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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.08.1853
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1853-08-01
- Erscheinungsdatum
- 01.08.1853
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- Deutsch
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1168 rurrcnz, dann trägst Du Deine Exemplare auf die Stampfmühle oder cs läßt sich immer noch Käse hinein wickeln!" Ich glaube, wenn man einem Wcinhändlcr zumuthbte, den «lten Wein, den er nicht bald verkauft, da der leichte jüngere beliebt ist, in den Rinnstein laufen zu lassen, anstatt ihn im Preise herab zusetzen, man würde sehr reif für eine Irrenanstalt befunden werden: im Buchhandel aber werden Zumuthungcn gemacht, die so stricte gegen alle kaufmännische Begriffe verstoßen, daß man wirklich fragen möchte, ob cs bei den Herren im Oberstübchen noch geheuer ist. Wenn die Sortimenter ihr Geschäft reformirtcn, so könnten sie alle zu ihrem eigenen und zum großen Nutzen des Verlagsbuchhandels Resultate erzielen, wie sie einzelne Handlungen bereits erzielt haben. Ich kenne mehrere tüchtige Sortimcntsbuchhandlungen, die sich Alles schicken lassen, weil sie von dem gewiß sehr einfachen Grund sätze ausgchcn, daß man ein Buch nur beurtheilen kann, wenn man es sieht, weil jeder vernünftige Sortimenter weiß, daß die schlecb- lesten Bücherfabrikanten immer die schönsten Titel haben. Während jeder Kaufmann ungesehen keine Waare kaufen wird, die feinsten Unterscheidungen berücksichtigt, also nicht Kaffee kaust, wcil's eben Kaffee ist, sondern wcil's die Sorte ist, die er brauchen kann, will der Sortimenter so weise sein, dem im Wahlzettel bemerkten Titel anricchen zu können, ob das Werk vcrbreitungsfähjg sei, oder nicht. Ich habe mir von dieser Weisheit nie einen klaren Begriff machen können, und gestehe, selbst bei einem Fache, welches ich gründlich zu verstehen glaube, doch nicht im Stande zu sein, auch nur annähernd nach dem Titel beurtheilen zu können, ob ich ein Buch für meine Bibliothek anschaffen muß oder nicht. Indem ich also nun bei mir selbst einen muthmaßlichen Kunden für die Sache habe, kann ich doch ohne Ansicht der Sache kein Urtheil über das Buch gewinnen. Die umsichtigen Sortimentsbuchhandlungen aber, die ich kenne, lassen sich also Alles schicken, und wenn der Ballen ankommt, dann erst geht die Beurtheilung über die Absatzfähigkcit an. Da giebt es denn zwei abgesonderte Raume für die angekommenen Bücher: der eine Raum nimmt nur die auf, welche remittirt werden, der andere diejenigen, für welche der Sortimenter sich Absatz verspricht. Ein Sortimenter, der in dieser Weise verfährt, hat allerdings die Fracht und Spesen für die nicht abgesctzten Bücher zu bezahlen, aber er geht mit dem andern Eapital vorsichtig zu Wecke, und das ist die Zeit. Eine Sortimentsbuchhandlung nach diesen Principien be steht heutzutage noch eben so gut, als wie jemals, aber der Fleiß und die Thätigkeit geht sehr vielen Sortimentern eben so ab, wie sehr vielen Verlegern der Verstand zum Verlag, und die einzige Möglichkeit, den Buchhandel wieder zu heben, ist: daß Viele durch Schaden klug werden. Diese können dann in andern Geschäften als Eommis untergebracht werden und cs ist durchaus kein Unglück, wenn die Zahl der Buchhändler kleiner wird. Schließlich muß ich bemerken, daß der Herr Klopfer sehr stark im Jrrthum ist, wenn derselbe meint, daß die meisten Verleger den Eredit der Buchdrucker und Papierhändler als Capital ihrer Un ternehmungen benutzen. Den Herren, die von den Buchhändlern leben, geht es Gott Lob! allen so cannibalisch wohl, daß es durchaus nicht nothwendig ist, denselben noch einen Floh in's Ohr zu setzen; nur die Verleger und Sortimenter haben nichts, die andern Herren haben's Kreuz und segnen sich gehörig damit. Wenn der Herr Klopfer — ich setze voraus, daß derselbe nicht das große Loos ge wonnen oder von irgendwem einige Hunderttausend Thaler geerbt hat, oder schon in den Windeln Besitzer eines eingerichteten Geschäfts war, oder auf eine glückliche Heirath ausging, oder einen dummen Teufel fand, der ihm auf seineBuchhändlcrphantasien Geld borgte — wenn also der Herr ein Mann ist, der