cotta, der jetzt ebenfalls eine Menge solcher Gedichte seiner kritischen Ausgabe einvcrlcibt hat. Und die liebe „Gartenlaube" selbst—hat sie nie dieses Verbrechen be gangen, vom Dichter nicht Gewolltes aus seinem Leben veröffentlicht zu haben? Wie lange ist's her, da brachte sie einen Bettel- und Schmei chelbrief Jean Paul's, den dieser, um eine kleine Pension zu behalten, an den Kaiser von Rußland geschrieben, und den der Dichter, als nicht zu seiner Ehre gereichend, gewiß nicht veröffentlicht wissen wollte; — da brachte sie ferner einen eindringenden Artikel über das Verhältniß Goethes „zu einer schönen Mailänderin", welches der Dichter selbst sein Leben lang verheimlicht hat, und gewiß nicht den Lesern der „Gartenlaube" aufgetischt hätte! Ja — wie ist mir denn? — noch mehr! Hat nicht dieselbe „Gartenlaube", welche jetzt den unwürdigen Angriff gegen G. Hempel im deutschen Lande herumstreut, vor nicht langer Zeit einen heftigen Anfall gegen den selben, aber aus dem entgegengesetzten Grunde, enthalten? Wahrhaftig! Damals beschuldigte sie denselben G- Hempel hoch und schwer und nannte seine „Nationalbibliothek" ein „unvollständiges" Werk, weil Hempel ein (durchaus nicht reines) Gedicht von Bürger, „Alinc, die Königin von Golconda" ausgeschlossen hätte, resp. nur auf besonderes Verlangen im Separatabdrucke liefert? Wie deutlich springt doch in diesem Widerspruch zweier entgegengesetzter Vorwürfe die neidische Tendenz hervor, welche wir oben dem Diez- mann'schen Artikel beigclegt und hiermit bewiesen haben! Ja, dieser Angriff, ebenso wie die früheren, entbehrt alles Bo dens, der Wahrheit und Ehrlichkeit nicht weniger wie der gesunden Vernunft; er ist ebenso boshaft, wie bornirt und blödsinnig. Das hochverdienstvolle Unternehmen Gustav Hempel's, hervorgehend aus dem Zusammenwirken der größten Literaturkenner und Freunde unseres Vaterlandes, wird — dessen bin ich gewiß — in der deut schen Nation, deren Zierde dasselbe ist, Wurzel fassen, bestehen und blühen — trotz Diezmann und Dienstmann! Wie sagt der Dichter (Freiligrath, Glaubensbekenntnis Se. 99): Denn Werth und Kern — so nah' wie fern Erringt den Sieg, trotz alledem! Berlin, 1. October 1868. Dr. Ed. W. Sabell. Noch einmal: Wo bleibt Berlin? In Nr. 227 des Börsenblattes habe ich zum ersten Mal diese Frage in Bezug auf unsere Mitwirkung für Umgestaltung des preu ßischen Prcßgesehes, für Aufhebung des Zeitungs-Stcmpelstcuer- gesehes und für Aufhebung des Zeitungs- und Zeitschriftcndebits durch die Post gestellt, und diese Frage hat die Ehre einer Beant wortung durch „Einen Berliner" erfahren. Sehr muß ich indeß bedauern, daß derselbe meiner Frage eine ganz entgegengesetzte Auffassung beigelegt hat, als ich beabsichtigte. Ich glaube meine Stellung zur Jancke-Colberg'schcn Petition genugsam gekennzeichnet zu haben durch eine wörtliche Wiederholung der in derselben gebrauchten Worte „das von dem ganzen deutschen Volke mit Freuden begrüßte Nothstandgewerbegesetz". Und was die Beyer-Königsberg'sche Petition betrifft, so habe ich auch meine Ansicht über die Halbheit dieser nicht verschwiegen, indem ich hervor hob, weshalb denn dieselbe die „Zeitungen" ausschließe. Es liegt 427*
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