nur Verstand im Kopf, Ehr lichkeit im Herzen und weniges Geld in der Tasche hat, und ein größeres Werk verlegte, so wird er wissen, daß ein Papierhändlec sM 97 drei und sechs Monate creditirt und wenn er das ein Jahr thut, das schon zu den abnormen Begünstigungen gehört, daß diese Herren sich außerdem durch Wechsel decken, und er wird dann auch wissen, daß Papierhändlec, Buchdrucker, Honorare rc. oft sammtlich bezahlt sind, bevor dasWerk nur versandt wird. Spricht dieserHerr Klopfer aber von Werken die sich von dem Preise von 5 Pfennigen bis sogar zu 2'L Ngr. Hinaufschwingen, so mag er vielleicht Recht haben; von solchen Werken aber wird der Sortimenter wohl kaum seine Laden- fcnster einmal im Jahre putzen lassen können- Das Vcrlagsge- schaft ist um so weniger ein „Capitalgeschäft," als das Eapital das Geschäft nicht schaffen kann, denn wenn einer reich wie Crösus ist, so ist es sehr die Frage, ob derselbe gute Werke bringt, von denen der Sortimenter auch nur ein einziges Exemplar absetzt, und wenn dieser andere Erösus auch die sammlichcn in einem Jahre erzeugten Lumpen verdruckt; es heißt allerdings, wem Gott Geld giebt, dem giebt er auch Verstand, cs heißt aber nirgends, daß ein solcher Geld verstand auch guten Verlag giebt. Die meisten Sortimenter haben gar keinen Begriff davon, was die Herstellung eines Werkes kostet, und so erhält man denn wohl Zettel, worauf steht: „wenn Sie ver legen wollen, müssen Sic Geld haben." Das ist nun eben so dumm wie grob! Wenn ich ein Werk verlege, so brauche ich dem Sor timenter gegenüber gar kein Geld, sondern nur dem Papierhändlec und Buchdrucker gegenüber; der Sortimenter bezahlt nur die gute Idee in dem gedruckten Werke. Wenn die Sortimenter Kaufleutc wären, so würden sie den Verleger, der gute Originalwcrke bringt, unterstützen, denn nichts ist für sie vortheilhafler, als daß ein solcher noch mehrere absatzfähige Werke bringt, wodurch der Sortimenter schließlich doch nur allein lebt. Das geschieht nun leider, mit sehr wenigen Ausnahmen, nicht, ja viele Sortimenter, die von einem Werke etwas Erkleckliches abgesetzt haben, sehen sich als Wohl- thäter der Verleger an, berücksichtigen aber nicht, daß wenn solche Verleger nicht existirten oder sie sich für deren Sachen nicht so wohl- thätig verwenden wollten, bald die Kinder im eigenen Hause um Brod schreien würden. Wenn ein Sortimenter einem Verleger schreibt: „wenn Sie mir das und das nicht gestatten, so werde ich mich künftig nicht mehr für Ihren Verlag verwenden," so ist ein solcher Mensch in seinem eigenen Interesse eben so ein Narr, als ein Verleger, der einem zahlungsfähigen und thätigen Sortimenter seinen Verlag nicht liefern will. Was im Buchhandel alles für Verschrobenheiten existircn, ist unglaublich, und cs würde sehr verdienstvoll sein, einen Prediger anzustellen, der den Leuten gesunden Menschenverstand predigte. Wie muß so ein Verleger ausschcn, der nichts gegen das Ausschnei den und Beklecksen seiner Bücher einzuwenden hat, der das Dispo- niren bis in die Pechhütte gestattet, dem es gleich ist, ob er die Rechnungen abschließt oder nicht! Das große Unglück im Buch handel ist, daß so viele Verleger fortwährend in der Illusion schwe ben, reich zu werden und durch dieses Jagen nach Wohlstand ver armen. Bei dem Sortimenter dagegen ist durch die Uebermasse von Waare, die ihm in's Haus geworfen wird, der Begriff sehr herr schend, daß diese Waare nun werthlos sei, was sie relativ auch ist, daß dieselbe erst durch seine Verwendung Werth erhalte und daß also dasWohl und Wehe der Verleger in seiner Hand liege. Er vergißt aber, daß sein eigenes Wohl unzertrennlich von dem des Ver legers ist, daß wenn er diesem die Kräfte und Mittel entzieht, er sich selbst in's Gesicht schlägt. Darum muß das Interesse Hand in Hand gehen, darum reiben Vereine, die gegen einander arbeiten, sich gegenseitig auf, es bedarf anderer und wirksamcrerMittel, den Buch handel zu heben, dieselben werden aber nur anschlagen, wenn mehreren Buchhändlern das Messer an der Kehle steht, und wenn es auch sehr traurig ist, das aussprechen zu müssen, so bleibt es darum doch nicht minder wahr! I.
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